Speed – Eine Gesellschaft auf Droge

Lesung von Hans-Christian Dany mit anschließender Podiumsdiskussion


Redaktion Webteam www.eve-rave.net Berlin
Pressemitteilung vom 10. November 2008 zu »Speed – Eine Gesellschaft auf Droge«



»Hirngedopte Konkurrenten werden schneller denken, länger arbeiten, energischer auftreten. Sie werden an ungedopten vorbeiziehen …«  Die bekanntesten Dopingmittel für das Gehirn sind Amphetamin und Methamphetamin. Klassische Assoziationen zu diesen Weckaminen sind: Industriedroge, Asthmamittel, Blitzkrieg-Doping, GröFaZ-Muse, Rechenhilfe, Popmedium, Sportskanone, Antidepressivum, Do-it-yourself-Droge, Paranoia-Selbsttherapie, Billigrausch, Arbeitskontrolle, Kunstmittel, Alkoholikerhilfe, Raver-Aspirin, ADHS-Ausschalter, Hackertool, Sexverstärker, Bestseller. Für die Suchtstoffkommission der Vereinten Nationen (Commission on Narcotic Drugs, CND) in Wien oder auch für die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Sabine Bätzing, sind diese Mittel jedoch in erster Linie abhängig machende Stoffe, deren Verbreitung mittels repressiver Maßnahmen zu bekämpfen ist. So wurde Methamphetamin am 1. März 2008 aufgrund der 21. BtMÄndV vom 18. Februar 2008 (BGBl. I S. 246) für nicht mehr verscheibungsfähig erklärt. Methamphetamin wurde von Anlage III (verkehrsfähige und verschreibungsfähige Stoffe) in Anlage II (verkehrsfähige, aber nicht verschreibungsfähige Stoffe) zu § 1 BtMG umgestuft. Amphetamin ist hingegen weiterhin verkehrsfähig und verschreibungsfähig.

Weckamine, im Volksmund Speed genannt, haben die Gesellschaft, die Kultur, die Medizin, ja selbst die Kriege im letzten Jahrhundert geprägt. Der Sachbuchautor Hans-Christian Dany hat diese Prägungen recherchiert und in anschaulicher Weise in seinem Buch »Speed – Eine Gesellschaft auf Droge« nachgezeichnet. Am kommenden Freitag wird Hans-Christian Dany sein Buch in Berlin vorstellen und in einer Lesung dem interessierten Publikum Einblicke in seine Nachforschungen gewähren. Anschließend wird das Thema »Speed« in einer Podiumsdiskussion mit mit dem Autoren Hans-Christian Dany, dem Biochemiker Joachim Eul, dem Sachbuchautoren Hans Cousto und der Heilpraktikerin Margret Hofmann erörtert werden. Die Moderation wird Frieder Bronner von openmedia44 übernehmen.

Die Informationsveranstaltung und Lesung »Speed – Eine Gesellschaft auf Droge« wird am Freitag, 14. November 2008, um 19:30 Uhr im Interkulturellen Mehrgenerationenhaus Çamlik-Stadtoase, Flughafenstr. 21 (2. Hinterhof im Café) in Berlin-Neukölln stattfinden. Der Eintritt ist frei.


Druckerfreundliche Version (PDF-Format, 137 KB, 4 Seiten):
http://www.eve-rave.net/abfahrer/presse/presse08-11-10.pdf


Speed

Amphetamin ist als Pharmazeutikum die normalste Sache der Welt: Kinder und Soldaten bekommen Amphetaminpräparate legal zugeteilt, um zu leisten, was von ihnen erwartet wird. Als Crystal Meth alias Pep, Yaba oder Super-Speed hingegen wird es als »Killerdroge« für den jüngsten Anstieg an HIV-Infektionen verantwortlich gemacht und gilt bei Politikern als größte Bedrohung der USA.

Speed (Amphetamin, Methamphetamin, Methcathinon) wird als Analeptikum (erfrischendes, belebendes, anregendes Mittel) bezeichnet. Der Begriff Analeptikum ist von dem griechischen Begriff Analeptikon (erfrischend, kräftigend, stärkend) abgeleitet. Speed, auch Pep oder Peppen genannt, gehört zur Stoffklasse der β-Phenylalkylamine (β-Phenethylamine). Unter dem Begriff »Speed« wurden in den letzten Jahren hauptsächlich die folgenden Wirkstoffe klassifiziert: Amphetamin (Pep, Peppen), Methamphetamin (Meth, Crystal) und Methcathinon (Ephedron).

