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Drug-Checking-Konzept

für die Bundesrepublik Deutschland
erarbeitet vom techno-netzwerk berlin
für das Bundesministerium für Gesundheit


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Drug-Checking-Konzept für die Bundesrepublik Deutschland
Konzeptioneller Vorschlag zur Organisation von Drug-Checking
Eine Diskussionsgrundlage

 

Einleitung:

Ende Februar 1999 trafen sich Delegierte von mehr als einem Dutzend Selbstorganisationen aus der bundesdeutschen Technoszene zum Konzeptseminar "Eve & Rave vor neuen Perspektiven?" in Berlin. Initiiert und organisiert wurde das Seminar von der Deutschen AIDS-Hilfe e.V. in Berlin unter Federführung der DAH-Drogenreferentin Gundula Barsch.

Gegen Ende des Seminars wurde von den Delegierten die "Berliner Resolution der Selbstorganisationen aus der Party- und Technoszene zum Drug-Checking" verabschiedet. In dieser Resolution wird die Notwendigkeit einer konsequenten Fortführung und Weiterentwicklung der Drug-Checking-Programme in Deutschland gefordert und an die Bundesregierung appelliert, zu dieser Thematik bald möglichst eine Anhörung zu veranstalten.
[Siehe Anhang A-1]

In der Folge lud das Bundesministerium für Gesundheit Vertreter diverser regierungsamtlicher Stellen wie auch Delegierte verschiedener privater Organisationen zu einer ersten Besprechung betreffs "der Schadensminimierung bei unbefugten Drogenkonsum durch Drug-Checking" nach Bonn ein. Dabei sollte erörtert werden, ob und unter welchen Bedingungen Drug-Checking geeignet sei, einen Beitrag zur Schadensminimierung beim "unbefugten Drogenkonsum" zu leisten und ob dies im Rahmen des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) zulässig sei.
[Siehe Anhang A-2]

In der Besprechung zur Problematik des Drug-Checkings im Bundesministerium für Gesundheit in Bonn im Juli 1999 bestand Übereinstimmung, daß die Diskussion zur Gesamtproblematik fortgesetzt werden solle. Dazu sei vom techno-netzwerk berlin ein konzeptioneller Vorschlag zur Organisation von Drug-Checking als Diskussionsgrundlage vorzulegen. Der Vorschlag solle sich sowohl auf die Organisation eines Monitoring-Systems, als auch auf Drug-Checking vor Ort beziehen und dem präventiven Anspruch besondere Aufmerksamkeit widmen.
[Siehe Anhang A-3]

In dem hier vorliegenden Drug-Checking-Konzept für die Bundesrepublik Deutschland ist nicht nur ein Entwurf für die Umsetzung eines bundesweiten Drug-Checking-Programms als Diskussionsgrundlage enthalten, sondern auch eine Dokumentation bereits bestehender Drug-Checking-Projekte und eine differenzierte Darstellung allfälliger Implikationen, die im Zusammenhang mit Drug-Checking auftreten könnten, um allen Beteiligten die kritische Wertung der Argumente zu erleichtern. Mittels Analysen der bisherigen Erfahrungen mit Drug-Checking in den Niederlanden, Deutschland, Österreich und der Schweiz wie auch mittels Beschreibungen der sozialen und kulturellen Gegebenheiten im Umfeld der betrachteten Szenen, die regelmäßig Party-Drogen konsumieren, ist eine Grundlage für eine sachliche Diskussion zum Thema geschaffen worden. Mit dieser hier vorgestellten Diskussionsgrundlage ist seitens des techno-netzwerkes berlin die Hoffnung verbunden, einen der Thematik angemessenen und würdigen Diskurs zwischen Szeneorganisationen und den politischen Entscheidungsträgern zu eröffnen.

