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Begründung zur 15. BtMÄndV

Entwurf
Amtliche Begründung
zur geplanten 15. betäubungsmittelrechtlichen Änderungsverordnung
Update vom 15. März 2001


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II.   Zu den einzelnen Vorschriften:


    Zu Artikel 1
   (Änderung des Betäubungsmittelgesetzes)


    Zu Nummer 1:

Mit der vorgesehenen Neufassung der Anlagen des BtMG sollen im Vergleich zur bisher geltenden Fassung folgende Änderungen vorgenommen werden:

  1. Die Bezeichnung der Stoffe wird dem internationalen Standard angepasst. Grundlagen dafür sind hinsichtlich der Kurzbezeichnungen (Spalten 1 und 2 der Anlagen) die vom International Narcotics Control Board veröffentlichten Verzeichnisse der unter die Suchtstoffübereinkommen fallenden Stoffe (»Gelbe Liste« und »Grüne Liste«) und hinsichtlich der chemischen Bezeichnung (Spalte 3 der Anlagen) die Nomenklatur der International Union of Pure and Applied Chemistry (IUPAC). Zur Erläuterung des jetzt dreispaltigen Aufbaus und zur Gewährleistung einer eindeutigen Stoffbezeichnung werden den Anlagen gesonderte Hinweise vorangestellt. Die durchgängige alphabetische Ordnung macht die bisherige Untergliederung der Anlage I in die Teile A und B überflüssig.

     

  2. Folgende 14 Stoffe werden nunmehr unbefristet in die Anlage I (nicht verkehrsfähige Betäubungsmittel) aufgenommen:


  3. INN
     
      andere nicht geschützte oder
    Trivialnamen
      chemische Namen
    (IUPAC)
    ––   2C I   4-Iod-2,5- dimethoxyphenethylazan
    ––   6-Cl-MDMA   [1-(6-Chlor- 1,3-benzodioxol- 5-yl)propan- 2-yl] (methyl)azan
    ––   2C-T-2   4-Ethylsulfanyl-2,5- dimethoxyphenethylazan
    ––   Mebroqualon   3-(2-Bromphenyl)- 2-methylchinazolin- 4(3H)-on
    ––   5-Methoxy-DMT   [2-(5- Methoxyindol-3-yl) ethyl] dimethylazan
    ––   ––   (2-Methoxyethyl)(1-phenylcyclohexyl)azan
    ––   Methoxymetamfetamin (PMMA)   [1-(4- Methoxyphenyl) propan-2-yl] (methyl)azan
    ––   5-Methoxy- N,N-diisopropyl- tryptamin (5-MeO-DIPT)   Diisopropyl [2-(5-methoxyindol- 3-yl)ethyl] azan
    ––   ––   (3-Methoxypropyl) (1-phenylcyclohexyl) azan
    ––   4-MTA   1-[4-(Methylsulfanyl) phenyl] propan-2- ylazan
    Phenpromet hamin   1-Methylamino-2-phenylpropan (PPMA)   (Methyl) (2-phenylpropyl) azan
    ––   PPP   1-Phenyl-2- (pyrrolidin-1-yl) propan-1-on
    ––   ––   2-(Pyrrolidin- 1-yl)-1-(p- tolyl)propan-1-on
    ––   TMA-2   1-(2,4,5- Trimethoxyphenyl) propan-2- ylazan

     

    • Die 14 Stoffe wurden bereits mit der 14. BtMÄndV vom 27. September 2000 (BGBl. I S 1414) für ein Jahr dem Betäubungsmittelrecht unterstellt. Die Sachverständigen nach § 1 Abs. 2 BtMG haben empfohlen, sie unbefristet dem Betäubungsmittelrecht zu unterstellen.

