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Drug-Checking-Konzept

für die Bundesrepublik Deutschland
erarbeitet vom techno-netzwerk berlin
für das Bundesministerium für Gesundheit


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Drug-Checking-Konzept für die Bundesrepublik Deutschland
Konzeptioneller Vorschlag zur Organisation von Drug-Checking
Eine Diskussionsgrundlage

 

  1. Interventionsstrategien

  1. Modellvarianten in Deutschland

    1. DROBS Hannover

      In Deutschland gelang es dem Jugend- und Drogenberatungszentrum Hannover (DROBS), Drug-Checking anzubieten. Die Mitarbeiter des DROBS wurden in den Niederlanden vom NIAD und vom Adviesburo Drugs Amsterdam geschult. Die Labortestunterlagen (Listen mit Testresultaten) des NIAD werden den Mitarbeitern der DROBS zur Verfügung gestellt. Vor Ort führen die Rat suchenden Konsumenten unter Anleitung der DROBS-Mitarbeiter den bereits erwähnten Schnelltest durch. Zusätzlich kann mittels der genauen optischen Untersuchung und Vermessung der Pille (Bürotest) die untersuchte Probe durch Abgleich mit den holländischen Pillen-Listen identifiziert werden. Dabei dürfen die Pillen-Listen nicht vom Rat suchenden Konsumenten eingesehen werden. Möglich wurde dieses Angebot durch eine Übereinkunft mit der zuständigen Staatsanwaltschaft Hannover, die am 13. Januar 1995 ihre Zustimmung gab . Dieses Vorgehen ist durch das in der Bundesrepublik Deutschland herrschende Legalitätsprinzip nötig. Die Polizei ist danach immer gezwungen, bei Verdacht des Besitzes von Betäubungsmitteln gegen die Besitzer zu ermitteln, auch wenn diese die Substanzen nur testen möchten . Sobald die Polizei von der Durchführung solcher Drogentests erfährt, ist sie von Gesetzes wegen gezwungen, gegen die beim Test als Besitzer von Betäubungsmitteln auftretenden Personen zu ermitteln, weil sie sich sonst wegen einer Strafvereitelung im Amt strafbar machen würde. Die für Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz zuständige Staatsanwaltschaft in Hannover hat daher der Polizei untersagt, auf Techno-Veranstaltungen, bei denen im Rahmen einer Drogenberatung der DROBS ein Schnelltest oder eine Pillenidentifizierung durchgeführt wird, diejenigen Personen, die Betäubungsmittel zum Test bringen, zu überwachen und zu kontrollieren beziehungsweise auf diesen Personenkreis zuzugreifen .

      In Hannover werden annähernd die gleichen Erfahrungen wie in den Niederlanden gemacht. Auch hier wird mit entsprechenden Hinweisen vor Pillen, die giftige Stoffe enthalten oder überdosiert sind, gewarnt mit dem Ergebnis, daß der Marktanteil solcher gefährlicher Pillen zurückgeht . Auch konnten so Gefährdungen durch Überdosierungen vermieden werden. Entscheidend ist jedoch die Feststellung, daß durch das Angebot des Drug-Checking auch Hard-User erreicht werden, die für eine herkömmliche Drogenberatungsstelle nicht erreichbar sind. So ist es Möglich, auch dieser Gruppe durch den gewonnen Kontakt Hinweise für einen sicheren Konsum zu gegeben .

      Das von der DROBS durchgeführte System ist eine partielle Adaption des niederländischen Modells. Die von den Niederländern übernommenen Analyseergebnisse werden ebenfalls nicht veröffentlicht. Einzige Ausnahme bildet die Gruppe stark verunreinigter Pillen oder Pillen mit anderen Inhaltsstoffen als Ecstasy (z.B. Amphetamin oder Atropin), also der Gruppe der sogenannten "Bösen Pillen". Diese werden in einer regelmäßig erscheinenden Kolumne unter dem Titel "Dr.Obs – die DROBS Hannover beantwortet Eure Fragen" im Monatsblatt Mushroom publiziert.

