Redaktion Webteam www.eve-rave.net Berlin
Pressemitteilung vom 8. August 2004 zu Cannabis und Wissenschaft
Druckerfreundliche Version (PDF-Format, 51 KB, 12 Seiten):
http://www.eve-rave.net/presse/presse04-08-08.pdf
Cannabis Mythen – Cannabis Fakten
Eine Analyse der wissenschaftlichen Diskussion
Ein Fachbuch von Lynn Zimmer, John P. Morgan und Mathias Bröckers; 272
Seiten, 14,7 x 21 cm, Broschur
Erscheinungsjahr: 2004; ISBN: 3-03788-120-8; EUR 24,00; CHF 39,80
http://www.nachtschatten.ch/prod/buch_531.htm
Dieses Buch bringt die gängigen Argumente der Gegner
einer Cannabisreform auf den Punkt und zeigt: Die Einwände der Reformgegner
basieren nicht auf Fakten, sondern auf Mythen. Gerade für die anstehenden
Abstimmungen in der Schweiz und die umstrittene Cannabisliberalisierung in
Europa ist dieses Buch besonders wichtig als fundierte Argumentationshilfe
und als objektiver Diskussionsbeitrag. Aus dem Inhalt:
Ist Cannabis eine Einstiegsdroge?
Welchen medizinischen Wert hat Cannabis?
Wie wirkt Cannabis auf die Sexualhormone?
Was hat es mit dem amotivationalen Syndrom auf sich?
Welchen Einfluß hat Cannabis auf Gedächtnis und Wahrnehmung?
Ist Cannabis während der Schwangerschaft schädlich?
Ist Cannabis eine wesentliche Unfallursache im Straßenverkehr?
Ist Cannabis heute potenter als in der Vergangenheit?
Vorwort zur deutschen Ausgabe
Jeder Richter, der Angeklagte wegen Cannabis verurteilt,
jeder Politiker, der die Gesetzesgrundlagen für diese Urteile schafft,
jeder Arzt, Polizist oder Sozialtherapeut, der unter diesen Gesetzen arbeitet,
sollte dieses Buch lesen. Ja, er sollte nicht nur, er muß. Und ginge
es mit rechten Dingen zu, müßte er es eigentlich längst gelesen
haben. Oder kann es tatsächlich angehen, daß jahrein, jahraus weltweit
Millionen Gerichtsverfahren geführt, Tausende Jahre Gefängnis verhängt,
Vermögen beschlagnahmt, Geldstrafen ausgesprochen werden – und all dies
auf Grundlage eines Mythos, eines Glaubens, eines Märchens? Es kann,
und zwar seit vielen Jahrzehnten. Genauer: seit Anbeginn der neuzeitlichen
Prohibition von Cannabis, seit den 30er Jahren in den USA. Von seinem Ruf
als "Killerweed", als "Mörder der Jugend" und als "gefährlichstes
aller Rauschgifte", der dem Hanf damals angedichtet wurde, hat er sich
bis heute nicht erholt. Die erste Propagandaschlacht, die wir heute als "Krieg
gegen Drogen" kennen, war der Prohibition der Hanfpflanze gewidmet. Die
Lügen dieses PR-Feldzuges sind immer noch tief im öffentlichen Unterbewußtsein.
Daß diese Mythen weiterleben, hat damit zu tun, daß diese nicht
auf Rationalität und Vernunft beruhen, sondern auf dogmatischem Glauben.
Als Galilei seinerzeit das Fernrohr erfand, weigerten sich die Mächtigen
hindurchzuschauen, weil dies ihr Weltbild erschüttert hätte. Als
Leuwenhook nach dem Blick durch das erste Mikroskop erklärte, daß
im Speichel kleine Tierchen leben, hielt man ihn für verrückt.
Neue Werkzeuge gebären neue Weltbilder. Und Pioniere hatten zu allen
Zeiten mit den Verteidigern des Alten zu kämpfen. Oft genug mußten
erst ganze Generationen wegsterben, bevor das unerhörte Neue allgemeine
Anerkennung fand. Mit dem Zeitalter der Aufklärung, der Etablierung
der Vernunft und des wiederholbaren wissenschaftlichen Experiments zur Gewinnung
objektiver, allgemeingültiger Erkenntnisse ist das dunkle Zeitalter
der Glaubenskriege dennoch keineswegs beendet. Nach wie vor weigern sich
die Mächtigen, ihr Weltbild durch neue Erkenntnisse erschüttern
zu lassen – vor allem, wenn diese neuen Erkenntnisse den Abschied von alten
Gewohnheiten fordern, wie zum Beispiel die Studie über die Wirksamkeit
drogenpolitischer Maßnahmen, die eine europäische Kommission unter
der Leitung des britischen Labour-Abgeordneten Paul Flynn für den Europarat
erstellt hat. Am Beispiel von Schweden mit seiner sehr stark repressiven
Drogenpolitik, von Großbritannien mit seinen überwiegend repressiven
Maßnahmen sowie von den Niederlanden und der Schweiz mit ihren eher
schadensreduzierenden Modellen hat die Kommission die Auswirkungen auf die
Zahl der Konsumenten, des "Drogenschadens" und der "Drogentoten"
untersucht. Das Ergebnis dieser Studie stellte keinen direkten Zusammenhang
zwischen der Höhe der Strafen und der Häufigkeit des Konsums fest.