    • Die 14 Stoffe sind nach Erkenntnissen des Bundeskriminalamtes u.a. als »Ecstasy-Drogen« in Tabletten- und Kapselform in Dealerkreisen und in der Drogenszene aufgetaucht. Bei diesen Stoffen handelt es sich um sog. Designerdrogen. Sie werden in illegalen Drogenlaboren entwickelt, indem die chemische Struktur eines im BtMG bereits aufgeführten Betäubungsmittels so verändert wird, dass der neue Stoff nicht unter die Verbote und Kontrollen des Gesetzes fallen. Gleichzeitig soll aber die für Missbrauchszwecke geeignete psychotrope Wirkung des verbotenen Betäubungsmittels erhalten oder noch verstärkt werden.

    • Bei den 14 Stoffen besteht der dringende Verdacht von gesundheitsschädigenden Wirkungen, die sich insbesondere aus den Struktur-Wirkungs-Beziehungen der jeweiligen Muttersubstanzen erklären lassen. Es handelt sich um 9 Amfetamine, 2 Phencyclidine, 2 Tryptamine und 1 Methaqualon. Diese Grundstrukturen stimmen mit denen anderer Stoffe überein, die bereits dem BtMG unterliegen.

    • Es kann davon ausgegangen werden, dass die illegalen Hersteller unmittelbar auf die Unterstellung unter das BtMG reagieren. So sollten bei dem Stoff PPP nach Erkenntnissen des Bundeskriminalamtes Ende 1998 neben bereits sichergestellten Tabletten weitere ca. 200.000 Konsumeinheiten hergestellt werden. Nach der befristeten Unterstellung dieses Stoffes unter das BtMG wurden jedoch nur noch kleinere Mengen sichergestellt.

    • Das Verbot und die Strafbarkeit des Inverkehrsbringens der 14 Stoffe ergeben sich zwar auch aus den Vorschriften des Arzneimittelgesetzes (AMG), jedoch bietet dieses keine ausreichenden Rechtsgrundlagen für ggf. notwendige spezielle Ermittlungsmaßnahmen sowie die umfassende Verfolgung von Auslandstaten. Zudem sieht das BtMG eine höhere Strafandrohung, z. B. im Zusammenhang mit Handeltreiben, als das AMG vor und gibt auch gegenüber Besitzern derartiger Drogen strafrechtliche Handlungsmöglichkeiten.

    • Die 14 Stoffe sind in der Bundesrepublik Deutschland in keinem zugelassenen oder registrierten Arzneimittel enthalten; ihre therapeutische Nutzung ist aus derzeitiger Sicht nicht zu erwarten. Die Stoffe sind bisher nicht in den internationalen Suchtstoffübereinkommen aufgeführt, jedoch bereits zum Teil auch in einigen anderen Ländern missbräuchlich verwendet und deshalb unter Kontrolle gestellt worden.

     

  4. Die in Buchstabe b der Ausnahmeregelung der Position Cannabis in Anlage I BtMG vorgenommene Änderung stellt sicher, dass auch Nutzhanf mit Vorstufen- und Basissaatgut des nach der diesbezüglichen EU-Verordnung Zertifizierten Saatgutes angebaut werden kann. Damit wird es insbesondere Züchtern ermöglicht, Saatgut für Nutzhanf ohne eine besondere betäubungsmittelrechtliche Erlaubnis zu vermehren. Darüber hinaus wird der Gehalt an Tetrahydrocannabinol (THC) in den für den Anbau zugelassenen Hanfsorten auf 0,2 % reduziert. Der Verordnungsgeber folgt damit einer entsprechenden Änderung des EU-Rechtes, auf deren aktuelle Verordnung nunmehr Bezug genommen wird.