Die stetig wachsende Repression gegen einen nicht geringen Teil der Bevölkerung im Rahmen der Umsetzung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften spaltet nicht nur die Gesellschaft und gefährdet den sozialen Frieden auf individueller wie auf kollektiver Ebene, sondern schafft auch die notwendigen Voraussetzungen zur Etablierung einer florierenden Schattenwirtschaft, die sich jeglicher Kontrolle zu entziehen vermag. Die Strukturbedingungen illegalisierter Märkte begünstigen nicht nur unseriöse und kriminelle Handlungsweisen, sondern verhindern zudem weitgehend den Schutz des Individuums vor den durch diese Handlungsweisen bedingten Beeinträchtigungen.
[Siehe Abschnitt 1]

Drogen aller Art sind weltweit äußerst begehrte Güter, wobei die Nachfrage vom rechtlichen Status der einzelnen Substanzen kaum beeinflußt wird. Auf die Qualität der Drogen hingegen hat dieser Status einen großen Einfluß, da bei sogenannten legalen Drogen durch amtliche Kontrollen eine gleichbleibende

Güte bezüglich Reinheit und Dosierung weitgehend gewährleistet werden kann, bei illegalisierten Substanzen dies jedoch nicht der Fall ist. So entsprechen Reinheit und Dosierung illegalisierter Substanzen häufig nicht den Angaben der Lieferanten oder jene enthalten andere als die deklarierten Wirkstoffe. Daraus folgt, daß der Konsum solcher Produkte mit einem zusätzlichen Gefahrenpotential für die gesundheitliche Unversehrtheit der jeweiligen Konsumenten verbunden sein kann. Dieses zusätzliche und offenkundige Gefahrenpotential zu reduzieren ist die Zielsetzung von Drug-Checking-Programmen.

Die Notwendigkeit, mittels Substanzkontrollen die Drogenkonsumenten vor Überdosierungen und der Einnahme von ungewollten Substanzen zu schützen, wurde in den Niederlanden bereits im letzten Jahrzehnt erkannt. 1989 begann man dort die auf dem Schwarzmarkt erhältlichen Produkte systematisch auf ihre chemische Zusammensetzung hin zu untersuchen und installierte ein Netz von Beratungszentren, in denen die Drogenkonsumenten nicht nur ihre Drogen zur Analyse abgeben konnten, sondern auch nach Bedarf sachliche Informationen bezüglich Wirkungen und Nebenwirkungen der entsprechenden Drogen erhalten konnten. Die im Rahmen des Drug-Checking-Programms ermittelten Analysedaten wurden seit 1993 in einem nationalen Monitoring-System erfaßt und dienten als Informationsgrundlage für ein ebenfalls das ganze Land abdeckendes Frühwarnsystem.
[Siehe Abschnitt 2.II]

Die erste etablierte Drogenberatungsstelle in Deutschland, die den Nutzen eines solchen Drug-Checking-Programms erkannte und in der Lage war, dieses System auch partiell mit zu nutzen, war die DROBS in Hannover, die seit 1995 Pillenidentifikationen in Verbindung mit Schnelltests durchführt. Die DROBS ist, was den Bereich Drug-Checking anbelangt, eine Art Satellitenstation des niederländischen Systems, da die Ergebnislisten für die Pillenidentifizierung regelmäßig aus den Niederlanden bezogen werden. Die DROBS führt keine eigenen Laboranalysen durch.
[Siehe Abschnitt 2.III.i]

Im gleichen Jahr begann in Berlin der Verein zur Förderung der Party- und Technokultur und zur Minderung der Drogenproblematik, Eve & Rave, ein eigenes Drug-Checking-Programm zu installieren. Im Gegensatz zum niederländischen Modell veröffentlichte Eve & Rave regelmäßig die Ergebnisse der Analysen in Listen und machte so die Informationen öffentlich zugänglich. Um zu erfahren, was die einzelnen Pillen für Wirkstoffe enthielten, mußte man nicht eine Beratungsstelle aufsuchen wie in den Niederlanden, sondern jedermann konnte selbst eine Pillenidentifizierung anhand der öffentlichen Listen vornehmen. Des weiteren wurden die Analyseresultate von Eve & Rave Berlin regelmäßig bei der Informationszentrale gegen Vergiftungen der Universität Bonn über Internet der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Leitmotiv dieser Handlungsweise war die Förderung der Eigenkompetenz, das heißt durch Anregung zum selbständigen Handeln das Bewußtsein der Eigenverantwortlichkeit zu fördern, das Selbstvertrauen zu steigern und so das Selbstbewußtsein zu festigen. Ziel des Drug-Checking-Programms in Berlin war nicht nur die Minderung der gesundheitlichen Risiken für Drogengebraucher, sondern auch die Förderung der Drogenmündigkeit, die mit zunehmenden Maße eine Reduzierung der Notwendigkeit von Fürsorge durch das Drogenhilfesystem zur Folge hat.
[Siehe Abschnitt 2.III.ii]

