Eve & Rave e.V. Berlin - Pressemitteilung vom 21. März 2002
Die Meinungen über die Wirkung von Drogen sind sehr unterschiedlich und variieren nicht nur von Mensch zu Mensch, sondern auch von Gegend zu Gegend. Dies wird hier am Beispiel der Meinungen zur "Gesundheitsschädigung durch Alkohol und Haschisch" aufgezeigt. Auch die Meinungen zum Cannabisverbot sind sehr unterschiedlich ausgeprägt. Wie groß diese Unterschiede sind und wie sie sich mit der Zeit verändern wird im Abschnitt "Cannabisverbot - richtig oder falsch?" aufgezeigt. Die Bedeutung der Medien im Prozess der Meinungsbildung und Möglichkeiten auf diesen Prozeß einzuwirken werden im Abschnitt "Erst informieren, dann diskutieren, dann agieren, dann ..." aufgezeigt.
Druckerfreundliche Version (27 KB, 6 Seiten): http://www.eve-rave.net/presse/presse02-03-21.pdf
Gesundheitsschädigung durch Alkohol und Haschisch
Mehr als die Hälfte der Bayern (54%) ist der Meinung, daß Gras und Haschisch für die Gesundheit schädlicher seien als Alkohol; in der Hauptstadt Berlin teilt nicht einmal ein Viertel der Befragten (23%) diese Ansicht. Die Mehrheitsmeinung der Bayern entspricht auch der Ansicht der Mehrheit der Deutschen mit Volksschulbildung (52% bis 53%), der Deutschen die REPs, DVU oder NPD wählen (57%) wie auch der Deutschen, die CDU respektive CSU wählen (53%). Im Gegensatz dazu glaubt nur eine Minderheit von 29% der Deutschen mit Abitur oder Hochschulabschluß, daß Cannabisprodukte schädlicher seien als Alkohol. Von den Deutschen, die Grün wählen, teilt sogar nur jeder Fünfte (20%) diese Ansicht, bei den Wählern der PDS etwa jeder Dritte (34%).
Bei Wählern rechtsradikaler oder rechtskonservativer Parteien wie auch in den Bevölkerungsschichten mit niedrigem Bildungsniveau herrscht mehrheitlich die Meinung vor, daßCannabisprodukte für die Gesundheit schädlicher seien als Alkohol, bei Wählern der Parteien aus der Mitte (SPD, FDP) wie auch in Schichten mit mittlerem Bildungsniveau wird die Schädlichkeit von Cannabisprodukten und Alkohol etwa gleich groß eingeschätzt, bei Wählern der linksgrichteteten PDS und der Grünen wie in Schichten mit hohem Bildungsniveau wird hingegen Alkohol als gefährlicher eingeschätzt als Cannabisprodukte. Dies ist das Ergebnis einer Emnid-Umfrage im Auftrag der Landesarbeitsgemeinschaft Drogen (LAG-Drogen) von Bündnis 90/Die Grünen vom August 2001. Die folgenden zwei Tabellen zeigen die Aufschlüsselung der Antworten auf die Frage zur Zustimmung der Behauptung: "Der Konsum von Hanfkraut oder Haschisch ist gesundheitsschädlicher als der Konsum von Alkohol."