       

    2. Eve & Rave Berlin

      Bereits im Februar 1995 versuchte der Verein Eve & Rave e.V. Berlin in einem Gespräch mit Vertretern des Drogenreferats (Arbeitsgruppe Prävention) des Berliner Senats, die Möglichkeit einer Duldung der vom Verein beabsichtigten Durchführung eines Drug-Checking-Programms in Berlin zu erörtern. Eine Einigung konnte bezüglich dieses Vorhabens nicht erzielt werden. Die Vertreterinnen des Drogenreferates des Berliner Senats waren der Auffassung, daß eine Qualitätskontrolle von Ecstasy eine "falsche Botschaft" an Jugendliche wäre, weil diese zu dem Schluß kommen könnten, daß, wenn schon der Staat Auskünfte über Qualität und Quantität der Wirkstoffe abgebe, ein Konsum dieser Drogen auch unschädlich sei, vorausgesetzt das Qualitätsurteil falle günstig aus .

      Trotz der ablehnenden Haltung der politisch Verantwortlichen entschied sich der Verein, ein eigenes Pilotforschungsprojekt zu initiieren, das die Qualität der Ecstasypillen untersuchen und die Auswirkungen der veröffentlichten Testergebnisse auf das Konsumverhalten evaluieren sollte. Weiter galt es zu überprüfen, ob die von diversen Institutionen (z.B. dem Landeskriminalamt Baden Württemberg) und durch die Medien oft verbreiteten Äußerungen, daß die als Ecstasy angebotenen Tabletten häufig keinen Ecstasywirkstoff, sondern zum Teil sehr problematische oder hochtoxische Substanzen wie Rattengift, Strychnin oder Syntheseverunreinigungen enthielten, der Wahrheit entsprechen .

      Von der Durchführung von Schnelltests auf Techno-Parties wurde zunächst auf Grund der fehlenden Kooperation staatlicher Stellen und der damit für den Verein entstehenden rechtlichen Unsicherheiten zugunsten umfassender Laboranalysen verzichtet. Mit dem Institut für Gerichtliche Medizin, Abteilung für Toxikologische Chemie, der Medizinischen Fakultät der Humboldt-Universität in Berlin konnte eine Vereinbarung zur Analyse von Ecstasypillen getroffen werden. Für Untersuchungen der unter das Betäubungsmittelgesetz fallenden Substanzen besaß dieses Institut die entsprechende Genehmigung der Bundesopiumstelle des Bundesgesundheitsamtes (heute: Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte). Die beim Verein anonym eingegangenen Pillen wurden nun zu einem Unkostenbeitrag in Höhe von 70 DM in diesem Institut untersucht, die Ergebnisse konnten nach Nennung eines Codewortes abgefragt werden und wurden überdies im Gegensatz zu den bisher beschriebenen Modellen, regelmäßig in Listen veröffentlicht. Am 13. Februar 1995 wurden die ersten Pillen zur Untersuchung abgegeben . Zunächst war dieses Projekt auf Berlin beschränkt, weil Eve & Rave hier wegen seiner Ortspräsenz und Szenenähe die Auswirkungen der an die Konsumenten weitergegebenen Testergebnisse auf deren Konsumverhalten erfassen konnte. Schon bald nach Start des Projektes konnte festgestellt werden, daß bei über 90 Prozent der in der Techno-Szene kursierenden Pillen tatsächlich die verschiedenen Ecstasywirkstoffe (MDMA, MDE, MBDB) ohne gesundheitsgefährdende Zusatzstoffe enthalten waren . Die Wirkung dieser an die User weitergegebenen Informationen beurteilt der Verein im Hinblick auf deren Konsumverhalten als durchweg positiv:

      "Die von vielen ‚Drogengebrauchern' getroffene Aussage: ‚Die Pillen werden immer schlechter, darum müssen wir immer mehr einschmeißen' konnte zum Beispiel auf diese Weise eindeutig widerlegt und diesen Usern bewußt gemacht werden, daß bei ihrem Ecstasykonsum ein Wirkungsabfall aufgrund von Toleranzbildung entstand. Es wurden in solchen Fällen längere Konsumpausen empfohlen und oft auch eingehalten. Auf diese Weise konnte den – einem reflektierten Konsum entgegenstehenden – Legenden um die Ecstasytabletten unterschiedlicher Prägung entgegengetreten, der Konsum insgesamt entmystifiziert und so auf eine rationale Ebene gehoben werden."