Auch in Bremen wurde kurzweilig Drug-Checking durchgeführt. Anlaß war eine Häufung von Todesfällen im Kreise der Opiatkonsumenten. Staatlichen Stellen scheint zuweilen die notwendige Einsicht für die Umsetzung von vernünftigen Maßnahmen zum Schutz von Leib und Leben der Drogenkonsumenten nur nach krassen Zwischenfällen zu kommen und scheint, wie das Beispiel in Bremen zeigt, nicht lange zu währen.
[Siehe Abschnitt 2.III.iii]

In Deutschland sind gemäß gesetzlicher Grundlage nur die Apotheken ohne Einholung einer Erlaubnis autorisiert, betäubungsmittelverdächtige Substanzproben von Privatpersonen oder privaten Organisationen zu Untersuchungszwecken entgegenzunehmen. Obwohl die Apotheken für die Durchführung von Drug-Checking zuständig sind, wird in der Praxis diese gesetzliche Vorgabe kaum genutzt. Derzeit sind auch keine Anstrengungen erkennbar, die Lücke in diesem Bereich zu füllen.
[Siehe Abschnitt 2.III.iv]

Während in Deutschland derzeit noch kontrovers über Nutzen und Rechtmäßigkeit von Drug-Checking-Programmen debattiert wird, besteht in der Schweiz nach nicht minder intensiven juristischen und politischen Auseinandersetzungen bezüglich der Legalität und Notwendigkeit von Drug-Checking heute Konsens. Drug-Checking vor Ort mit einem mobilen Labor an Parties ist ebenso legal wie die Durchführung von Drug-Checking-Programmen in Kooperation mit ortsfesten Labors, wie zum Beispiel mit gerichtsmedizinischen oder pharmazeutischen Instituten von Universitäten. Auch die Veröffentlichung der Testresultate ist rechtens.
[Siehe Abschnitte 2.IV.ii und 2.IV.iii]

In der Schweiz initiierte die Zürcher Arbeitsgemeinschaft für Jugendprobleme (ZAGJP) im Sommer 1995 das erste Drug-Checking-Programm für Partydrogen nach dem Vorbild von Eve & Rave in Berlin. Der vorzeitige Abbruch des Projektes der ZAGJP wurde durch kommunalpolitische Auseinandersetzungen erzwungen. Ein Jahr später startete Eve & Rave Schweiz ein analoges Drug-Checking-Programm, wobei Eve & Rave Schweiz die Testergebnisse der Analytik nicht nur regelmäßig in Listen, sondern auch im Internet veröffentlicht. Im Rahmen eines zu Forschungszwecken durchgeführten Pilotversuchs finanzierte das Bundesamt für Gesundheitswesen (Gesundheitsministerium) ein Jahr lang die Kosten der Analytik des Drug-Checking-Programms von Eve & Rave. Derzeit wird das Programm mit Spenden von kirchlichen Institutionen finanziert. Im Kanton Bern führt die Stiftung Contact mit einem mobilen Labor Drug-Checking vor Ort auf Parties durch.
[Siehe Abschnitte 2.IV.ii und 2.IV.iii und 2.IV.iv]

In Österreich wurde Drug-Checking im Raum Wien an wenigen großen Parties unter Einsatz eines mobilen Labors durchgeführt. Ziel des dortigen Projektes war nicht eine dauerhafte Dienstleistung zum Schutz der Gesundheit der Drogenkonsumenten, vielmehr diente dort Drug-Checking als Mittel zum Zweck für die Kontaktaufnahme seitens des Vereins Wiener Sozialprojekte mit Drogenkonsumenten, um gezielt in deren Umfeld soziodemographische Datenerhebungen durchzuführen.
[Siehe Abschnitt 2.V]

