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20 Jahre Pill-Testing

Referate von Alexander Bücheli (Drug-Checking in Zürich) und Hans Cousto (20 Jahre Pill-Testing) gehalten am Sonics Netzwerk Jahrestreffen vom 25. bis 27. April 2008 in Leipzig.


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Teil 3

Drug-Checking in der BRD – Wie geht es weiter?
Diskussion

 

 

In der Diskussion wurde vor allem festgestellt, daß die ersten Initiativen zur Durchführung von Drug-Checking-Programmen von privaten Organisationen ergriffen wurden und daß diese auch die Resultate veröffentlichten. Die staatlichen Organisationen übernahmen die Konzepte der privaten, minderten jedoch den Informationsfluß in Richtung Drogenkonsumenten, indem die Resultate nicht mehr veröffentlicht wurden, sondern nur noch Warnungen herausgegeben wurden. Damit entstand ein Ungleichgewicht im Informationsfluß. Die das Drug-Checking durchführende Organisationen sammeln Informationen betreff Inhalt der Pillen und Pulver wie auch betreff Konsummuster durch Fragebogenaktionen. Der Rückfluß von Informationen von den Organisationen zu den Konsumenten ist jedoch viel geringer als früher bei den privaten Organisationen. Diese Ungleichgewicht im Informationsfluß birgt die Gefahr in sich, daß die Drogenkonsumenten sich ausspioniert fühlen und das Vertrauen in die Drogenberatungstelle respektive deren Mitarbeiter verloren geht.

Erwerb von Handlungskompetenz und der ungehinderte Zugang zu allen Arten von Informationen über psychoaktive Substanzen sind wesentliche Faktoren zur Erlangung von Drogenmündigkeit. Dem Individuum muß die Möglichkeit zu eigenverantwortlichen und autonom kontrollierten Entscheidungen gelassen werden, damit es in die Lage versetzt wird, mittels seines Handelns, seine individuellen und kollektiven Interessen zu erkennen und zu entwickeln. Ohne individuell geprägtes Erfahrungswissen ist mündiges Verhalten in keiner Hinsicht denkbar. In Bezug auf mögliche Risiken soll die Drogenmündigkeit, unter dem Stichwort Handlungskompetenz, zu einem differenzierten Risikomanagement beitragen.

Voraussetzung für die Vermittlung glaubwürdiger Informationen, die geeignet sind, Drogengebraucher zu motivieren, ihren Konsum möglichst gesundheitsverträglich zu gestalten, ist ein fundiertes Fachwissen hinsichtlich der Gefahrenpotentiale bestimmter Dosierungen, Mixturen und Konsummuster. Erforderlich sind auch Kenntnisse über die Wirkungen von vorkommenden Verunreinigungen sowie der Verschnittstoffe, die häufiger in illegalisierten Substanzen enthalten sind, da von diesen möglicherweise eine größere Gefährdung der Gesundheit ausgeht als von den originären psychoaktiven Stoffen. Besonders gewichtig ist für eine adäquate Einschätzung einer Krisensituationen die Fähigkeit, individuelle Dosisabhängigkeiten und Toleranzentwicklungen einzuschätzen.

Die Aussichten, in der Bundesrepublik Deutschland ein Drug-Checking-Programm zu initialisieren, wurden als eher schlecht bis sehr schlecht eingeschätzt. Diese Einschätzung erfolgte auf die absolut haarsträubenden Reaktionen seitens der Bundesdrogenbeauftragten bezüglich Blei im Gras. Obwohl weit über hundert Personen wegen Bleivergiftungen aufgrund des Rauchens von mit Blei gestrecktem Gras in medizinischer Behandlung sind, sieht die Drogenbeauftragte und die Bundesregierung – wie der Beantwortung mehrerer parlamenarischer Anfragen zu entnehmen ist – keinen Anlaß, irgend etwas in der Drogenpolitik zu ändern.

 

Berlin und Zürich, 20. Mai 2008
Alexander Bücheli, Hans Cousto

 


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