Unter Speed versteht man Zubereitungen, die zumeist das vollsynthetisch hergestellte Amphetamin oder auch – jedoch seltener – Methamphetamin enthalten. Methcathinon ist in Deutschland und in der Schweiz bis jetzt kaum aufgetaucht, doch seit der EU-Osterweiterung wird diese Substanz vor allem in Berlin und den östlich gelegenen Bundesländern immer häufiger, jedoch immer noch relativ selten, auf dem Schwarzmarkt angeboten. Im Allgemeinen wird Speed als weißes Pulver – oder im Falle der Thaipille in Pillenform – angeboten. Speed ist ein stark aufputschendes und vor allem auch ein appetitzügelndes Psychostimulans. Dealer fügen dem Speed häufig Streckmittel hinzu, so daß der Amphetamingehalt erheblich schwankt.

In Deutschland war Methamphetamin bis 1988 unter dem Markennamen Pervitin® als Fertigarzneimittel in Apotheken erhältlich, wobei die Dosis pro Tablette bei 3 Milligramm lag. Thaipillen enthalten oft die zehnfache Wirkstoffdosis einer Pervitin-Tablette. Bis zum 1. März 2008 waren sowohl Amphetamin als auch Methamphetamin in Deutschland verschreibungsfähige Betäubungsmittel (Anlage III BtMG). Aufgrund der 21. Betäubungsmittelrechts - Änderungsverordnung (21. BtMÄndV) vom 18. Februar 2008 (in Kraft getreten am 1. März 2008) ist Methamphetamin durch Umstufung von Anlage III (verkehrsfähige und verschreibungsfähige Stoffe) in Anlage II (verkehrsfähige, aber nicht verschreibungsfähige Stoffe) zu § 1 BtMG heute in Deutschland nicht mehr verschreibungsfähig, Amphetamin ist demgegenüber nach wie vor verschreibungsfähig.
 
Vergl. hierzu: Fachinformation: Speed – Mischkonsum
http://www.drogenkult.net/?file=Speed

Das Buch »Speed – Eine Gesellschaft auf Droge«

Das Buch stellt die schillernde Wirkung dieser Droge in ihrem Zwiespalt dar, indem es die Entwicklungsgeschichte des Amphetamin vom späten 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart nacherzählt, von seiner extremen Leistungssteigerung bis zur schnellen Abhängigkeit und Zerstörung. Durch die Ausleuchtung der gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Zusammenhänge wird deutlich, warum das ehemalige Asthmamittel von der deutschen Wehrmacht als Stimulans für Soldaten genutzt werden konnte und nach Kriegsende als erstes Antidepressivum vermarktet wurde. Detailliert untersucht der Autor den Einfluß der Droge auf die Arbeiten von Künstlern wie Judy Garland, Philip K. Dick, Jean Paul Sartre, Andy Warhol, Elvis Presley oder Johnny Rotten. Es geht um Beschleunigung und Produktivitätssteigerung der Arbeitskraft, Grenzüberschreitung in der Kreativität, Körpergestaltung und um gute Gründe, nüchtern zu bleiben.