Tabelle I
Zustimmung/Ablehnung: "Der Konsum von Hanfkraut oder Haschisch ist
gesundheitsschädlicher als der Konsum von Alkohol." –
Aufschlüsselung nach Bildungsniveau
|
|
ohne Lehre |
mit Lehre |
Bild. Absch. |
Uni. |
Basis (n=2011) |
2011
|
233
|
755
|
662
|
361
|
(1) stimme voll und ganz zu |
24%
|
36%
|
30%
|
20%
|
12%
|
(2) stimme eher zu |
21%
|
17%
|
22%
|
24%
|
17%
|
(3) stimme eher nicht zu |
23%
|
14%
|
18%
|
27%
|
33%
|
(4) stimme überhaupt nicht zu |
22%
|
20%
|
21%
|
18%
|
31%
|
Top-Two (1+2) |
45%
|
53%
|
52%
|
44%
|
29%
|
Bottom-Two (3+4) |
45%
|
34%
|
39%
|
45%
|
64%
|
Weiß nicht, keine Angabe |
10%
|
13%
|
9%
|
10%
|
8%
|
Tabelle II
Aufschlüsselung nach Parteipräferenz
|
CSU |
|
|
|
NPD |
|
Basis (n=2011) |
556
|
513
|
90
|
107
|
79
|
37
|
(1) stimme voll und ganz zu |
23%
|
30%
|
5%
|
21%
|
19%
|
25%
|
(2) stimme eher zu |
22%
|
23%
|
15%
|
23%
|
15%
|
32%
|
(3) stimme eher nicht zu |
25%
|
20%
|
29%
|
20%
|
42%
|
30%
|
(4) stimme überhaupt nicht zu |
23%
|
19%
|
45%
|
25%
|
14%
|
8%
|
Top-Two (1+2) |
45%
|
53%
|
20%
|
44%
|
34%
|
57%
|
Bottom-Two (3+4) |
48%
|
39%
|
74%
|
46%
|
56%
|
37%
|
Weiß nicht, keine Angabe |
7%
|
8%
|
5%
|
10%
|
10%
|
6%
|
Interessant erscheint hier der Vergleich bezüglich der vorherrschenden Meinung im Jahre 1991 zum Suchtpotential von weichen Drogen (Gras und Haschisch), Nikotin und Alkohol in der schweizerischen Wohnbevölkerung. Gemäß einer repräsentativen Umfrage der Bevölkerung im Alter von 17 bis 70 Jahren glaubten 27%, daß man problemlos oder leicht aufhören könne, Gras oder Haschisch zu rauchen, nachdem man sich an den Konsum der Droge gewöhnt habe. Beim Alkohol hingegen glaubten nur 9%, daß man problemlos oder leicht aufhören könne, ihn zu trinken, nachdem man sich an dessen Konsum gewöhnt habe. Das Abhängigkeitspotential der Droge Alkohol wurde demnach in der Schweiz bereits 1991 wesentlich höher eingeschätzt als dasjenige von Cannabis (Gras oder Haschisch). Das Abhängigkeitspotential von Nikotin wurde höher eingeschätzt als bei Cannabis, jedoch geringer als bei Alkohol, wie die folgende Tabelle III zeigt.
Tabelle III
Die Frage "Ist es einfach aufzuhören, wenn man sich einmal
an eines der folgenden Suchtmittel gewöhnt hat?" wurde in der Schweiz
für die einzelnen Drogen in den folgenden Prozentwerten mit problemlos
oder eher einfach beantwortet.
Droge |
Prozentwert
|
Cannabis |
27%
|
Nikotin |
13%
|
Alkohol |
9%
|
Die Gefährlichkeit von Cannabis, Nikotin und Alkohol wurde in Deutschland signifikant anders eingeschätzt als in der Schweiz.. Wie auf Tabelle IV zu sehen ist, halten rund ein Drittel der Bevölkerung in Deutschland Alkohol und Nikotin nicht für Drogen. Nikotin, das mit ca. 100.000 Toten pro Jahr jede Woche so viele Todesfälle verursacht wie alle illegalen Drogen zusammengenommen, sowie Alkohol, der zu 40.000 Toten pro Jahr führt, werden nur von ca. einem Viertel der Bevölkerung für "gefährlich" gehalten, also von halb so vielen Menschen als bei Cannabis, von dem kein einziger durch Vergiftung bedingter Todesfall bekannt ist:
Tabelle IV
Drogenverständnis und Bewertung von Gefährlichkeit in
Deutschland
1998
|
2000
|
|||
Substanz |
ist Droge
|
ist gefährlich
|
ist Droge
|
ist gefährlich
|
Cannabis |
87%
|
54%
|
81%
|
50%
|
Nikotin |
71%
|
25%
|
68%
|
24%
|
Alkohol |
64%
|
28%
|
61%
|
26%
|
Die Drogenbeauftragte des Landes Berlin, Elfriede Koller, sagte in einem am 16. März 2002 in der Berliner Morgenpost abgedruckten Interview zur Thematik:
"Cannabis wird als Droge immer noch viel zu sehr verharmlost. Hier ist Aufklärung nötig, vor allem auch in der Schule. Gleichzeitig müssen die Eltern besser informiert werden. Viele sind nach wie vor der Meinung, kiffen wäre nicht so schlimm wie beispielsweise Alkoholmißbrauch. Das ist falsch. Diesbezüglich muß sich die Haltung innerhalb der Gesellschaft unbedingt ändern."
