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DC-Landesgerichtbeschluß 99

Beschluß des Landgerichtes Berlin
Beschwerdebegründung vom 30. Dezember 1998 zur sofortigen Beschwerde vom 5. Juni 1998 der Staatsanwaltschaft I bei dem Landgericht Berlin
Beschluß des Landgerichtes Berlin, 6. Strafkammer vom 1. März 1999 in der Strafsache betreff Drug - Checking


 

Beschluß
des Landgerichtes Berlin, 6. Strafkammer
vom 1. März 1999


in der Strafsache gegen
H. A. (Vorstandsvorsitzender von Eve & Rave e.V. Berlin)
und J. K. (Vorstandsmitglied von Eve & Rave e.V. Berlin)

betreff
Drug-Checking

 

 

5.06.1998 Die Staatsanwaltschaft legt sofortige Beschwerde gegen den Gerichtsbeschluß des Amtsgerichtes Tiergarten (http://www.eve-rave.net/download.sp?file=mzdr101.pdf ) vom 2.06.1998 ein. Für die Begründung der Beschwerde gibt es keine festgesetzte Frist. Das Landgericht kann nach eigenem Ermessen Fristsetzung anmahnen, damit es auf Grundlage der Verteidigungsschrift und dem Schriftsatz der Beschwerde einen Beschluß fassen kann.

30.12.1998 Die Staatsanwaltschaft I beim Landgericht Berlin reicht nach einer Frist von mehr als einem halben Jahr beim Amtsgericht Tiergarten (Abteilung 267) die Beschwerdebegründung in der Strafsache gegen zwei der Beschuldigten wegen Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz zur sofortigen Beschwerde vom 5.06.1998 gegen den Beschluß des Amtsgerichtes Tiergarten vom 2.06.1998 ein. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft hat das Amtsgericht Tiergarten die Eröffnung des Hauptverfahrens zu unrecht abgelehnt.
Die Beschwerdebegründung hat folgenden Wortlaut:

 

 

"Staatsanwaltschaft I
bei dem Landgericht Berlin

 

10548 Berlin, den 30. Dezember 1998
Turmstraße 91
Fernruf: 39 79 – 1

 

5 Op Js 741/95

 

An das
Amtsgericht Tiergarten
– Abteilung 267 –

 

zu: 267 Ds 170/98

 

Beschwerdebegründung

 

In der Strafsache

gegen H. A.
[Adr.]

und

J. K.
[Adr.]

wird die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des Amtsgerichtes vom 2. Juni 1998 wie folgt begründet:

Zu unrecht hat das Amtsgericht die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt.

Es hat dabei rechtsirrtümlich gemeint, die Angeschuldigten hätten mangels eines Besitzwillens durch ihr angeklagtes Tun den Besitzstand des § 29 Abs. I Nr. 3 BtMG nicht erfüllt; vielmehr hätten sie ihnen zugesandte Betäubungsmittelproben, ohne eigenen Besitz daran zu begründen, alsbald dem Institut für gerichtliche Medizin der Charité der Humboldt-Universität zur Untersuchung und damit zur Vernichtung zugeleitet.

Tatsächlich haben die Angeschuldigten jedoch nicht lediglich ihnen unverlangt übersandte Betäubungsmittel an eine zum Umgang mit diesen berechtigte Stelle weitergeleitet. Sie haben vielmehr als Vorstandsmitglieder des Vereins "Eve & Rave", der in der Öffentlichkeit zur Einsendung von Drogen zum "Drug-Checking" zum Preise von 70.-- DM geworben hatte (vgl. unter anderem Bl. 32, 79/Bd. 1), die dem Verein zu diesem Zweck übersandten Betäubungsmittel im Einverständnis mit dem jeweiligen Einsender übernommen und damit die tatsächliche Verfügungsmacht an den Betäubungsmitteln bewußt und gewollt übernommen. Schon hieraus ergibt sich die Verwirklichung des Besitzstandes durch die Angeschuldigten.

Daß die Angeschuldigten von dieser Verfügungsmacht auch tatsächlich Gebrauch machen wollten und somit den erforderlichen Besitzwillen hatten, wird dadurch untermauert, daß sie zunächst prüften, ob auch die 70.-- DM mit übersandt worden waren, ehe sie die jeweilige Betäubungsmittelprobe an das Institut für gerichtliche Medizin weitergaben. Durch diese Überprüfung nämlich zeigten die Angeschuldigten, daß sie sich die Entscheidung, wie mit den übersandten Betäubungsmitteln verfahren werden sollte, selbst vorbehalten hatten.