      Die Erfahrung des Vereins, daß durch die Veröffentlichung der Testresultate ein zunehmend reflektierter Ecstasykonsum einsetze, veranlaßte die Deutsche AIDS-Hilfe e.V. (DAH), die Testresultate als wichtiges Präventionsinstrument für die Partydrogen-Szene aufzugreifen und zu ihrer Verbreitung beizutragen. Mit ihrem Infobrief verschickte die DAH die Drug-Checking-Listen an alle 185 AIDS-Hilfen in Deutschland. Seit dem 24. Juli 1995 konnte so in allen AIDS-Hilfen die jeweils neueste Drug-Checking-Liste eingesehen werden. Auch von wissenschaftlicher Seite war man an den Ergebnissen des Vereins interessiert. So fragte das Universitätsklinikum der Rheinischen Friedrich-Wilhelm-Universität in Bonn bei Eve & Rave nach, ob der Verein die Ergebnisse aus dem Drug-Checking-Programm für den Online-Informationsdienst der Giftinformationszentrale Bonn zur Verfügung stellen könne. Durch die rasche Zustimmung des Vereins waren die Testlisten seit dem 6. September 1996 in der vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen betriebenen Giftinformationszentrale weltweit abrufbar .

      Begleitet wurden die Aktivitäten des Vereins von strafrechtlichen Ermittlungen. Bereits drei Monate nach Beginn des Programms stellte das Landeskriminalamt in Berlin von Amts wegen Strafanzeige gegen unbekannt wegen des Verdachts des unbefugten Besitzes von Betäubungsmitteln. Anlaß für die Strafanzeige war ein Artikel in der Berliner Morgenpost vom 26. Mai 1995 mit dem Titel: "Ecstasy – der erste Tote in Berlin", in dem der Vorsitzende des Vereins Eve & Rave bekanntgab, daß Konsumenten für 70 DM ihre Tabletten zur Güte-Analyse beim Verein abgeben könnten . Es folgte eine Durchsuchung und Beschlagnahme von Gegenständen im Vereinsbüro in der Friedrichstraße 165 durch die Polizei am 16. Juli 1996 und eine Durchsuchung des Gerichtsmedizinischen Instituts der Humboldt-Universität durch Beamte des Landeskriminalamtes Berlin am 30 September 1996. Diese erklärten, sie handelten auf eine mit "Gefahr im Verzug" begründete Anordnung der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Berlin zur Beschlagnahme sämtlicher Unterlagen über die Zusammenarbeit mit dem Verein Eve & Rave. Zwar lehnte das Institut unter Hinweis auf die Schweigepflicht und das Beschlagnahmeverbot zunächst die Herausgabe der geforderten Unterlagen ab, händigte diese schließlich jedoch unter heftigem Protest aus . Cousto, Mitbegründer von Eve & Rave und Mitinitiator des Drug-Checking-Programms, kommt in seiner Einschätzung der Situation zu folgendem Ergebnis: "Auf die Mitarbeiter wurde offensichtlich massiv Druck ausgeübt, denn das Gerichtsmedizinische Institut teilte dem Verein Eve & Rave mit Schreiben vom selbigen Tag mit, daß es die Untersuchungen von Ecstasy-Pillen einseitig bis zur ‚eindeutigen rechtlichen Klärung dieser Situation' aussetze. " Der Verein selbst sieht in den staatsanwaltschaftlichen Aktivitäten den Versuch, das Drug-Checking-Programm zu unterbinden.