Für die Hardliner im Europäischen Parlament war dieses Ergebnis
so ernüchternd, daß die Parlamentarische Versammlung vor einer
Annahme des Berichts 17 Klauseln ändern oder streichen wollte – und
zwar vor allem jene, in denen die positiven Ergebnisse der Ansätze in
der Schweiz und den Niederlanden herausgestellt wurden. Daraufhin zogen die
Verfasser ihre Unterstützung für den Bericht zurück. Dort
heißt es unter anderem: "Die Drogenpolitik der meisten Staaten scheint
auf der Annahme zu beruhen, daß höhere Rechtsstrafen den Konsum
begrenzen. Jedoch geht aus den Daten klar hervor, daß der Gebrauch
von Cannabis in den Niederlanden, wo Besitz und Transport von ›Eigenbedarfsmengen‹
nicht bestraft werden, erheblich niedriger ist als in Großbritannien,
wo die Rechtsstrafen relativ hart sind."
Ähnlich klare Daten hatte schon 1997 eine Studie der UN erbracht, der zufolge harte Repression harte Drogen fördert. Der Marktanteil von harten gegenüber weichen Drogen liegt in den USA bei einem Verhältnis von 7 zu 1, in Holland dagegen von 2 zu 3. Doch verhält es sich mit diesen Studien heute ähnlich wie mit Galileis Fernrohr am Beginn der Renaissance. Die Gralshüter der alleinseligmachenden Prohibition wagen nicht, hindurchzuschauen! Und wenn es sich doch nicht vermeiden läßt, setzen sie alles daran, die unerwünschten Erkenntnisse in Frage zu stellen und die Ungereimtheiten wegzuerklären. Dies wird ihnen mit diesem Buch ein ganzes Stück schwieriger gemacht. Auch wenn es Politik und Justiz nicht dazu bringen wird, die Realität anzuerkennen und die Gesetze endlich nach ihr auszurichten, zwingen die hier dargelegten und umfangreich dokumentierten Fakten sie immerhin, künftig noch unverschämter zu lügen.
In den USA sowie in den meisten anderen Ländern ist Cannabis bei weitem die meist gebräuchliche illegale Droge. Mehr als siebzig Millionen US-Amerikaner (etwa 25%) probierten sie aus und mehr als zwanzig Millionen (etwa 7%) rauchten Cannabis im vergangenen Jahr. Der Konsum von Cannabis mag in den nächsten Jahren zurückgehen, wie möglicherweise auch der von Alkohol, Tabak, Koffein und Medikamenten wie Valium und Prozac. Dennoch wird uns dessen Konsum und der ähnlicher psychoaktiver Substanzen weiterhin beschäftigen.
"Cannabis Mythen – Cannabis Fakten" bietet zuverlässige Informationen über die Wirkung von Cannabis auf den Menschen. Das Buch wendet sich sowohl an Menschen, die sich für Hanf interessieren, wie auch an diejenigen, die sich Sorgen über die Konsumenten machen. Es richtet sich an Eltern und Jugendliche, Beratungslehrer und Polizeibeamte, ebenso wie an Mitarbeiter von Einrichtungen zur Drogenberatung und an Politiker, die mit Novellen zur Drogengesetzgebung befaßt sind. Dieses Buch wurde sowohl für Menschen geschrieben, die Cannabis lieben, wie für jene, die es hassen.
Es wäre eigentlich durchaus nahe liegend, wenn sich politische und persönliche Entscheidungen über das Für und Wider bezüglich des Konsums von Cannabis an der wissenschaftlichen Beweislage, an Informationen, die auf Fakten beruhen, sowie am gesunden Menschenverstand orientierten. Unglücklicherweise ist dies jedoch nur selten der Fall. Statt dessen basieren politische und persönliche Entscheidungen auf Fehlinformationen – auf Mythen über Cannabis. Sie überschwemmen die US-amerikanische Gesellschaft und liegen Berichten in Tageszeitungen, Magazinen, im Fernsehen und Regierungsverlautbarungen zugrunde. Diese Mythen mögen manche Kinder und deren Eltern erfolgreich abschrecken und dazu beitragen, daß manch einer davon absieht, Cannabis auszuprobieren. Für eigenverantwortliche Handlungen und regierungspolitische Entscheidungen stellen solche Fehlinformationen letztlich jedoch keine solide Grundlage dar. Es mag riskant sein, Wahrheiten über Cannabis verlauten zu lassen. Verglichen mit den Risiken, schlagen Lügen und gezielte Fehlinformationen jedoch weitaus empfindlicher zu Buche.
Die Professoren Lynn Zimmer und John P. Morgan unterzogen die über Cannabis im Umlauf befindlichen Behauptungen einer systematischen und gewissenhaften Überprüfung und sichteten die neuesten wissenschaftlichen Ergebnisse bezüglich der Wirkungsweise von Cannabis. Wissenschaftlichen Untersuchungsergebnissen zufolge kann ein exzessiver Cannabiskonsum durchaus gesundheitsschädlich sein. Generell ist der Genuß von Cannabis jedoch nicht annähernd so schädlich, wie die darüber im Umlauf befindlichen Mythen behaupten. Das ist nicht verwunderlich. Immerhin kamen in den letzten hundert Jahren mehr als ein Dutzend Kommissionen hochrangiger Experten der USA und anderer Länder zum Ergebnis, daß die von Cannabis ausgehenden Gefahren übertrieben wurden, und daß ein moderater Genuß von Cannabis in der Regel nur selten schädlich ist.