Zugleich ergibt sich hieraus auch, daß es den Angeschuldigten nicht darum ging, ihnen unverlangt zugesandte Betäubungsmittel umgehend der sachgerechten Vernichtung zuzuführen, ohne eigenen Besitz an ihnen zu begründen – in diesem Falle hätte es der Zahlung von 70.-- DM nämlich nicht bedurft.

Es wird daher beantragt, den angefochtenen Beschluß des Amtsgerichtes Tiergarten aufzuheben und das Hauptverfahren zu eröffnen.

Schomaker-v. Morsbach-Dube
Oberstaatsanwältin"

 

 

1.03.1999 Das Landgericht Berlin, 6. Strafkammer, verwirft die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft I beim Landgericht Berlin gegen den Beschluß des Amtsgerichtes Tiergarten in Berlin vom 2.06.1998 als unbegründet auf Kosten der Landeskasse Berlin.
Wörtlich lautet der Beschluß des Landgerichtes (Gesch.-Nr. 506 Ds 2/99 zu Gesch.-Nr. 267 Ds 170/98):

 

"Landgericht Berlin
Anschrift für Paketpost: Turmstraße 91, 10559 Berlin
Briefanschrift: 10548 Berlin
Fernruf (Vermittlg.): 3979-1

Gesch.-Nr. 506 Ds 2/99 zu Gesch.-Nr. 267 Ds 170/98

 

Beschluß

 

In der Strafsache gegen
1. H. A., [Adr.]
2. J. K., [Adr.]
wegen

Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz

 

wird die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft I bei dem Landgericht Berlin gegen den Beschluß des Amtsgerichtes Tiergarten in Berlin vom 02. Juli 1998 aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses auf Kosten der Landeskasse Berlin als unbegründet verworfen.

Der Staatsanwaltschaft ist allerdings zuzugeben, daß die Angeschuldigten die Betäubungsmittel im Einverständnis mit den Einsendern übernommen und damit ein tatsächliches Herrschaftsverhältnis über das Rauschgift begründet haben. Erforderlich für den Besitz im Sinne des § 29 Abs. I Nr. 3 BtMG ist jedoch darüber hinaus eine Sachherrschaft, die von einem entsprechenden Besitzwillen getragen wird. Eine solche Sachherrschaft ist jedoch zum Beispiel in Fällen zu verneinen, die denen der Betreffende das Rauschgift mit dem Willen übernimmt, es möglichst bald der Vernichtung zuzuführen [Körner, BtMG, Rdn. 797; OLG Stuttgart MDR 78, 595; LG Freiburg StV 1984, 250; vgl. auch BGH St 27, 380 (382)]. Im vorliegenden Fall diente die Entgegennahme und Weitergabe der Betäubungsmittel zwar dem Zweck der Analyse; die notwendige Folge der umgehenden Übergabe an die Mitarbeiter der Charité war jedoch, für die Angeschuldigten erkennbar, die Vernichtung des Rauschgiftes. Darin ist der Wille, sich die ungehinderte Einwirkungsmöglichkeit auf die Sache zu erhalten (vgl. KG StV 1985, 18f.), nicht zu erkennen. Daß die Angeschuldigten die Übergabe der Betäubungsmittel vermutlich von der Zahlung der 70.-- DM abhängig machten, mit denen die Analyse bezahlt werden sollte, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn bei dem derzeitigen Stand der Ermittlungen ist völlig unklar, was mit den Betäubungsmitteln geschah, wenn die 70.-- DM von den Einsendern nicht beigefügt worden waren. Hinweise darauf, daß die Angeschuldigten das Rauschgift dann zunächst noch aufbewahrt haben, gibt es nicht. Bei der Durchsuchung der Räumlichkeiten des Vereins "Eve & Rave" wurden Betäubungsmittel nicht aufgefunden. Somit ist auch vorstellbar, daß das Rauschgift dann auch durch die Angeschuldigten vernichtet wurde.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.

 

Landgericht Berlin, den 1. März 1999
6. Strafkammer

 

gezeichnet: Holzinger, Rothbart und Fuchs"

 



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