      "Alle Unterlagen über die dazu durchgeführten Untersuchungen wurden beschlagnahmt, obwohl sie nach der Strafprozeßordnung einem Beschlagnahmeverbot unterliegen. Aber auch die für die Durchführung und Beschlagnahme erforderliche richterliche Anordnung lag nicht vor; vielmehr wurde die Maßnahme mit ‚Gefahr im Verzug' begründet, ohne daß Anhaltspunkte für diese Annahme bekannt sind. Obwohl die beschlagnahmten Unterlagen einem Verwertungsverbot unterliegen und deshalb nicht als Beweismittel verwendet werden können, wurde nach Sichtung der beschlagnahmten Unterlagen gegen drei Mitglieder von Eve & Rave e.V. Berlin, die beschuldigt werden, Untersuchungsproben zur Analytik abgegeben zu haben, Ermittlungsverfahren mit dem Vorwurf, illegaler Besitz von BtM' eingeleitet. [...] Die [...] Maßnahme ist ein [...] Versuch, Strafrecht politisch zu mißbrauchen, um in der nicht nur deutschen, sondern auch Techno-Hauptstadt die erfolgreiche und innovative Arbeit von Eve & Rave nicht nur zu diskreditieren, sondern auch realitäts- und sachgerechte Informationen systematisch zu verhindern.«

      Auch die Deutsche AIDS-Hilfe e.V. (DAH) teilt diese Auffassung. In ihrer Stellungnahme heißt es: "Die Einschüchterungpolitik des Berliner Senats gegenüber Eve & Rave hat mit dieser willkürlichen Durchsuchungsaktion eine neue Phase erreicht. [...] Die Bundeshauptstadt ignoriert auch die innovativen drogenpolitischen Ansätze deutscher Städte wie zum Beispiel Frankfurt am Main, die darauf abzielen, konsumentschlossene Jugendliche zu einem bewußten Umgang mit den Risiken ihres Drogenkonsums zu befähigen. [...] Die Präventionsstrategie von Eve & Rave hat das Ziel, Jugendlichen die Risiken des Konsums illegalisierter Drogen bewußt zu machen und ihnen Strategien zu vermitteln, wie sie möglichst ohne Schäden durch diese Lebensphase kommen. Drug-Checking, mit denen die Risiken eines Schwarzmarktes in Form von unkontrollierten Zusammensetzungen und schädlichen Beimengungen verringert werden kann, gehört als zentrales Element dazu."

      Im Jahr 1997 legte der Berliner Senat auf Grund einer kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen seine Beurteilung des Drug-Checking-Programms dar. Auf die Frage, ob der Senat die Auffassung teile, daß Substanzprüfungen eine "[...] humanmedizinische, präventive Maßnahme darstellen, die vor mißbräuchlichem Gebrauch schützen, also eine Schutzmaßnahme für Verbraucher(innen) darstellen" antwortet die Senatorin für Schule, Jugend und Sport, Ingrid Stahmer (SPD): "Der Senat teilt diese Auffassung nicht."

      Das juristische Vorgehen gegen Mitarbeiter des Vereins Eve & Rave mit dem Ziel das praktizierte Drug-Checking-Modell zu unterbinden, fand mit dem Beschluß des Landgerichts Berlin vom 1. März 1999 sein endgültiges Aus. Das Landgericht bestätigte die Ablehnung der Eröffnung eines Hauptverfahrens aus rechtlichen Gründen durch das Amtsgericht Tiergarten vom 2. Juni 1998. So bestätigte das Landgericht, daß die angeschuldigten Mitglieder des Vereins Eve & Rave e.V. Berlin im Rahmen ihrer Tätigkeit bei der Durchführung des Drug-Checking-Programms nicht gegen geltendes Recht verstoßen haben . Eve & Rave e.V. Berlin kann somit auch in Deutschland wieder ein Drug-Checking-Programm durchführen, da durch die Gerichtsbeschlüsse vom 2. Juni 1998 und vom 1. März 1999 in dieser Angelegenheit nun Rechtssicherheit besteht.

       

    3. Das Bremer Notfallprogramm

      Entgegen der Ansicht des Berliner Senats hat der Bremer Gesundheitssenat die Drogentestung im Sinne einer Schutzmaßnahme für Verbraucher als nützliches Instrumentarium angesehen und mit einer ausnahmsweisen Duldung der Bremer Staatsanwaltschaft erfolgreich im Januar 1997 eingesetzt. Hintergrund dieser Maßnahme in Bremen war der Tod durch Überdosierung von fünf Heroinabhängigen an einem einzigen Wochenende. Entgegen der auf dem Schwarzmarkt üblichen Konzentration von zehn Prozent, wies das in Bremen gehandelte Heroin einen Reinheitsgrad von 60 Prozent auf. Für die Dauer von zehn Tagen konnten Heroinkonsumenten ihre Substanz untersuchen lassen, mit dem Resultat, daß weitere Tode vermieden werden konnten. Als Konsequenz dieser Erfahrung forderte die Bremer Gesundheitssenatorin eine Gesetzesänderung auf Bundesebene, um solche Projekte von der Duldung der Staatsanwaltschaften zu befreien .