Was die meisten Menschen vermutlich am stärksten beunruhigt, ist der Gebrauch psychoaktiver Substanzen bei Kindern. Die meisten Menschen teilen sicherlich die Ansicht, daß der Genuß von Hanfprodukten nichts für Kinder ist. Außerdem ist der Besitz von Cannabis illegal und wird es in den kommenden Jahren vermutlich bleiben. Wer immer es also konsumiert, setzt sich der Gefahr aus, mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten und seine Zukunft eventuell sogar mit einem Eintrag ins Vorstrafenregister zu ruinieren. Doch trotz der Kriminalisierung von Cannabis, trotz konzentrierter Aktionen zum weltweit ausgerufenen "Krieg gegen Drogen" [War on Drugs] und den damit verbundenen hohen Kosten kamen in den letzten Jahren mehr Jugendliche mit Cannabis in Berührung als jemals zuvor. Ein Umstand, der Eltern, Erzieher, Regierungsmitglieder und sogar Jugendliche gleichermaßen beunruhigt. Dies rechtfertigt jedoch weder Panikmache, Falschinformationen, noch jegliche Dämonisierung der Pflanze oder der Menschen, die sie nutzen. Wenn wir den Ausführungen der Professoren Lynn Zimmer und John P. Morgan folgen, sollte uns dieser Tatbestand eher dazu motivieren, über alternative Wege in der Drogenpolitik nachzudenken und aus den Erfahrungen anderer Länder zu lernen. Das Lindesmith Center versteht sich als drogenpolitisches Forschungsinstitut. Erklärtes Ziel ist es, öffentlichen Diskussionen über Drogen und einer auf Strafverfolgung basierenden Drogenpolitik Zugang zu kenntnisreichen Analysen zu verschaffen. Lynn Zimmer und John P. Morgan machten sich als ausgewiesene Wissenschaftler und Experten interdisziplinärer Studien über Drogen einen Namen. "Cannabis Mythen – Cannabis Fakten" ist als Titel einer Buchreihe konzipiert, für deren Veröffentlichung, Reprint oder Verbreitung sich das Lindesmith Center einsetzt. Die Veröffentlichung des vorliegenden Buches erfüllt uns als Mitglieder dieses Zentrums mit Stolz. Wir sind überzeugt, daß es zu einer ehrlicheren, präziseren und letztlich für alle Seiten produktiveren Diskussion über den Gebrauch von Cannabis und der damit verbundenen politischen Haltung beitragen wird.
Im vergangenen Jahrhundert eruierte eine Vielzahl unabhängiger Kommissionen die Wirkungsweisen von Cannabis. 1893 beauftragte das britische Parlament die Kommission zur Erforschung von Cannabis indica [Indian Hemp Commission] mit einer Bestandsaufnahme zu den Auswirkungen des Gebrauches von Cannabis auf die "soziale und moralische Verfassung" des indischen Volkes. Die Untersuchung kam zum Schluß, daß "der gemäßigte Gebrauch von Hanfdrogen mit keinerlei Übel einhergeht". 1925 erforschte ein Ausschuß den Cannabiskonsum bei den US-Soldaten, die in der Region des Panama-Kanals stationiert waren und konstatierte, daß die Auswirkungen von Cannabis "offensichtlich stark übertrieben wurden". 1944, zwanzig Jahre später, kam ein medizinisches Expertenteam, das vom damaligen New Yorker Bürgermeister Fiorello La Guardia [La Guardia Report] eingesetzt worden war, zum – von diesem selbst formulierten – Ergebnis, wonach "die Mißstände auf soziologischer, psychologischer und medizinischer Ebene, die Cannabis gewöhnlich zugeschrieben werden [...] übertrieben sind".
Als Reaktion auf den gestiegenen Cannabisgebrauch in den 60er und 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts beriefen die Regierungen der USA, von Kanada, Großbritannien, Australien und den Niederlanden Kommissionen ein, um die wissenschaftlichen Ergebnisse über die Gefahren von Cannabis für Einzelne und die Gesellschaft auszuloten. Der britische Wootten Report kam 1969 zu Ergebnissen, die mit denen der Indian Hemp Commission und von La Guardia übereinstimmten. Er folgerte, daß "ein langfristiger Gebrauch von Cannabis in moderaten Dosierungen keine schädlichen Auswirkungen" habe. 1972 resümierte der Bericht einer von der niederländischen Regierung eingesetzten Kommission: "Die physiologischen Auswirkungen des Cannabisgebrauchs sind als relativ harmlos einzustufen".
Die 1972 von Präsident Richard Nixon eingesetzte National Commission on Marihuana and Drug Abuse [Nationale Kommission zu Marihuana und Drogenmißbrauch] folgerte: "Die Kommission ist einstimmig der Meinung, daß der Konsum von Cannabis kein derart gravierendes Problem darstellt, daß es Strafverfolgungen von Cannabiskonsumenten oder Individuen, die es zu diesem Zweck besitzen, rechtfertigen würde."