Inhaltsübersicht

Ein unverstandenes Kind: Chemische Entdeckung und der Vorläufer Kokain / Kriminalisierung der Zweckentfremdung: Drogen im Ersten Weltkrieg / Judy Garland singt den ersten großen Hit auf Amphetamin / Mir können keine Drogen mehr helfen: Adolf Hitlers Verfall mit Metamphetamin / Tod eines Spielers: Doping beim Wunder von Bern und im Radsport / Eine Droge für die ganze Familie: Amphetamin als Lernhilfe für Kinder und Antidepressivum für Mütter / Amerikanischer Traum aus der Tube: Amphetamin in dem modernen Klassiker »On the Road« / Nichts als die Wahrheit: Amphetamin als Verhördroge der CIA / Schrecken des Vielschreibers: Wirkung von Amphetamin auf das Werk von Philip K. Dick / Leben ohne tote Zeit: Jean Paul Sartre und die Automatisierung des Schreibens / Die Erfindung des Hotelvandalismus: Johnny Cash und die Revolution des Transportwesens / Der letzte Macht das Licht aus: J.F. Kennedy und die Factory / Speed Kills: Die Hippies formieren sich wegen Vietnam gegen Amphetamin / Das erste Opfer des Krieges ist die Wirklichkeit: Elvis kämpft in Nixons War On Drugs / Mein Körper gehört mir: Disco und die Schwulenbewegung / Produktiv gemachter Taugenichts: John Lydon als Johnny Rotten / Organlose Körper: Von den Einstürzenden Neubauten über Ronald Reagans Star Wars zu den Designerdrogen / Hypermoderne Paradiessucher: Kraftwerk, die Kontinuität des Dritten Reiches und Techno in Detroit / Gestohlene Körper: Ecstasy von der Therapie zum Massenvergnügen / Drogen nach dem Mauerfall: von Techno zu Bodybuilding / Das große Zappeln: Die verordnete Normalisierung von Drogen und ADHS / Produktive Junkies: Arbeit, Drogen und die US-Army / Schatten der Leistung: Crystal-Boom und HIV
 
Hans-Christian Dany: SPEED – Eine Gesellschaft auf Droge, Originalveröffentlichung, Broschur, 192 Seiten, Edition Nautilus, Hamburg 2008,
ISBN 978-3-89401-569-5, € (D) 14,90

http://www.edition-nautilus.de/proc.php?buecher/dany/pol_speed.html

Der Autor Hans-Christian Dany

Hans-Christian Dany, geboren 1966 in Hamburg. Künstler, Autor, Kurator, Berater. Lebt in Hamburg. Studium der Freien Kunst an der HfbK Hamburg. Seit 1989 zahlreiche Veröffentlichungen in Büchern, Katalogen und internationalen Zeitschriften, u.a. in Springerin, Neue Zürcher Zeitung, Texte zur Kunst, Vogue, Die Beute. Seit 1991 regelmäßige Ausstellungsbeteiligungen, u.a. Kunsthalle Hamburg, Shedhalle Zürich, Kunsthalle Wien, Kunstverein Baden Baden. Gründer und Mitherausgeber verschiedener Zeitschriften. Längere Auslandsaufenthalte in Rio de Janeiro und in Brüssel, Tätigkeit als Gastdozent an mehreren Kunsthochschulen und Akademien. 2002 Einzelausstellung in der Hamburger Kunsthalle.

Auf dem Podium

Heilpraktikerin Margret Hofmann mit den Schwerpunkten Chinesische Medizin , akupunkturgestützte Suchtprävention, Japanische Akupunktur und Pflanzenheilkunde und Leiterin für Therapeutischen Tanz (DGT)
http://heilpraktikerinhofmann.de/


Biochemiker Dr. Joachim Eul, INEIDFO – Institut für Empirische und Interdisziplinäre Drogenforschung, Berlin
 
Primäres Ziel des Institutes ist es, u.a. mittels (repräsentativer) empirischer Frageerhebungen noch unbekanntes Wissen zur Wirkung, zum Gebrauch und den Konsumgründen von psychoaktiven Substanzen in Erfahrung zu bringen und diese Ergebnisse zu publizieren, um so das Wissen zu Drogen inklusive der möglichen Gefahren, die hiervon ausgehen, zu mehren.Die empirischen Studien werden dabei zumindest teilweise interdisziplinär (z.B. durch Verknüpfung der Wissenschaften: Medizin, Psychologie, Soziologie etc.) gestaltet. Sofern ethisch und mit bestehenden Gesetzen vereinbar, werden auch experimentelle Studien durchgeführt.
http://ineidfo.de/
 
Vergl. hierzu: Drogenmischkonsum – Konsumhäufigkeiten und Konsumbewertungen, Pressemitteilung vom 31. August 2006 zum Drogenmischkonsum
http://www.eve-rave.net/abfahrer/presse/presse06-08-31.html


Sachbuchautor Hans Cousto, Mitbegründer von Eve & Rave, Verein zur Förderung der Party- und Technokultur und zur Minderung der Drogenproblematik
 