       

    4. Drug-Checking in Apotheken

      1. Rechtliche Voraussetzungen

        Krankenhausapotheken und öffentliche Apotheken sind im Rahmen ihrer Betriebserlaubnis nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 e BtMG von der Erlaubnispflicht ausgenommen, Betäubungsmittel zur Untersuchung und zur Weiterleitung an eine zur Untersuchung von Betäubungsmitteln berechtigte Stelle oder zur Vernichtung entgegenzunehmen . Vor Ort Untersuchungen von Betäubungsmittel durch Apotheker sind nicht ausdrücklich im BtMG geregelt. Wenn aber am Rande von Festveranstaltungen oder drogenpolitischen Veranstaltungen Apotheker in einem besonderen Drogenmobil Betäubungsmittel zu Untersuchungszwecken entgegennehmen, zur Drogenuntersuchung weiterleiten oder Untersuchungen selbst vornehmen, dürfte nach Auffassung von Oberstaatsanwalt Dr. Harald H. Körner § 4 Abs.1 Nr.1e BtMG ebenfalls Gültigkeit haben .

         

      2. Die aktuelle Drug-Checking-Situation in deutschen Apotheken

        Bereits heute führen einige Apotheken "Drug-Checking" durch. Der leitende Apotheker der Krankenhausapotheke der Rheinischen Landesklinik Viersen preist seine drogenanalytische Dienstleistung sowohl in den Laienmedien als auch in Kammerrundschreiben und der pharmazeutischen Fachpresse offensiv an. Angesichts der Rationalisierungs- und Outsourcingbemühungen in Krankenhäusern versuchen sich die Krankenhausapotheken durch verschiedene Dienstleistungen unentbehrlich zu machen. Diese Dienstleistungen umfassen die Identitäts-, Reinheits- und Gehaltsbestimmungen von Arznei- und Suchtstoffen in jeder beliebigen Matrix. Daraus ergeben sich als mögliche Leistungen das rein toxikologische Screening und das Drogenscreening. Mit den hierfür nötigen Einrichtungen lassen sich auch Untersuchungen von Asservaten bei der Überprüfung unbekannter Substanzen mit Verdacht auf Rauschmittel durchführen. Dies sei berufspolitisch sinnvoller, als mit der Dünnschichtchromatographie im "normalen" Apothekenlabor gegen die Ausrüstung von Laborärzten bestehen zu wollen. Der leitende Apotheker der Landesklinik zeigt an Hand seiner eigenen Erfahrungen auf, daß die erforderliche Geräteausstattung ausgehend vom gängigen Apothekenlabor sukzessive aufgebaut werden könne und daß dieses Engagement wirtschaftlichen Erfolg bringe. So erwirtschaftet die von ihm geleitete Krankenhausapotheke mehr als die Hälfte ihres Deckungsbeitrages mit der Analytik und stellt für das Krankenhaus einen positiven ökonomischen Wert dar. Er lehnt prinzipiell die Herausgabe von quantitativen Analysedaten ab, mit der Begründung ansonsten die perfekte Anlaufstelle für Dealer zu sein.

        Die Anwendung von Drogenerkennungstests, beispielsweise des umstrittenen DRUGWIPE® , mit dem Ziel besorgten Eltern Gewißheit über den Drogengebrauch ihrer Kinder zu verschaffen, wird von den Apothekerverbänden abgelehnt . Als "verdeckte Ermittlung" bezeichnen Kammervertreter und Psychologen diesen Test, wenn Eltern ihn bei ihren Kindern anwenden. So spricht sich der Geschäftsführer der Bayrischen Landesapothekerkammer ausdrücklich gegen ein solches Drogenscreening aus . Eltern werden vor der Anwendung dieses Testverfahrens gewarnt, weil dadurch das Vertrauensverhältnis zwischen Eltern und Kindern schwer beeinträchtigt würde, die Jugendlichen sich innerlich abkapselten und einer sinnvollen Drogenberatung entzögen. Demgegenüber bewertet das Referat des Bundesgesundheitsministeriums für Betäubungsmittel und internationale Suchtstoffragen eine so geartete Ermittlungsanwendung gemäß § 4 BtMG nach der Art der Landesklinik Viersen als "äußerst positiv."