Anderer Meinung ist da der Jugendrichter Andreas Müller in Bernau
(Brandenburg). Den Beleg dafür, daß die Gesundheitsgefährdung
durch Cannabis Anfang der 90er Jahre noch überschätzt wurde,
ließ der Jugendrichter durch drei international renommierte Wissenschaftler
an einer Verhandlung am 9. März 2002 erbringen. Zur Hauptverhandlung
hatte er den Leiter des Amsterdamer Drogenforschungsinstituts, Peter Cohen,
den Zürcher Emeritus Ambros Uchtenhagen sowie Dieter Kleiber von der
Freien Universität Berlin als Gutachter geladen. Ihr Tenor: Cannabis-Konsum
schädigt die Volksgesundheit kaum. So schätzte Dieter Kleiber
die von der Droge ausgehenden "gesellschaftlichen Risiken niedriger" ein,
als etwa ein unkontrolliert suchthaften Verzehr von Schokolade.
(Aktenzeichen: 3 Cs 224 Js 36463/01, siehe auch:
http://www.cannabislegal.de/neu/2002-02.htm#2002-02-26-br
und
http://www.cannabislegal.de/neu/index.htm#2002-03-12-bvg
und
http://www.cannabislegal.de/neu/index.htm#2002-03-16-bb )
Cannabisverbot – richtig oder falsch?
Unter dem Titel "Haschisch Paradies – Wie die Schweiz mit weichen Drogen umgeht" berichtete Report Mainz (SWR) am 19. März 2001 über den Umgang mit Haschisch in der Schweiz ( http://www.swr-online.de/report/archiv/sendungen/190301/drogen.html ). In der Sendung wurden u.a. auch die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marion Caspers-Merk (SPD), und Prof. Dieter Kleiber der Freien Universität (FU) Berlin, der im Auftrag der Bundesregierung die Gefahren von Cannabis untersuchte, interviewt. Frau Caspers-Merk erklärte, daß man Cannabis nicht überdramatisieren sollte, doch man dürfe die Risiken, die es gerade für die Jugendliche habe, nicht verschweigen und betonte, daß es mit ihr keine Liberalisierung in Sachen Cannabis geben werde. Auf keinen Fall wolle sie einen freien Handel und einen offenen Konsum dulden und begründete ihre prohibitive Haltung mit Forschungsergebnissen von Untersuchungen zur Cannabisfrage, die die Bundesregierung in Auftrag gegeben habe.