Die Erkenntnisse dieser Expertenkommissionen wurden im Verlauf des 20. Jahrhunderts von Extrempositionen bezüglich der Gefahren von Cannabis überschattet. In den 20er und 30er Jahren wurden Gesetze auf Bundes- und Staatsebene [in den USA] gegen Cannabis erlassen. Diese basierten in der Regel auf Aussagen leitender Polizeibeamter, Ankläger und staatlicher Drogendezernenten, wonach Cannabis zu gewalttätigen und verabscheuungswürdigen Verbrechen verleite. [Zur Rolle von Anslinger vgl.: Hans-Georg Behr (1995): Von Hanf ist die Rede, S. 232 ff.; Mathias Bröckers (Hrsg.), Jack Herer (1993): Die Wiederentdeckung der Nutzpflanze Hanf]. "Cannabissüchtige" stellten für die Polizei der USA ein "massives Problem" dar, ließ Harry Anslinger, Direktor des Federal Bureau of Narcotics [Bundesministeriums für Betäubungsmittel und psychotrope Substanzen], verlauten. Er behauptete, daß "50% aller von Mexikanern, Türken, Filipinos, Griechen, Spaniern, Lateinamerikanern und Negern verübten Gewalttaten" auf den "Mißbrauch von Cannabis zurückzuführen" seien. Auf diesen Anti-Cannabisfeldzug schworen sich Organisationen ein, wie die World Narcotic Defence Association [Weltweite Vereinigung zum Schutz gegen Drogenmißbrauch], die International Narcotic Education Association [Internationale Vereinigung zur Drogenerziehung] und die Women’s Christian Temperance Union [Christlich abstinenter Frauenbund]. Sie alle propagierten die Meinung, Cannabis mache süchtig, bewirke Geisteskrankheiten und sexuelle Promiskuität. [Zum historischen Hintergrund der Cannabisprohibition in den USA vgl. R.J. Bonnie und C.H. Whitebread (1974): The Marihuana Conviction: A History of Marihuana Prohibition in the United States; J. Kaplan(1970): Marijuana: The New Prohibition.]. Ebenso behaupteten sie, daß "Cannabisdealer" den Stoff an Schulkinder verscherbelten, um sie süchtig zu machen. [Anti-Cannabiskampagnen in den USA sind nachzulesen bei: J.L. Himmelstein (1983): The Strange Career of Marihuana: Politics and Ideology of Drug Control in the United States; D. Baum (1996): Smoke and Mirrors: The War on Drugs and the Politics of Failure.]
Ausgedehnte Untersuchungen und Undercover-Operationen auf den Schulhöfen in New York City veranlaßten die La Guardia Kommission 1944 darauf hinzuweisen, daß die Öffentlichkeit unnötigerweise mit Hinweisen über Gefahren von Cannabis verunsichert worden sei. Nichtsdestotrotz wurden dreißig Jahre nach Beginn der National Commission on Marihuana and Drug Abuse noch immer dieselben Behauptungen aus den 20er und 30er Jahren ins Feld geführt. In den 50er Jahren bezeichneten Polizeibeamte Cannabis als "Sprungbrett" zu Heroin. Sie überzeugten den Kongreß und die staatlichen Gesetzgeber davon, daß härtere Strafen für Cannabisdelikte – bis zu lebenslänglichen Verurteilungen – notwendig seien, um der Anzahl von Heroinsüchtigen entgegenzuwirken. In den 60er Jahren beteuerten Cannabisgegner die Gefährlichkeit der Droge, weil sie das Denkvermögen beeinträchtige und ein "Amotivationssyndrom" [Generelles Desinteresse, Lust- und Motivationslosigkeit] bewirke und somit die heranwachsende Generation zu akademischen Versagern verurteile. In den 70er Jahren erschienen die ersten wissenschaftlichen Berichte über gravierende organische Schäden durch Cannabis. Darin wird unter anderem ausgeführt, daß Cannabis die Chromosomen schädige, das Immunsystem beeinträchtige und dauerhafte Gehirnschäden bewirke.
In den vergangenen dreißig Jahren untersuchten Wissenschaftler mit Hilfe von Regierungsgeldern alle erdenklichen Gefahren, die von Cannabis für einzelne Konsumenten und die Gesellschaft ausgehen. Sie fahndeten nach Belegen für Delikte, psychische Schäden und Amotivation, die mit Cannabis in einem ursächlichen Zusammenhang stehen. Sie studierten die Auswirkungen der Droge auf das Verhalten, auf psychomotorische und intellektuelle Fähigkeiten und fahndeten nach Gemeinsamkeiten zwischen dem Gebrauch von Cannabis und anderer Drogen. Auf der Suche nach organischen Schäden durch Cannabis verabreichten sie Labortieren hoch dosiertes THC (dem für die psychogene Wirkung von Cannabis verantwortlichen Wirkstoff ) und versetzten Petrischalen mit Kulturen menschlichen Zellgewebes mit THC. All diese Versuchsreihen mündeten schließlich in einer Flut von hochgradig spezialisierter Fachliteratur, welche diverse wissenschaftliche Disziplinen umfaßt.
Mit diesem Buch wollen wir Journalisten, Parteiideologen, Lehrern, Eltern, Ärzten, Cannabiskonsumenten und all jenen, die über diese weltweit genutzte Droge mehr erfahren wollen, den Zugang zu den wissenschaftlichen Untersuchungen über Cannabis erleichtern. Unsere Ausführungen orientieren sich an einer Reihe allseits bekannter Behauptungen über negative Auswirkungen von Cannabis, die sich allesamt auf wissenschaftliche Erkenntnisse berufen. Die zitierten Aussagen entstammen Regierungsberichten, Newsletters und Pressemitteilungen neueren Datums. Wir entdeckten sie in Informationsschriften zur Drogenaufklärung, in Anzeigen von Bündnissen für ein drogenfreies Amerika, in Reden von Regierungsmitgliedern. Ferner tauchten diese Statements immer wieder in unzähligen Artikeln von Tageszeitungen und Magazinen auf, die über negative Auswirkungen von Cannabis berichteten.
Auf der Suche nach relevanten Fakten für diese Behauptungen erforschten wir die wissenschaftliche Literatur. Dabei entdeckten wir immer wieder, daß Regierungsbeamte, Journalisten und sogar viele "Drogenexperten" die wissenschaftlichen Ergebnisse falsch interpretierten, unrichtig darstellten oder verdrehten. Da die hier aufgelisteten zwanzig Behauptungen, mit denen wir uns bei unseren Recherchen zu diesem Buch auseinandersetzten, jeglicher wissenschaftlichen Grundlage entbehren, entschlossen wir uns, sie als "Mythen" zu definieren. Wie allen Mythen liegt ihnen ein Funken Wahrheit zugrunde – aber nicht mehr.