Verschiedene Organisationen, die im techno-netzwerk berlin engagiert sind, pflegen seit Jahren einen intensiven Erfahrungsaustausch mit Kollegen in den Niederlanden und der Schweiz, die dort Drug-Checking-Programme durchführen. So wurden die Berichte über diese Projekte nicht nur auf Basis der Publikationen der entsprechenden Organisationen verfaßt, sondern auch auf der Grundlage des Wissens, das durch persönliche Kontakte vermittelt wurde. Einzig der Bericht über das Projekt in Wien basiert ausschließlich auf einer Publikation, die von den Projektbetreibern herausgegeben wurde. Nebst den in diesem Drug-Checking-Konzept aufgeführten Projekten, die Drug-Checking durchführen, gibt es weitere Organisationen, die einen Analyseservice in diesem Bereich anbieten. In Frankreich ist Technoplus, eine Szeneorganisation mit Sitz in Paris und Regionalgruppen in Marseille und Montpellier, in Kooperation mit der Ärzteorganisation médecins du monde mit Sitz in Paris seit zwei Jahren im Bereich Drug-Checking aktiv. In Italien bietet die Szeneorganisation Laboratorio Antiprohibizionista in Bologna seit drei Jahren einen Analyseservice für Partydrogen an. Technoplus und das Laboratorio Antiprohibizionista publizieren Broschüren mit Fachinformationen zu Partydrogen und informieren Drogenkonsumenten vor Ort an Parties. Mit beiden Organisationen pflegt Eve & Rave seit Jahren einen regen Kontakt, der mit einem intensiven Erfahrungsaustausch verbunden ist. Aus zeitlichen Gründen war es nicht möglich, eine Beschreibung dieser Projekte einzugliedern. Es sei gestattet, an dieser Stelle anzumerken, daß alle Autoren und alle Mitarbeiter der Redaktion des vorliegenden Drug-Checking-Konzeptes ausschließlich ehrenamtlich in ihrer Freizeit – neben der beruflichen Arbeit und neben dem Engagement im Verein – tätig geworden sind.

Drogenarbeit sollte sich an den Lebenswelten der Drogengebraucher orientieren und folglich, wenn sie eine nachhaltige Wirkung zeitigen und auf Dauer von Erfolg gekrönt sein will, sich weit mehr mit Fragen des Bewußtseins und außergewöhnlichen Bewußtseinszuständen beschäftigen, als dies bisher der Fall gewesen ist. Dies gilt besonders für die Arbeit im Umfeld der Technoszene, da die dort praktizierte Tanzkultur oft auch in Trance und Ekstase zelebriert wird, das heißt in Bewußtseinszuständen, die völlig anders geartet sind als das sogenannte Alltagsbewußtsein. Medizinische und pharmakologische Aspekte sind zwar bedeutungsvoll für einen risikoarmen Umgang mit Drogen, sollten aber nicht höher gewichtet werden als psychologische und das Bewußtsein betreffende Fragen.
[Siehe Abschnitte 3.I und 3.II]

Die Risikofaktoren, die beim Genuß von psychoaktiven Substanzen die Wahrscheinlichkeit einer Manifestation von störenden Effekten erhöhen, sind bei weitem nicht nur pharmakologisch bedingt, sondern hängen maßgeblich von den persönlichen Vorbereitungen auf die Drogeneinnahme (Set) als auch von dafür geeigneten Rahmenbedingungen (Setting) ab. Die prophylaktische Suche nach Risikofaktoren im Bereich der persönlichen psychologischen Konstitution wie auch im Bereich des Umfeldes, in dem die Auswirkungen der eingenommenen Drogen durchlebt werden, gehört zur Basisarbeit jeder konstruktiven Drogenberatung, ebenso die Vermittlung substanzspezifischer Eigenschaften der verschiedenen Drogen, die konsumiert werden.
[Siehe Abschnitt 3.III]

Voraussetzung für die Vermittlung glaubwürdiger Informationen, die geeignet sind, Drogengebraucher zu motivieren, ihren Konsum möglichst gesundheitsverträglich zu gestalten, ist ein fundiertes Fachwissen hinsichtlich der Gefahrenpotentiale bestimmter Dosierungen, Mixturen und Konsummuster. Erforderlich sind auch Kenntnisse über die Wirkungen von vorkommenden Verunreinigungen sowie der Verschnittstoffe, die häufiger in illegalisierten Substanzen enthalten sind, da von diesen möglicherweise eine größere Gefährdung der Gesundheit ausgeht als von den originären psychoaktiven Stoffen. Besonders gewichtig ist für eine adäquate Einschätzung einer Krisensituationen die Fähigkeit, individuelle Dosisabhängigkeiten und Toleranzentwicklungen einzuschätzen.
[Siehe Abschnitte 3.IV und 3.V und 5.III]