Prof. Kleiber, der federführend diese Untersuchungen durchführte, unterstrich hingegen aufgrund der Ergebnisse seiner Studien die Grundtendenz zu einem liberaleren Umgang mit Cannabis und bezeichnete den Schweizer Weg als durchaus vorbildhaft. Zur Klärung der offenkundigen Widersprüche betreffend der Ausführungen von Frau Caspers-Merk und Prof. Kleiber lud der Therapieladen in Berlin beide zu einer Salonrunde am 20. Juni 2001 in seinen Räumlichkeiten in der Potsdamerstraße ein. Zum Thema „Cannabiskonsum in Deutschland – Der Stand der Dinge“ sprach zuerst Frau Caspers-Merk, die vornehmlich altbekannte Absätze aus verschiedenen bereits veröffentlichten Erklärungen vortrug. Danach sprach Prof. Kleiber vom Stand der Dinge aus seiner Sicht, wobei er wesentliche Erkenntnisse aus seiner Studie "Cannabiskonsum. Entwicklungstendenzen, Konsummuster und Risiken" ( http://www.cannabislegal.de/studien/kleiberstudiezusammen.htm ) erläuterte und verschiedene Kommentare zu seiner Studie zitierte. Dabei zeigte er die offenkundige Widersprüchlichkeit auf, die zwischen dem vom Bundesministerium für Gesundheit veröffentlichten Resümee und den anderen Einschätzungen lag, die in diversen Fachzeitschriften publiziert wurden.
Während Prof. Kleiber seine differenzierten Ausführungen darlegte, tuschelte und kicherte Frau Caspers-Merk mit der Berliner Drogenbeauftragten Elfriede Koller in der Manier ungezogener Sextanerinnen, so daß die Leute in der Sitzreihe hinter ihnen nur mit Mühe den interessanten Erklärungen von Prof. Kleiber folgen konnten. Zu einem inhaltlichen Diskussionsforum nach den Vorträgen waren die beiden Drogenbeauftragten nicht bereit und verabschiedeten sich vorzeitig von der Runde.
Die Lernbereitschaft auf Seiten der regierungsamtlich Beauftragten im Bereich Drogen ist aktuell wie in den letzten Jahren in Deutschland nicht sonderlich groß. Diese Tatsache bedingt ein Informationsdefizit bei den politisch Verantwortlichen. Da die meisten Medien in Deutschland vorzugsweise nur die regierungsamtlichen Meldungen zum Thema Drogen publizieren, jedoch die von unabhängigen Fachleuten angebrachte Kritik oft dem Publikum vorenthalten, herrscht in großen Teilen der Bevölkerung nach wie vor betreffend der Themen Drogen und Drogenpolitik ein erhebliches Informationsdefizit. So ist es nicht verwunderlich, daß die Einschätzungen zu möglichen Wege in der Drogenpolitik in Deutschland repräsentativ anders ausfallen als in der Schweiz, wo wesentlich differenzierter in den Medien über die Drogenproblematik informiert wird als in Deutschland.
Gegenüber der Schweiz ist Deutschland stark rückständig. Dies betrifft nicht nur die Arbeitsmarktpolitik, das Wirtschaftswachstum oder die Integration von Ausländern, sondern vor allem auch die Drogenpolitik. So öffnete in der Schweiz bereits im Juni 1986 die erste Fixerstube ihre Pforten für Opiatabhängige, in Deutschland hingegen erst acht Jahre später im Dezember 1994. Legalisiert seitens des Gesetzgebers wurden Fixerstuben in Deutschland erst mit dem dritten Betäubungsmittelgesetz-Änderungsgesetz im März 2000 ( http://www.eve-rave.net/download.sp?file=aendges3 ). In der Schweiz startete der erste Modellversuch zur ärztlich kontrollierten Heroinabgabe im Januar 1994, in Deutschland acht Jahre später im März 2002. In Sachen Drogenpolitik sind die Eidgenossen einfach fortschrittlicher als ihre nördlichen Nachbarn. Das macht sich auch in der Meinung zur Cannabislegalisierung deutlich bemerkbar. Eine Gleichstellung von Cannabis mit Alkohol und Tabak befürworteten im Jahr 1991 bereits mehr als jeder vierter Schweizer (28%), im Jahr 1994 bereits mehr als jeder Dritte (34%) und im Jahr 2000 bereits jeder Zweite (50%). In der deutschsprachigen Schweiz waren es jeweils ein paar Prozent mehr als in der französisch- und italienischsprachigen Schweiz. In Deutschland lag die Zahl im Jahr 2001 bei 19%.