    • Die in Buchstabe d der vorbezeichneten Ausnahmeregelung vorgenommene Ergänzung bereinigt eine in der Praxis aufgetretene Diskrepanz zwischen nationalem und EU-Recht. Derzeit können auch landwirtschaftliche Unternehmen eine EU-Beihilfe erhalten, wenn sie kein Unternehmen im Sinne des § 1 Abs. 4 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte sind und folglich in der Bundesrepublik Deutschland keinen Hanf anbauen dürfen. Die vorgenommene Änderung sieht deshalb vor, dass auch jedes nach EU-Recht beihilfeberechtigte Unternehmen Nutzhanf anbauen kann. Die Forderung nach Einhaltung der Mindestgröße gemäss § 1 Abs. 2 des vorgenannten Gesetzes wird gestrichen, um eine Ungleichbehandlung landwirtschaftlicher Unternehmen zu vermeiden. Ferner wird auf die aktuellen Verordnungen der EU Bezug genommen.

     

  5. Folgender Stoff wird in die Anlage I (nicht verkehrsfähige Betäubungsmittel) aufgenommen:


    ––   Dihydroetorphin (18,19-Dihydroetorphin)   (5R,6R,7R,14R)- 4,5a-Epoxy- 7a-[(R)- 2-hydroxypentan- 2-yl]-6-methoxy- 17-methyl-6,14-ethanomorphinan- 3-ol


    • Die Aufnahme des Stoffes ist erforderlich, weil ihn die UN-Suchtstoffkommission im März 1999 in Anhang I des Suchtstoffübereinkommens von 1961 eingeordnet hat. Die Bundesrepublik Deutschland ist nach dem Suchtstoffübereinkommen verpflichtet, derartige Ergänzungen der Anhänge in nationales Recht umzusetzen.

  6.  

  7. Der bisherige erste Gedankenstrichstrich am Ende der Anlage I wird gestrichen. Er kann in dieser Form entfallen, weil mit der Neugestaltung der Anlagen in Übereinstimmung mit der »Gelben Liste« und »Grünen Liste« die Stereoisomere als Einzelstoffe in die Anlagen aufgenommen wurden, wenn sie als Betäubungsmittel einzuordnen sind. Sollten in den Anlagen nicht aufgeführte Stereoisomere missbräuchlich als Betäubungsmittel verwendet werden, unterliegen sie nach dem neuen vierten Gedankenstrich am Ende der Anlage I ebenfalls dem BtMG.

  8.  

  9. Im letzten Gedankenstrich am Ende der Anlage I wird eine Rechtslücke beseitigt. Nach derzeitiger Rechtslage sind Pflanzenteile und tierische Körperteile nur dann Betäubungsmittel, wenn sie bereits Stoffe der Anlagen I bis III enthalten. Dagegen ist der Verkehr mit Früchten, Pilzmycelien, Sporen oder Zellkulturen, die diese Stoffe noch nicht enthalten, aber zur Gewinnung von Organismen mit diesen Stoffen verwendet werden können, nach dem BtMG bisher nicht verboten. Diese Rechtslage wird von Grow- und Headshops ausgenutzt, indem z.B. Mycelien zur Gewinnung psilocybinhaltiger Pilze einschließlich Anbauutensilien und Gebrauchsanweisung angeboten und vertrieben werden. Dieser Handel soll mit der vorgesehenen Rechtsänderung unterbunden und damit z.B. das für betäubungsmittelhaltige Pilze bereits bestehende Anbau- und Verkehrsverbot besser durchgesetzt werden. Da die genannten Organismen keine Betäubungsmittel sind, aber dennoch dem »Mißbrauch zu Rauschzwecken« (u.a. dem mißbräuchlichen Anbau von Betäubungsmitteln) dienen sollen, sieht die Regelung eine entsprechende Änderung des Wortlauts vor. Damit werden keine neuen psychoaktiven Substanzen dem BtMG unterstellt. Die Regelung richtet sich insoweit insbesondere gegen Händler, die unter Inkaufnahme gesundheitlicher Gefährdungen und strafrechtlicher Risiken (verbotener Anbau) ihrer Kunden selbst völlig risikolos Geschäfte machen und damit gleichzeitig Straftaten der Konsumenten Vorschub leisten.