Erwerb von Handlungskompetenz und der ungehinderte Zugang zu allen Arten von Informationen über psychoaktive Substanzen sind wesentliche Faktoren zur Erlangung von Drogenmündigkeit. Dem Individuum muß die Möglichkeit zu eigenverantwortlichen und autonom kontrollierten Entscheidungen gelassen werden, damit es in die Lage versetzt wird, mittels seines Handelns, seine individuellen und kollektiven Interessen zu erkennen und zu entwickeln. Ohne individuell geprägtes Erfahrungswissen ist mündiges Verhalten in keiner Hinsicht denkbar. In Bezug auf mögliche Risiken soll die Drogenmündigkeit, unter dem Stichwort Handlungskompetenz, zu einem differenzierten Risikomanagement beitragen.
[Siehe Abschnitte 5.II und 5.III]

Drug-Checking ist ein geeignetes Instrument zur präzisen Wissensvermittlung und zur Anregung einer vertieften Reflexion des eigenen Drogenkonsums. Drug-Checking kann somit einen essentiellen Beitrag zur Gefahrenabschätzung und somit zum individuellen Risikomanagement leisten und ist daher eine sehr effiziente Maßnahme zur Gesundheitsförderung.
[Siehe Abschnitte 3.IV und 3.V und 5.V]

Die große Mehrheit der Drogengebraucher nutzt die Wirkungen psychoaktiver Substanzen zum Spaß, zur Abwechslung, zur Leistungssteigerung oder auch gezielt zur "Bewußtseinserweiterung" oder "Seelenerhellung" (psychedelischer Effekt). Die meisten von ihnen konsumieren über Jahre hinweg unbeschadet diverse Substanzen, um ihre Wahrnehmung, Empfindung und ihr Bewußtsein zu triggern. Sie sind weder krank, noch abhängig. Deshalb sind sie für Botschaften, die konzeptionell auf potentielle "Suchtkranke" zugeschnitten sind, nicht empfänglich. Präventive Botschaften im herkömmlichen Sinn, die auf eine Ächtung illegalisierter Drogen abzielen, lösen bei der angedachten Zielgruppe zumeist nur eine Abwehrreaktion aus und werden mit Spott und Hohn bedacht. Eine Information hingegen, die den Drogengebrauchern ermöglicht, das Gefahrenpotential, dem sie sich aussetzen, objektiv einzuschätzen und ihnen somit die Grundlage für ein individuelles Risikomanagement in die Hand gibt, wird inhaltlich akzeptiert und auch angenommen. Drug-Checking-Ergebnisse sind Informationen, die gut geeignet sind, objektiv bestehende Gefahrenpotentiale zu erkennen. Diese objektiven Erkenntnisse begünstigen wiederum die subjektive Risikoeinschätzung und damit ein realistisches, verantwortungsvolles und kompetentes Risikomanagement.

In der Schweiz initiierte die Zürcher Arbeitsgemeinschaft für Jugendprobleme (ZAGJP) im Sommer 1995 das erste Drug-Checking-Programm für Partydrogen nach dem Vorbild von Eve & Rave in Berlin. Der vorzeitige Abbruch des Projektes der ZAGJP wurde durch kommunalpolitische Auseinandersetzungen erzwungen. Ein Jahr später startete Eve & Rave Schweiz ein analoges Drug-Checking-Programm, wobei Eve & Rave Schweiz die Testergebnisse der Analytik nicht nur regelmäßig in Listen, sondern auch im Internet veröffentlicht. Im Rahmen eines zu Forschungszwecken durchgeführten Pilotversuchs finanzierte das Bundesamt für Gesundheitswesen (Gesundheitsministerium) ein Jahr lang die Kosten der Analytik des Drug-Checking-Programms von Eve & Rave. Derzeit wird das Programm mit Spenden von kirchlichen Institutionen finanziert. Im Kanton Bern führt die Stiftung Contact mit einem mobilen Labor Drug-Checking vor Ort auf Parties durch.
[Siehe Abschnitte 3.II und 5.III und 5.IV und 6.I]