Eve & Rave e.V. Berlin
http://www.eve-rave.net/
 
DrogenGenussKultur
http://www.drogenkult.net/
 
Hans Cousto, Benutzerseite in der Wikipedia
http://de.wikipedia.org/wiki/Benutzer:Cousto



Moderator Frieder Bronner, Verein Openmedia44 e.V., Berlin-Neukölln
 
Verein Openmedia44 e.V.: Unsere Gesellschaft ist ohne Medien nicht mehr vorstellbar. Wer Medien nicht versteht, wird zunehmend benachteiligt. Ziel des Vereins ist es, die Bildung von Fähigkeiten aller Interessierten zu fördern, die Möglichkeiten der Medien selbst zu verstehen, zu nutzen und weiter zu entwickeln. Dazu gehört nicht nur Kommunikation mit Hilfe der neuen Medien, sondern auch die Inspiration durch diese. Unser Umgang mit Medien ist kreativ und unkommerziell. Wir organisieren Fortbildungen und Veranstaltungen der Kommunikation in allen Sprachen. Dabei liegt der geographische Schwerpunkt unserer Aktivitäten im Berliner Stadtteil "44 - Neukölln", wo die Vielfalt der Kulturen eine besondere Herausforderung bietet: für die globale Gesellschaft soll Neukölln eine beispielhafte alternative, soziale und multilinguale Kommune werden. Darüberhinaus soll der Verein "openmedia44" auch international grenzüberschreitend tätig sein.
http://www.om44.de/index.php?title=Verein_Openmedia44_e.V.
http://openmedia44.wordpress.com/2008/10/
 
Frieder Bronner, Buchbesprechung »Speed – Eine Gesellschaft auf Droge«
http://friederbronner.de/wp/2008/10/


Divergierende Repressionskoeffizienten

Nach Cannabis sind Amphetamin und Kokain die in der Bundesrepublik Deutschland am häufigsten konsumierten illegalisierten Stoffe. Die Anzahl der Konsumenten von Amphetamin und Kokain ist gemäß Angaben der Deutschen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (DBDD) etwa gleich groß. Dennoch hat seit Beginn dieses Jahrtausends die Zahl der von der Polizei jährlich ertappten Kokainhändler um mehr als die Hälfte abgenommen, die Zahl der jährlich ertappten Amphetaminhändler hat jedoch um etwa die Hälfte zugenommen. Auch bei den jährlichen Sicherstellungsfällen sind divergierende Repressionskoeffizienten zu beobachten. Bei Kokain haben diese um etwa ein Viertel abgenommen, bei Amphetamin hat sich die Anzahl jedoch mehr als verdoppelt. Im Bereich des Kokains zeigt sich eine langfristige Abnahme des Repressionskoeffizienten, im Bereich des Amphetamins jedoch eine langfristige Zunahme desselben.
 
Vergl. hierzu: Pressemitteilung vom 16. Juni 2008 zur divergierenden Drogenrepression
http://www.eve-rave.net/abfahrer/presse/presse08-06-16.html


Wichtig: Safer Sniffing

Wer Drogen konsumiert, sollte die Risiken kennen. Die Risiken liegen oft nicht in den pharmakologischen Eigenschaften der Substanzen begründet, sondern in der Art der Einnahme. So weiß fast jeder Fixer, daß der gemeinsame Gebrauch von Spritzbestecken ein hohes Infektionsrisiko mit sich bringt. Doch die wenigsten Menschen, die Amphetamin und/oder Kokain schnupfen, wissen, daß auch der gemeinsame Gebrauch von Schnupfutensilien ebenfalls ein Infektionsrisiko darstellt. Schon kleine Verletzungen in der Nasenschleimhaut, welche gerade beim Sniffen durch schrafkantige oder schräg abgeschnittene Röhrchen entstehen können, genügen, um sich beispielsweise mit dem Hepatitis-Virus oder Herpes zu infizieren. Deshalb: Kein gemeinsames Benutzen von Röhrchen oder Banknoten beim Sniffen!


Berlin, den 10. November 2008
Redaktion Webteam Eve & Rave e.V. Berlin

Index Pressemitteilungen      Eve & Rave Berlin News