        Hingegen gibt es in Hessen wie auch in Sachsen bereits diverse Bemühungen, die Spielräume, die der § 4 Abs. 1 Nr. 1 BtMG bietet, als Maßnahme der Risikoreduzierung beim Drogengebrauch zu nutzen; das heißt Reinheits- und Gehaltsbestimmungen (Drug-Checking) durchzuführen, beziehungsweise in Auftrag zu geben und auch die quantitativen Ergebnisse dem Auftraggeber mitzuteilen .

         

 


Fussnoten:

  1. Telefonische Auskunft von Peter Krüger, DROBS Hannover.

  2. L. Grube: Erfahrungen der DROBS Hannover mit neuen Präventionsstrategien und der Beratung von KonsumentInnen synthetischer Drogen, in: J. Neumeyer, H. Schmidt-Semisch (Hg.): Ecstasy – Design für die Seele?, a.a.O., S. 289.

  3. H. Körner: Die Zulässigkeit von Drug-Checking. Rechtliche Risiken und Nebenwirkungen von Drug-Checking, Frankfurt am Main 1997, S.5.

  4. Eve & Rave e.V. Berlin: Ergebnisprotokoll der Arbeitsgruppe Drug-Checking des Technoworkshop vom 24.-26. Oktober 1995 in Lindow, Berlin 1995, S. 4.

  5. P. Märtens: Angebote und Erfahrungen des Jugend- und Drogenberatungszentrums Hannover auf Raves. DROBS-Info-Mobil, Aufklärungsmaterialien und Pillenidentifikation, in: M. Rabes, W. harm (Hg.): XTC und XXL, Ecstasy. Wirkungen, Risiken, Vorbeugungsmöglichkeiten und Jugendkultur, a.a.O., S.195.

  6. Ebd.: S. 194.

  7. Der "german trance guide mushroom" erscheint monatlich im Verlag "mushroom magazin" in Soltau und liegt als Gratisinformation in vielen Klubs und an zahlreichen Open Air Parties aus.

  8. Eve & Rave e.V. Berlin: Protokoll der Besprechung mit dem Drogenreferat des Senats von Berlin vom 16. Februar 1995, Berlin 1995, S.1.

  9. T. Harrach, J. Kunkel: Eve & Rave – ein innovatives Raver-Projekt zur Drogenprävention in der Techno-Szene, in: J. Neumeyer, H. Schmidt-Semisch (Hg.): Ecstasy – Design für die Seele?, a.a.O., S. 297.

  10. H. Cousto: Drug-Checking. Qualitative und quantitative Kontrolle von Ecstasy und anderen Substanzen, zweite überarbeitete und aktualisierte Auflage, a.a.O., S. 134.

  11. Eve & Rave (Hg.), H. Ahrens, K. Fischer, T. Harrach, J. Kunkel: Partydrogen 97. safer-use zu: ecstasy, speed, kokain, lsd und zauberpilzen, Berlin 1997, S. 10.

  12. Siehe Fußnote 23, S. 298.

  13. H. Cousto: Drug-Checking. Qualitative und quantitative Kontrolle von Ecstasy und anderen Substanzen, zweite überarbeitete und aktualisierte Auflage, a.a.O., S.136f.

  14. Ebd.: S.134f.

  15. Ebd.: S.135 ff

  16. Ebd.: S.137.

  17. Eve & Rave e.V. Berlin: Presseerklärung vom 5.10.1996. Durchsuchung des Gerichtsmedizinischen Institutes der Berliner Charite wegen der Ecstasy-Analytik von Eve & Rave. Stoppt Polizeigewalt Ecstasy-Drug-Checking in Berlin?, dokumentiert in: H. Cousto: Drug-Checking. Qualitative und quantitative Kontrolle von Ecstasy und anderen Substanzen, zweite überarbeitete und aktualisierte Auflage, a.a.O., S. 149 f.