Zumindest die Entkriminalisierung von Erwerb und Besitz von Cannabisprodukten zum Eigengebrauch befürworteten in der Schweiz 1991 schon 40% der repräsentativ ausgewählten Befragten, 1994 waren es bereits 50% und 2000 waren es 53%. In Deutschland lag die Zahl im Jahr 2001 bei 34%.
Sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland ist die Forderung nach einer Liberalisierung der Cannabispolitik bei der jüngeren Bevölkerung weitaus stärker ausgeprägt als bei der älteren Bevölkerung. Bereits vor zehn Jahren waren in der Schweiz die Mehrheit der unter 30jährigen dafür, den Verkauf und Konsum kleinerer Mengen Haschisch zu tolerieren (62,5% der 17- bis 20jährigen und 55,5% der 21- 30jährigen) und über 37% der unter 30jährigen sprach sich schon damals für den freien Verkauf von Haschisch und Marihuana aus. Die älteren Jahrgänge hielten damals nicht so viel von der Toleranz gegenüber den Kiffern, so wollten 1991 nur 23,5% der über 60jährigen den Verkauf von kleinen Mengen tolerieren und gar nur 14,3% dieser Altersklasse sprach sich für einen freien Verkauf aus.
In den letzten zehn Jahren sind von der älteren repressiv eingestellten Bevölkerungsgruppe viele verstorben und eine junge weniger repressiv eingestellte Generation ist nachgewachsen, so daß im Jahr 2000 nur noch 42,2% der Schweizer für die Beibehaltung des Verbotes von Cannabisprodukten war, wobei der Anteil der Prohibitionisten bei den unter 25jährigen nur noch 37,4% ausmachte, bei den 25- bis 44jährigen 37,9% und bei den über 45jährigen immerhin noch 47,4%. In Deutschland liegt der Anteil der Prohibitionisten immer noch bei erschreckenden 62% und bei der „jungen Generation“ der unter 30jährigen bei 44%.
Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch in Deutschland die Prohibitionisten in der Minderheit sein werden, doch wird dies etwas länger dauern als in der Schweiz, da das Ausmaß an Opportunismus im Bereich Drogenpolitik in Deutschland stärker ausgeprägt zu sein scheint als in der Schweiz.
Datenquellen Schweiz: 1991: Meinungsforschungsinstitut
IPSO Zürich/Genf, Umfrage 7. - 25. Oktober 1991 (n = 1004, 17- bis
70jährige Personen); 1994: IPSO-Sozialforschung (n = 1202, 17- bis
70jährige Personen); 2001: Schweizerische Fachstelle für Alkohol-
und andere Drogenprobleme (SFA), Umfrage vom November 2000 (n = 1600, 15-
bis 74jährige Personen) ( http://www.eve-rave.net/download.sp?file=bericht103 ); Datenquelle Deutschland: 2001: Emnid-Umfrage 13. - 16. August 2001 (n
= 2011, 14- bis 70+jährige Personen).
Erst informieren, dann diskutieren, dann agieren, dann ...
Amtlich = richtig? Diese Frage hat Eve & Rave Berlin zu einem Analysenschwerpunkt für das Jahr 2002 erklärt. In diesem Kontext soll aufgezeigt werden, welche Auswirkungen falsche Informationen von Amtspersonen haben können.
Am 14. und 15. Dezember 2001 besuchte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Frau Marion Caspers-Merk (SPD) auf Einladung von Bundesrätin Ruth Dreifuss die Schweiz und führte mit der Politikerin aus der Schweiz intensive Gespräche über Drogenpolitik. Dabei erklärte Frau Caspers-Merk, wie in der Pressemitteilung Nr. 25 vom 21. Dezember 2001 ( http://www.bmgesundheit.de/themen/drogen/pm/211201.htm ) nachzulesen ist, daß bezüglich Besitzes geringer Mengen Cannabis in Deutschland klare rechtliche Regelungen bestünden, daß § 31 des Betäubungsmittelgesetzes Straffreiheit bei Besitz geringer Mengen von Betäubungsmitteln ermögliche und in allen Bundesländern werde die Menge von zehn Gramm Cannabis als geringe Menge angesehen.