Aufgrund der herrschenden Verbotspolitik geht der Drogenkonsum zumeist abseits von öffentlicher Wahrnehmung, unerkannt und heimlich vonstatten. Demzufolge bleibt dem Außenstehenden vieles im Umfeld des Drogenkonsums wie auch die Praktiken des Konsums selbst unbekannt. Um das dadurch bedingte Defizit an Wissen seitens regierungsamtlicher Stellen auszugleichen, beauftragen diese immer wieder Forschungsinstitute, um im Rahmen von Befragungen Daten und Fakten bezüglich des Drogenkonsums und der Lebenseinstellung, respektive den Lebensbedingungen der Drogenkonsumenten zu ermitteln. Diese nach statistischen Kriterien aufgeschlüsselten Daten geben nicht nur Auskunft über die Drogenkonsumenten selbst, sondern auch über Konsumdauer, Konsumhäufigkeit und Konsumverhalten derselben. Des weiteren werden auch stets die verschiedensten Informationsquellen von Wissen über Drogen und deren Glaubwürdigkeit erforscht, statistisch ausgewertet und publiziert.
[Siehe Abschnitte 4 und 6.I]

Durch breit angelegte Kampagnen in den Massenmedien hat jeder schon von Drogen gehört, ein konkretes Wissen über Drogen ist durch diese Kampagnen jedoch kaum vermittelt worden. Die Plakate, die Inserate und die Werbespots in Radio und Fernsehen sind häufig suggestiv konzipiert und einseitig tendenziös ausgelegt, um in demagogischer Weise die öffentliche Meinung zu manipulieren. Dadurch wissen viele Menschen sehr wenig über Drogen, haben aber eine feste Meinung dazu. Diese Meinung gründet sich in dem bizarren Bild, das durch die Kampagnen kolportiert wird und in exotischen Phantasien, die durch Berichterstattungen in den Medien angeregt werden, in denen als Begleitmusik zu den Kampagnen völlig abstruse Drogenmythen zwischen aktuellen Meldungen zum Thema eingeflochten werden. Gebraucher von Partydrogen, die real die Wirkungen der eingenommenen psychoaktiven Substanzen selbst erlebt haben und über ein Erfahrungswissen verfügen, bemerken sehr schnell die suggestiven und manipulativen Ambitionen, die diesen Kampagnen zugrunde liegen. Deshalb haben viele Gebraucher illegalisierter psychoaktiver Substanzen kein Vertrauen in Institutionen und Personen, die in solchen Kampagnen involviert sind. Durch diese Tatsache bedingt, ist eine seriöse und effektive Informationsvermittlung bezüglich Wirkungen von illegalisierten psychoaktiven Substanzen zu einer äußerst diffizilen Angelegenheit geworden. Die zentralen Botschaften der über Jahre hinweg rein auf Abschreckung ausgelegten Kampagnen haben ein Klima geschaffen, daß selbst Drogenberatungsstellen ihre potentiellen Adressaten kaum noch erreichen.

In der Schweiz initiierte die Zürcher Arbeitsgemeinschaft für Jugendprobleme (ZAGJP) im Sommer 1995 das erste Drug-Checking-Programm für Partydrogen nach dem Vorbild von Eve & Rave in Berlin. Der vorzeitige Abbruch des Projektes der ZAGJP wurde durch kommunalpolitische Auseinandersetzungen erzwungen. Ein Jahr später startete Eve & Rave Schweiz ein analoges Drug-Checking-Programm, wobei Eve & Rave Schweiz die Testergebnisse der Analytik nicht nur regelmäßig in Listen, sondern auch im Internet veröffentlicht. Im Rahmen eines zu Forschungszwecken durchgeführten Pilotversuchs finanzierte das Bundesamt für Gesundheitswesen (Gesundheitsministerium) ein Jahr lang die Kosten der Analytik des Drug-Checking-Programms von Eve & Rave. Derzeit wird das Programm mit Spenden von kirchlichen Institutionen finanziert. Im Kanton Bern führt die Stiftung Contact mit einem mobilen Labor Drug-Checking vor Ort auf Parties durch.
[Siehe Abschnitte 5.VII und 5.VIII und 6]