Heute wie früher schüren Mythen über Cannabis in der Bevölkerung Ängste und sorgen dafür, daß Rufe nach einer verstärkten polizeilichen Kontrolle der Konsumenten laut werden. Mit den vorliegenden Fakten über Cannabis wollen wir eine Diskussion über den Umgang mit diesem Thema anregen, damit dieser weniger als bisher auf Sanktionen setzt und Eltern ihre Ängste nimmt. Wie die meisten US-Amerikaner glauben wir, daß psychoaktive Substanzen in die Hände von Erwachsenen gehören und nicht in die von Kindern. Außerdem sind wir davon überzeugt, daß Lügen und Übertreibungen hinsichtlich der Gefahren von Cannabis nicht geeignet sind, Jugendliche davon fernzuhalten, sondern eher einen gegenteiligen Effekt bewirken.
Indian Hemp Drugs Commission, 1894 [Cannabis
indica-Kommission]
Die Kommission kam zum Schluß, daß ein moderater Genuß von
Hanfprodukten keinerlei schädliche Auswirkungen hat. [Indian Hemp Drugs
Commission (1894): Report of the Indian Hemp Drugs Commission, Simla,
India: Government Central Printing Office]
Panama Canal Zone Report, 1925 [Report zum Gebiet des Panama-Kanals]
Die Gefährdungen durch [Cannabisgenuß] … wurden offensichtlich
stark übertrieben. … Für nennenswerte schädliche Einflüsse
auf Konsumenten liegen keine Beweise vor. [Canal Zone Committee (1925): The
Panama Canal Zone Military Investigations]
La Guardia Commission Report, 1944
Es gibt keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Gewalttaten und Cannabis
… und Cannabis weist keine spezifische Stimulation des Geschlechtstriebes
auf. [Anm.: Erfahrungsberichte und Quellen in der Literatur belegen weltweit
eine aphrodisierende Wirkung durch Cannabisprodukte. Siehe dazu: Christian
Rätsch und Claudia Müller-Ebeling (2003): Lexikon der Liebesmittel,
S. 328 ff.] Der Gebrauch von Cannabis führt nicht zu Abhängigkeiten
von Morphin, Kokain oder Heroin. [Mayor's Committee on Marihuana (1944): The
Marihuana Problem in the City of New York: Sociological, Medical Psychological
and Pharmacological Studies]
The British Wootten Report, 1969
Wir sind der Ansicht, daß die in der Vergangenheit viel beschworenen
von [Cannabis] ausgehenden Gefahren … überbewertet wurden. … Es gibt
keine Belege dafür, daß ernstliche Gesundheitsgefährdungen
westlicher Gesellschaften unmittelbar auf das Rauchen von Cannabis zurückzuführen
sind. [Advisory Committee on Drug Dependence (1969): Cannabis, London:
Her Majesty's Stationery Office.
Canadian LeDain Commission Report, 1970 [Bericht der kanadischen LeDain-Kommission]
Es gibt keinerlei Belege für physische Abhängigkeiten durch Cannabis.
Selbst bei Langzeitkonsumenten resultiert Abstinenz normalerweise in keinerlei
physischen Nebenwirkungen. [Canadian Government Commission of Inquiry (1970):
The Non-Medical Use of Drugs, Ottawa, Canada: Information Canada]
National Commission on Marihuana and Drug Abuse, 1972 [Nationale Kommission
zu Marihuana und Drogenmißbrauch]
Zum einmaligen oder sporadischen Konsum natürlicher Hanfprodukte liegen
nur unzulänglich geprüfte Daten zu physischen oder mentalen Schädigungen
vor. … Die derzeitigen sozialen und legislativen Maßgaben befinden
sich in einem unverhältnismäßigen Kontrast zu den schädlichen
Auswirkungen auf individueller oder sozialer Ebene. [National Commission
on Marihuana and Drug Abuse (1972): Marihuana: A signal of Misunderstanding,
Washington, DC: U.S. Government Printing Office]
Dutch Baan Commission, 1972 [Holländische Baan-Kommission]
Bei Cannabis gibt es keine Toleranzschwelle oder körperliche Abhängigkeit.
Die physiologischen Auswirkungen des Cannabisgenusses sind relativ harmlos.
[Werkgroep Verdovende Middelen (1972): Background and Risks of Drug Use,
The Hague: Staatsuitgeverij]
Commission of the Australian Government, 1977 [Kommission der australischen
Regierung]
Es ist eine vollkommen überraschende Tatsache, daß seine unmittelbare
Toxizität gegenüber der aller anderen Drogen sehr niedrig ist.
… In der Szene manifestierten sich keine gravierenden gesundheitlichen Probleme.
[Senate Standing Committee on Social Welfare (1977): Drug Problems in
Australia – An Intoxicated Society?, Canberra: Australian Commonwealth
Government Printing Office]
National Academy of Science Report, 1982 [Bericht der nationalen Akademie
der Wissenschaft]
In den vergangenen vierzig Jahren beschuldigte man Cannabis, antisozialen
Zündstoff zu bergen, unter anderem … die Auslösung von Straf- und
Gewalttaten, … Heroinabhängigkeit, … und daß es die Arbeitsmoral
junger Menschen in Nord- und Südamerika mindere. Diese Vorstellungen
wurden von wissenschaftlichen Studien nicht bestätigt. [National Research
Council (1982): An Analysis of Marijuana Policy, Washington, DC: National
Academy Press]
Entscheidung des Schweizerischen Bundesgerichts 1991
"Cannabis kann nach dem derzeitigen Stand der Erkenntnisse auch in
großen Mengen die Gesundheit vieler Menschen im Sinne von Art. 19 Ziff.