  18. Deutsche AIDS-Hilfe e.V.: Pressemitteilung der Deutschen AIDS-Hilfe vom 9. Oktober 1996 zur staatsanwaltschaftlichen Durchsuchung des gerichtsmedizinischen Institutes der Berliner Humboldt-Universität: Mit Polizeigewalt gegen neue drogenpolitische Ansätze, dokumentiert in: H. Cousto: Drug-Checking. Qualitative und quantitative Kontrolle von Ecstasy und anderen Substanzen, zweite überarbeitete und aktualisierte Auflage, a.a.O., S. 151 f.

  19. Abgeordnetenhaus von Berlin: Landespressedienst Nr. 56 vom 20.3.1997. Kleine Anfrage des Abgeordneten Michael Haberkorn (Bündnis 90/Die Grünen) über Drug-Checking bei sogenannten Partydrogen als präventive Maßnahme, Berlin 1997, S. A1.

  20. Ebd.: S.A2.

  21. Eine Dokumentation der Repressionsmaßnahmen gegen den Verein Eve & Rave ist zu finden bei: H. Cousto: Drug-Checking. Qualitative und quantitative Kontrolle von Ecstasy und anderen Substanzen, a.a.O. S., 140 ff.; Vgl.: M. Kriener: Durchbruch beim Drug-Checking. Berliner Richterspruch macht Schluß mit der Kriminalisierung von Pillentests: Die Annahme von Rauschmitteln zum Zwecke der Drogenanalytik ist kein Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz, in: die tageszeitung vom 7. Juli 1999; Vgl.: C. Dobecker: Schnelltest für Ecstasy-Pillen. Analyse von Drogen gilt jetzt als legal, in: Der Tagesspiegel vom 7. Juli 1999; Vgl.: M. Kaluza: Pillen-TÜV legal. "Drug-Checking-AG" will Analyse von Drogen vor Ort durchführen, in: Zitty Nr. 15 Berlin 1999.

  22. E. Stengel: Süchtige in Bremen können Heroin testen lassen. Wegen Todesfällen verlangt Gesundheitssenatorin außer Soforthilfe Gesetzesreform, in: Frankfurter Rundschau vom 21. Januar 1997.

  23. Betäubungsmittelgesetz § 4 [Ausnahmen von der Erlaubnispflicht]. Vgl.: P. Lindlahr: Rechtliche Risiken des Drug-Checking, in: BOA e.V. (Hg.):Pro Jugend – mit Drogen? »Mein Glück gehört mir«, Solothurn 1998, S. 131.

  24. H. Körner: Die Zulässigkeit von Drug-Checking. Rechtliche Nebenwirkungen von Drug-Checking, a.a.O., S. 8.

  25. N. Roberts: Kahlkopf-Pilz im Tee, in: Focus Nr. 43/1997, S.76.

  26. T. Müller-Bohn: Ein ganzes Fach an einem Tag, in: Deutsche Apothekerzeitung Nr. 22 vom 3.06.1999, S. 62.

  27. Drugwipe® ist ein eingetragenes Warenzeichen der Firma Securitec in Ottobrunn/Bayern.

  28. Bayrische Apothekenkammer: Drogenerkennungstest in Apotheken ist fragwürdig, in: Apotheker Zeitung Nr. 44 vom 27.10.1997; Vgl.: o.A.: Fragwürdiger Drogenerkennungstest, in: Pharmazeutische Zeitung Nr. 44/1997; Vgl.: o.A.: Drugwipe: Fragwürdiger Drogenerkennungstest, in: Deutsche Apotheker Zeitung Nr. 44/1997.

  29. o.A.: Drugwipe: Fragwürdiger Drogenerkennungstest, in: Deutsche Apotheker Zeitung Nr. 44 vom 27.10.1997.

  30. N. Roberts: Kahlkopf-Pilz im Tee, in: Focus Nr. 43/1997, S.76.

  31. o.A.: Abend zum Thema Drogen, in: Sächsische Zeitung Meißen vom 31. Mai 1999.


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