Durch die Stigmatisierung, Pathologisierung und Kriminalisierung von Drogenkonsumenten ist eine Kontaktaufnahme derselben mit dem professionellen Drogenhilfesystem eine zu hohe Schwelle und wird deshalb selten bewerkstelligt, selbst in akuten Problemsituationen. Viele Konsumenten von Partydrogen hegen ein tiefes Mißtrauen gegenüber etablierten Institutionen des Drogenhilfesystems. Ohne Vertrauen ist jedoch eine sinnvolle Beratung nicht möglich. Szeneorganisationen hingegen genießen ein hohes Maß an Vertrauen bei einem Großteil der Partydrogengebraucher und sind durch ihr Engagement in der Drogenarbeit in der Lage, jene Vertrauensdefizite auszugleichen.
[Siehe Abschnitte 5.VIII und 5.IX]

In der Schweiz initiierte die Zürcher Arbeitsgemeinschaft für Jugendprobleme (ZAGJP) im Sommer 1995 das erste Drug-Checking-Programm für Partydrogen nach dem Vorbild von Eve & Rave in Berlin. Der vorzeitige Abbruch des Projektes der ZAGJP wurde durch kommunalpolitische Auseinandersetzungen erzwungen. Ein Jahr später startete Eve & Rave Schweiz ein analoges Drug-Checking-Programm, wobei Eve & Rave Schweiz die Testergebnisse der Analytik nicht nur regelmäßig in Listen, sondern auch im Internet veröffentlicht. Im Rahmen eines zu Forschungszwecken durchgeführten Pilotversuchs finanzierte das Bundesamt für Gesundheitswesen (Gesundheitsministerium) ein Jahr lang die Kosten der Analytik des Drug-Checking-Programms von Eve & Rave. Derzeit wird das Programm mit Spenden von kirchlichen Institutionen finanziert. Im Kanton Bern führt die Stiftung Contact mit einem mobilen Labor Drug-Checking vor Ort auf Parties durch.

Das Interesse vieler Drogengebraucher an Drug-Checking-Ergebnisse liegt einerseits im persönlichen Nutzen, den sie daraus ziehen können, anderseits vermitteln sie sachliche Informationen zu Drogen mit einem rein naturwissenschaftlichen Background ohne ideologische Einfärbung. Quell dieser Informationen ist das Herz aller Drug-Checking-Programme, die chemische-instrumentelle Analyse der Proben. Mittels sogenannter Schnelltests können zwar verschiedene Substanzgruppen nachgewiesen werden, doch sind diese Verfahren ungeeignet, Dosis oder Vorhandensein eventueller Giftstoffe festzustellen.
[Siehe Abschnitt 7.I]

Genaue Analysen können nur mit einer aufwendigen Laboreinrichtung durchgeführt werden. Mit den sogenannten Screening-Methoden können einzelne Substanzen präzise nachgewiesen, jedoch nicht quantifiziert werden. Zur Feststellung der Wirkstoffmenge, das heißt zur quantitativen Analyse, bedarf es instrumenteller Methoden wie zum Beispiel die Hochleistungsflüssigkeitschromatographie oder Gaschromatographie-Massenspektroskopie-Koppelung.
[Siehe Abschnitte 7.II und 7.III]

In der Schweiz initiierte die Zürcher Arbeitsgemeinschaft für Jugendprobleme (ZAGJP) im Sommer 1995 das erste Drug-Checking-Programm für Partydrogen nach dem Vorbild von Eve & Rave in Berlin. Der vorzeitige Abbruch des Projektes der ZAGJP wurde durch kommunalpolitische Auseinandersetzungen erzwungen. Ein Jahr später startete Eve & Rave Schweiz ein analoges Drug-Checking-Programm, wobei Eve & Rave Schweiz die Testergebnisse der Analytik nicht nur regelmäßig in Listen, sondern auch im Internet veröffentlicht. Im Rahmen eines zu Forschungszwecken durchgeführten Pilotversuchs finanzierte das Bundesamt für Gesundheitswesen (Gesundheitsministerium) ein Jahr lang die Kosten der Analytik des Drug-Checking-Programms von Eve & Rave. Derzeit wird das Programm mit Spenden von kirchlichen Institutionen finanziert. Im Kanton Bern führt die Stiftung Contact mit einem mobilen Labor Drug-Checking vor Ort auf Parties durch.