2 lit. a BetmG nicht in Gefahrbringen. Bei Widerhandlungen gegen Art. 19
Ziff. 1 Satz 1 BetmG, die sich auf diese Droge beziehen, ist die Annahme
eines schweren Falles gemäß Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG somit
ausgeschlossen." (Erwägung 2; Änderung der Rechtsprechung,
die bis dato ab einer Menge von vier Kilogramm Haschisch von einem schweren
Fall ausging). Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 29. August 1991
in Sachen L. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde).
BGE 117 IV 314 ff. (1991)]
http://www.eve-rave.net/abfahrer/download/eve-rave/ch75.pdf
Die Cannabis-Entscheidung des deutschen Bundesverfassungsgerichts, 1994
Der Gesetzgeber wurde verpflichtet, neuere wissenschaftliche Erkenntnisse
und Erfahrungen aus dem Ausland zu berücksichtigen um in Zukunft zu entscheiden,
ob das Strafrecht tatsächlich das geeignetste Mittel ist, um die angestrebten
Schutzfunktionen zu erreichen. [BVerfGE 90, 145 - Cannabis]
http://www.eve-rave.net/abfahrer/download/eve-rave/mzdr103.pdf
Report by the Dutch Government, 1995 [Bericht der holländischen Regierung]
Cannabis wirkt sich körperlich nicht sehr toxisch aus. … Aus allem, was
bislang bekannt ist, kann gefolgert werden, daß die Risiken des Cannabiskonsums
nicht als "ungeheuerlich/inakzeptabel" zu bezeichnen
sind. [The Netherlands: Ministry of Health, Welfare and Sport (1995: Drug
Policy in the Netherlands: Continuity and Change].
Studie der Weltgesundheitsorganisation zu Cannabis, 1997
Es gibt gute Gründe festzustellen, daß Cannabis nicht dieselben
Risiken für die öffentliche Gesundheit mit sich bringt wie Alkohol
und Tabak, selbst wenn genauso viele Menschen Cannabis benutzten wie jetzt
Alkohol trinken oder Tabak rauchen.
http://www.cannabislegal.de/studien/who/index.htm
Die Cannabisstudie der Schweizerischen Fachstelle für Alkohol- und andere
Drogenprobleme (SFA), 2000
Diese Studie zeigt daß die Kriminalisierung von Konsumenten in der
Westschweiz keine niedrigeren Konsumraten erreichte als die liberalere Politik
der Deutschschweiz. Die SFA nahm Stellung zum Cannabiskonsum in der Schweiz
und sprach sich für eine Entkriminalisierung des Besitzes, Erwerbs und
Anbaus von Cannabis für den Eigenkonsum aus. [Cannabis auf der Schwelle
zum legalen Rauschmittel – Was die Schweizer und Schweizerinnen vom Cannabiskonsum
halten. – Ergebnisse der neuen Repräsentativstudie der Schweizerischen
Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme (SFA) zum Phänomen
"Cannabis", Lausanne 2000]
http://www.eve-rave.net/abfahrer/download/eve-rave/bericht103.pdf
Studie des Büro für Verbrechensstatistiken und Forschung New South
Wales, Australien, 2001
Das strafrechtliche Verbot von Cannabis schreckt kaum von seinem Gebrauch
ab und scheint im Vergleich zum Nutzen zuviel kosten.
http://www.cannabislegal.de/studien/nsw.htm
Euregio-Studie "Jugendliche 2001"
Die Untersuchung "Jugendliche 2001" der Gesundheitsdienste der Euregio
hat festgestellt, daß der Cannabisgebrauch unter Schülern im Alter
von 14-16 Jahren auf der deutschen Seite der Grenze weiter verbreitet ist
als in den Niederlanden, wo Cannabis seit Jahrzehnten in Coffeeshops an Erwachsene
verkauft wird. 13% der deutschen Schüler aber nur 10% der niederländischen
Altersgenossen hatten im letzten Monat Cannabis konsumiert. Mit sogenannten
"harten" Drogen (u.a. Ecstasy und Amphetamin) hatten gar fast doppelt so
viele Deutsche als Niederländer zu tun. Auch beim Gebrauch von Alkohol
und Nikotin lagen die deutschen Schüler deutlich vor den Niederländern.
Insgesamt wurden 40.000 Schüler weiterführender Schulen befragt.
http://www.cannabislegal.de/studien/euregio.htm
Cannabis – neue Beiträge zu einer alten Diskussion
Ein Fachbuch von der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (DHS)
und Raphael Gaßmann (Hrsg); Juli 2004; 248 Seiten; ISBN 3-7841-1526-8;
Euro 19,00; CHF 33,60
http://www.lambertus.de/default.asp
Im September 2002 veranstaltete die Deutsche Hauptstelle
für Suchtfragen (DHS) eine Expertentagung "Cannabis und Jugendschutz"
in Gotha. Verschiedene Beiträge der teilnehmenden Experten wurden nun
gesammelt und in Buchform herausgegeben: "Cannabis. Neue Beiträge
zu einer alten Diskussion". Das Buch trägt viele interessante
Daten und Standpunkte zum Cannabis-Konsum zusammen, mit Beiträgen u.a.
von:
Prof. Dieter Kleiber und Renate Soellner (FU Berlin)
Elmar Giglinger (MTV)
Andreas Gantner (Therapieladen, Berlin)
Roland Simon (Institut für Therapieforschung (IFT, München)
Elisabeth Pott (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA),
Köln)
Wolfgang Lawicki (Bundeswehr)
Oberstaatsanwalt Harald Hans Körner (Frankfurt am Main)
Prof. Lorenz Böllinger (UNI Bremen)
Jens Spahn (CDU MdB)
Prof. Karl-Heinz Reuband (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf)
Das Buch deckt ein breites Themenspektrum ab, von Studien über die Auswirkungen des Cannabis-Konsums über Statistiken und Erfahrungen aus Drogenberatungen, Interviews mit einem Programmdirektor des Musiksenders MTV und mit einem Oberstabsarzt der Bundeswehr bis hin zu Gutachten über den rechtlichen Spielraum, den internationale Abkommen für drogenpolitische Reformen lassen. Zwei der Autoren waren Mitglieder der Drogen- und Suchtkommission der Bundesregierung.