  10.  

  11. Entsprechend dem Grundsatz, Stereoisomere als Einzelpositionen in die Anlagen aufzunehmen, werden Dextromethadon, (RS)-Metamfetamin, (RS,SR)-Methylphenidat und Levmetamfetamin in die Anlage II aufgenommen. Diese Stoffe werden arzneilich nicht genutzt, können jedoch bei der Herstellung der in Anlage III enthaltenen entsprechenden Stereoisomere als Nebenprodukt anfallen.

  12.  

  13. Dexamfetamin wird von der Anlage II in die Anlage III umgestuft. Damit wird die Möglichkeit eröffnet, die in anderen Ländern für den Verkehr zugelassenen Fertigarzneimittel mit diesem Wirkstoff über § 73 Abs. 3 AMG auch in der Bundesrepublik Deutschland u.a. zur neurologischen Frührehabilitation von Patienten mit komatischen Zuständen und zur Behandlung des hyperkinetischen Syndroms verschreiben zu können.

  14.  

  15. cis-Tilidin wird von Anlage III in die Anlage II umgestuft. Der Verbleib von cis-Tilidin in der Anlage III ist nicht sinnvoll, da es nur als Nebenprodukt bei der Herstellung des arzneilich verwendeten trans-Tilidins anfällt.

  16.  

  17. Der bisherige erste Gedankenstrich am Ende der Anlage II wird gestrichen. Er kann entfallen, weil mit der Neugestaltung der Anlagen in Übereinstimmung mit der »Gelben Liste« und »Grünen Liste« die Stereoisomere als Einzelstoffe in die Anlagen aufgenommen wurden, wenn sie als Betäubungsmittel einzuordnen sind.

  18.  

  19. Bei Codein und Dihydrocodein gelten die betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften über das Verschreiben und die Abgabe von Betäubungsmitteln bisher nur wie beim Einsatz dieser Stoffe für betäubungsmittelabhängige Patienten. Dies soll künftig auch auf alkoholabhängige Patienten ausgedehnt werden. Nach Feststellung von Überwachungsbehörden und Krankenkassen setzen Ärzte zunehmend in z.T. großem Umfang entsprechende Arzneimittel zur Behandlung der Alkoholabhängigkeit ein. Eine derartige Therapie ist wissenschaftlich nicht evaluiert und nach Auffassung der Sachverständigen nach § 1 Abs. 2 BtMG nicht gerechtfertigt. Insbesondere ist das Missbrauchsrisiko der zu diesem Zweck eingesetzten Stoffe ungeklärt. Darüber hinaus besteht in Einzelfällen der begründete Verdacht, dass die Vorschriften über das Verschreiben von Codein und Dihydrocodein für betäubungsmittelabhängige Patienten unterlaufen werden sollen. Die Sachverständigen nach § 1 Abs. 2 BtMG halten es deshalb für erforderlich, dass die Anwendung der genannten Betäubungsmittel bei alkoholabhängigen Patienten jederzeit kontrollfähig sein muss, um ggf. kurzfristig regulierend eingreifen zu können.

  20.  

  21. In Anlage III wird bei der Position Papaver somniferum die bis zum Inkrafttreten der 10. BtMÄndV geltende formale Rechtslage wieder hergestellt, nach der bei vom BtMG ausgenommenen Mohnpflanzen und Pflanzenteilen für Zierzwecke nur die betäubungsmittelrechtlichen Bestimmungen über die Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr gelten. Die Regelung ist bei der mit der 10. BtMÄndV vorgenommenen Neufassung der Anlage III des BtMG zwar versehentlich nicht aufgenommen, aber dennoch in der Praxis weiterhin befolgt worden. Sie ist zur formalen Umsetzung von Artikel 25 Abs. 2 des Einheitsübereinkommens über Suchtstoffe von 1961 weiterhin erforderlich.

 


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