Aufbauend auf den über vierjährigen eigenen Erfahrungen von Eve & Rave mit Drug-Checking und den vielfältigen Erkenntnissen, die durch einen regen Informationsaustausch mit anderen Institutionen, die ebenfalls Drug-Checking-Programme durchgeführt haben und zum Teil noch durchführen, gewonnen werden konnten, wurde das Additions- und Integrationsmodell als Drug-Checking-Modell für Deutschland entwickelt. Selbstorganisationen, die in den Szenen der Drogenkonsumenten integriert sind, sollten auf jeden Fall bei der Planung und Umsetzung von Drug-Checking in Deutschland maßgeblich beteiligt werden, denn sie verfügen über einen hohes Maß an Erfahrungswissen und genießen mehr Vertrauen bei den potentiellen Adressaten als alle anderen Institutionen. Dies liegt in der Tatsache begründet, daß die Selbstorganisationen aus den Szenen entstammen und an der Szenenkultur partizipieren wie auch in der Tatsache, daß stets potentielle Adressaten aus den Szenen am Vereinsleben der Selbstorganisationen partizipieren. Diese wechselseitige Partizipation schafft Transparenz und Transparenz schafft Vertrauen. Das gleiche gilt für das Drug-Checking. Bei der Planung, Organisation und Durchführung ist in allen Bereichen Partizipation seitens der Szenen, aus denen sich die potentiellen Adressaten rekrutieren, eine Voraussetzung für Transparenz und Vertrauen. Ohne Vertrauen seitens der potentiellen Adressaten in die das Drug-Checking-Programm durchführenden Institutionen, kann Drug-Checking keinen Beitrag zur Förderung der Drogenmündigkeit und somit auch nicht zur Minderung der Drogenproblematik leisten. Dieser Logik folgend ergibt sich, daß Drug-Checking ebenso eine reelle Chance für den Lernprozeß zu einem verträglichen Risikomanagement und zur Drogenmündigeit der Drogengebraucher ist wie auch eine gute Chance für den Lernprozeß zur Entwicklung und Gestaltung transparenter und somit vertrauenswürdiger Einrichtungen. Zur administrativen Koordinierung der rein technischen Abläufe ist in diesem partizipativen Modell eine "Bundeskoordinierungsstelle Drug-Checking" unabdingbar zugrunde gelegt. Die Gestaltung dieser zentralen Stelle und der Grad der Vertauensenwürdigkeit, den sie ausstrahlt, entscheidet maßgeblich, ob Drug-Checking als Instrument zur Minderung der Drogenproblematik auch in Deutschland tauglich sein kann.
[Siehe Abschnitt 9]

Seit Jahrzehnten behindern immer wieder neue gesetzliche Richtlinien notwendige Hilfsmaßnahmen zur Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit gefährdeter Drogengebraucher, wie jeder, der lange genug im Bereich der Suchtkrankenhilfe tätig ist, weiß. Auch Erfahrungen aus jüngster Zeit belegen deutlich, das mit dieser normativ prohibitiven Politik, trotz kostenintensiven Polizeieinsätzen und harten Gerichtsurteilen, weder Gebrauch und Erwerb, noch Verfügbarkeit der Drogen verhindert werden kann, wohl aber eine Qualitätskontrolle der illegalisierten Substanzen. Die daraus resultierenden gesundheitlichen Risiken der Konsumenten werden dabei seitens der Akteure dieser Prohibitionspolitik billigend in Kauf genommen. Die Autoren dieses Drug-Checking-Konzepts gelangen zum Fazit, das die psychische und physische Unversehrtheit des Menschen höher zu achten sei, als die normative Reglementierung der Unterstützungsangebote zum Schutz von Leib und Leben der betroffenen Drogenkonsumenten Entsprechend ist bei der Diskussion dieses Konzeptes dieser Unversehrtheit der Menschen in der Bewertung den Vorzug zu geben.
[Siehe Abschnitt 8]

Dieses "Drug-Checking-Konzept für die Bundesrepublik Deutschland" ist ein konzeptioneller Vorschlag zur Organisation von Drug-Checking in Deutschland. Es ist erstellt als Diskussionsgrundlage zur Erörterung der Voraussetzungen, der Machbarkeit und der Ziele eines Drug-Checking-Programms wie auch der Organisation eines Monitoring-Systems und widmet dem geforderten präventiven Anspruch besondere Aufmerksamkeit.

 

Berlin, 1. November 1999
Die Autoren


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