In der Pressemitteilung vom 28. Juli 2004 "Cannabis – Harte Daten für eine sinnvolle Diskussion" betonte die DHS, daß gerade in jüngster Zeit teilweise widersprüchliche oder kaum nachvollziehbare Angaben zum Cannabiskonsum kursieren. Jost Leune, Vorstandsmitglied der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen: "Zu jeder gewünschten Aussage findet sich garantiert irgendwo eine Zahl." Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. gibt anläßlich des Erscheinens ihres Sammelbandes "Cannabis – neue Beiträge zu einer alten Diskussion" eine Übersicht der tatsächlichen Verhältnisse:
Die Lebenszeit-Prävalenz ist keine besonders aussagekräftige, gegenwärtig jedoch eine häufig benutzte Angabe. Sie erfaßt jeden mindestens einmaligen Konsum im gesamten Leben. Hierunter werden also sowohl jene zusammengefaßt, die täglich mehrfach große Mengen konsumieren, als auch jene, die ein einziges Mal in ihrem Leben konsumierten. Die Lebenszeit-Prävalenz Cannabis stieg in Deutschland unter den 12-25-Jährigen zwischen 1993 und 2001 sehr beachtlich von 16% auf 26%. [Die Lebenszeit-Prävalenz Alkohol liegt unter den 12-25-Jährigen bei 92%, die Lebenszeit-Prävalenz Tabak bei 69%.]
Aussagekräftiger ist die 12-Monats-Prävalenz. Sie stieg wesentlich geringer von 11% auf 13% [= 1.529.827 Personen / Gesamtbevölkerung dieser Altersgruppe in 2001: 11.767.900 Personen] Zur Einschätzung der tatsächlichen Situation entscheidender als diese Prävalenzen sind Daten zum aktuell häufigen Konsum. Die europäische ESPAD-Studie (untersucht wurde das Konsumverhalten von Schülern der 9.+10. Jahrgangsstufe in sechs deutschen Bundesländern) stellt zu Cannabis in dieser Altersgruppe eine hohe Lebenszeitprävalenz von 30,6% fest. Mehr als 20-maligen Konsum geben indes 9% der ca. 11.000 Befragten an.
Eine andere Studie ermittelt den gleichen Wert: "Regelmäßiger, d.h. mindestens einmaliger Konsum pro Monat, wurde von 9,4% der Schülerinnen und Schüler in Leipzig und Dresden berichtet [Roth, 2002]." [aus: Europäische Schülerstudie zu Alkohol und anderen Drogen, IFT 2004, S.103]. Das durchschnittliche Alter beim Erstkonsum von Cannabis fiel zwischen 1993 und 2001 von 17,5 auf 16,5 Jahre. [BZgA: Die Drogenaffinität Jugendlicher in der BRD 2001, S. 56 ff.]. Die Konsumraten in den alten und jungen Bundesländern haben sich weitgehend angeglichen, dieselbe Tendenz weisen die Konsumraten von Mädchen und Jungen auf. Die in den vergangenen Jahren insgesamt gestiegenen Raten sind wesentlich auf diese beiden Effekte zurückzuführen. [Das durchschnittliche Alter beim Erstkonsum von Alkohol lag bereits 1997 bei 13,4 Jahren, beim Erstkonsum von Tabak bei 13,9 Jahren. [BZgA 1997] Inzwischen sinken diese Einstiegsalter leicht und kontinuierlich.]
Für die weit überwiegende Mehrzahl aller Konsumenten (> 98%) ist der Cannabiskonsum ein vorübergehendes, an Jugend und jüngeres Erwachsenenalter gebundenes Phänomen. Mit fortschreitenden Lebensjahren (bis vor 40) wird er – in der Regel ohne therapeutische Hilfe – eingestellt. [IFT 2000]
63% der Drogen erfahrenen und 15% der Drogen unerfahrenen Bundesbürger geben an, daß sie Cannabis innerhalb von 24 Stunden leicht beschaffen könnten. Dies sind die mit Abstand höchsten Werte zur Beschaffbarkeit aller illegalen Drogen (Ecstasy: 25,8% bzw. 9,6%) [IFT 2001].
61% der gegenwärtig sichergestellten Haschisch-Proben weisen laut Bundeskriminalamt (BKA) einen seit den 60er Jahren üblichen THC-Gehalt von 0-8% auf. Höhere THC-Gehalte als 18% werden in weniger als 1% aller Proben festgestellt. Die Daten für Cannabis-Kraut sind ähnlich. Gegenüber den Vorjahren zeigen sich laut BKA keine nennenswerten Veränderungen der THC-Gehalte. Die gegenwärtig oft angeführten Züchtungen mit extrem hohen THC-Gehalten sind also extrem selten. Auf die Entwicklung der Konsumentenzahlen werden sie daher kaum Auswirkungen haben.
Insgesamt stellt die DHS fest:
Cannabis ist die meist verbreitete illegale Droge. Sie wird fast ausschließlich von Jugendlichen und jungen Erwachsenen konsumiert. Circa 10% der 16-jährigen Deutschen benutzen gegenwärtig häufiger oder häufig Cannabis. [Zum Vergleich: wöchentlicher Alkoholkonsum bei 16-Jährigen: 37%]. Die Zahl der Konsumenten ist in Deutschland wie in allen europäischen Ländern und USA/Canada steigend. Einstiegsdroge zum Cannabis-Konsum sind Tabak/Zigaretten, die von 88% aller Cannabis-Konsumenten geraucht werden. [Soellner 2000]
Quelle: Pressemitteilung der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V.
(DHS) vom 28. Juli 2004
http://www.dhs-intern.de/pdf/presse_cannabis1.pdf
Cannabis ist kein Modetrend, Cannabis ist Alltag
Neue DHS-Veröffentlichung zur illegalen Droge Nr.
1
Europaweit ist der Suchtmittelkonsum einheitlich und eindeutig. In Verbreitung und gesundheitlichen Schäden halten die legalen Drogen Alkohol und Tabak eine unangefochten dramatische Spitzenposition. Die international am dritthäufigsten konsumierte Droge ist Cannabis. Dabei bleiben unterschiedliche Gesetze und Fahndungspraktiken über Jahrzehnte hinweg ohne feststellbaren Einfluß. Dr. Raphael Gaßmann, Vize-Geschäftsführer der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS):
"Wir hören seit dreißig Jahren dieselben Argumente. Die Konsumzahlen steigen davon unbeeindruckt. Also wollten wir wissen, ob es etwas Neues zu sagen gibt."
Cannabis nimmt unter allen Drogen eine Sonderstellung ein. Von den illegalen Substanzen ist es die einzige, deren Verbreitung bis zur heutigen Jugend- und Alltagsdroge über Jahrzehnte dauerhaft anstieg. Sie ist mit geringem Aufwand zu beschaffen, wird inzwischen wie selbstverständlich auch in der Öffentlichkeit, in Schule, Bundeswehr und Zivildienst konsumiert und hat einen festen Platz in den Medien, vom Vorabendprogramm über MTV bis zum nächtlichen Thriller. Parallel dazu steigen die Behandlungsfälle, entstehen erste spezialisierte Therapieeinrichtungen, wird ein Frühinterventionsprogramm erfolgreich erprobt. In der Schweiz wird Schulprävention für die landesweite Anwendung entwickelt, Großbritannien entschärft die Strafvorschriften, die Niederlande stellen inzwischen niedrigere Verbreitungsraten als die Bundesrepublik fest. Ganz anders in den USA – trotz überzogenen Verfolgungsdrucks ist der Konsum hier besonders hoch.
Die Autoren der DHS-Veröffentlichung "Cannabis – neue Beiträge zu einer alten Diskussion" zeigen bisherige Entwicklungen und Perspektiven. Manch gewohnter Glaubenssatz erscheint dabei in neuem Licht. Am Ende steht fest: Eine glaubwürdige und wirksame Cannabispolitik setzt ideologiefreie Diskussionen voraus. Und sie erfordert eine Zielbestimmung zugunsten möglichst geringer Gesundheitsschäden. Dabei muß zweifelsfrei festgehalten werden:
Ein Beispiel für die verfahrene Situation ist die Herausgabe des Buches selbst. Sie zeigte bemerkenswerte Begleiterscheinungen: Interviewpartner waren nur zu Hintergrundgesprächen bereit, angefragte Autoren erhielten keine Genehmigung zur Mitarbeit, auch ungebundene Experten standen allenfalls unter Pseudonym zur Verfügung. Keine andere drogenpolitische Debatte wird seit Jahrzehnten mit vergleichbarer Vehemenz, ja bisweilen Erbitterung geführt. Die Diskussionen um Drogenkonsumräume, Methadon- oder Heroinvergabe verlaufen vergleichsweise moderat.
So hat das Bundesverfassungsgericht 1994 und 2002 zwei wesentliche Cannabis-Urteile gefällt. Vor nunmehr zehn Jahren"geringe Menge" des Cannabisbesitzes festzulegen, bis zu der von Strafverfahren abgesehen wird. 2002 entschied es, die bisherige Praxis des Führerscheinentzugs bei Nachweis von Cannabiskonsum ohne Zusammenhang mit dem Straßenverkehr sei rechtswidrig. Schon die Forderung, diese letztinstanzlichen Urteile umzusetzen, wagt sich mancher nur vertraulich zu erlauben.
Höchste Zeit für eine neue Politik – der DHS-Band macht es deutlich.
Quelle: Pressemitteilung der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V.
(DHS) vom 28. Juli 2004
http://www.dhs-intern.de/pdf/presse_cannabis3.pdf
Berlin/Hamm, 28. Juli 2004
Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (DHS)
Westring 2, D-59065 Hamm, Postfach 13 69, D-59003 Hamm
Tel. 0 23 81/90 15-0
Fax 0 23 81/90 15-30
http://www.dhs.de
E-Mail: info@dhs.de
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an:
Jost Leune
Geschäftsführer des Fachverbandes Drogen und Rauschmittel e. V.
(FDR)
Tel. 0511 / 1 83 33
E-Mail: mail@FDR-online.info
Raphael Gaßmann
Referent für Grundsatzfragen
Stellv. Geschäftsführer der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen
e. V. (DHS)
Tel. 02381 / 90 15 17
E-Mail: gassmann@dhs.de
Rolf Hüllinghorst
Geschäftsführer der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.
V. (DHS)
Tel. 02381 / 90 15 10
Mobil: 0172 / 274 32 13
Email: huellinghorst@dhs.de
Berlin, den 08. August 2004
Redaktion Webteam Eve & Rave e.V.
Berlin
Index Pressemitteilungen Eve & Rave Berlin News