Daß diese Aussage der Bundesdrogenbeauftragten falsch ist, weiß nicht nur jeder Kiffer, der in der Szene verkehrt, sondern das kann man auch immer wieder in diversen Tages- und Wochenzeitungen nachlesen. So betonte anläßlich eines Besuches bei der Bamberger CSU der Staatssekretär im Bayerischen Innenministerium, Hermann Regensburger, daß in Bayern jede Art des Drogenbesitzes geahndet werde und beklagte sich, daß vor allem in rot und grün regierten Bundesländern der Besitz und Konsum von weichen Drogen verharmlost werde und die Polizei und Justiz erst eingreife, wenn ein Konsument mehr als z.B. fünf Gramm Haschisch besitze (Fränkischer Tag vom 9 Februar 2002). Oder beispielsweise konnte man am 16. März 2002 in diversen Tageszeitungen nachlesen, daß in Brandenburg statt bisher drei nun sechs Gramm Cannabis toleriert werden. Der Generalstaatsanwalt des Landes Brandenburg, Erardo Rautenberg, teilte diese Neuerung am 15. März 2002 den Anklagebehörden mit und der leitende Oberstaatsanwalt Rolf Grünebaum erklärte, daß in Brandenburg klargestellt wurde, daß fortan bis zu sechs Gramm Cannabis als straffreie "geringe Menge" zu behandeln seien. Die plötzliche Erhöhung der "geringen Menge" in Brandenburg hatte ausschließlich den Zweck, eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes in Sachen Gleichheitsgebot des Grundgesetzes bezüglich einer einheitlichen Regelung der "geringen Mengen" in den verschiedenen Bundesländern zu verhindern. Mehr dazu siehe: http://www.cannabislegal.de/neu/index.htm#2002-03-16-bb
Die oben bezeichnete Presseerklärung aus dem Bundesministerium
für Gesundheit offenbart nicht nur, da die Bundesdrogenbeauftragte
die Regierung in der Schweiz falsch informierte, sondern, daß man
in diesem Ministerium eine Irreführung der Bevölkerung wie eine
Selbstverständlichkeit hinnimmt und auf eine Korrektur und Entschuldigung
verzichtet. Hierbei ist anzumerken, daß gemäß eigenen
Angaben, alle Schriftstücke in Sachen Drogen und Sucht über
den Schreibtisch des Leiters der Arbeitsgruppe Drogen und Sucht im Bundesministerium
für Gesundheit, Martin Köhler, wandern, das heißt, daß
kein Schriftstück veröffentlicht wird, das nicht zuvor von dem
Volljuristen Köhler abgesegnet wurde. Dies war auch schon so, als
Christa Nickels (Bündnis 90/Die Grünen) Bundesdrogenbeauftragte
war und auch damals verließen Schriftstücke mit falschen Angaben
das Gesundheitsministerium. Beispielhaft sei hier auf die Antwort der
Bundesregierung auf die kleine Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
vom 4. Januar 2000 zum Thema Gesundheitsschädigungen durch Ecstasy
(MDMA) und Konsequenzen für Drogenforschung und -prävention
hingewiesen. Mehr dazu siehe:
http://www.eve-rave.net/download.sp?file=bt_drs_14_2392
und auf Seiten 30 bis 37 des Tätigkeitsberichtes 2000 von Eve
& Rave:
http://www.eve-rave.net/download.sp?file=bericht_2000
Im Gegensatz zum Vorfall im Januar 2000, wo die Bundesregierung mit falschen Angaben das Parlament täuschte, werden durch die falschen Angaben in der oben bezeichneten Presseerklärung in erster Linie Cannabisgebraucher getäuscht und in die Irre geführt. Kiffer, die sich auf die Angaben der regierungsamtlichen Erklärung verlassen, riskieren in verschiedenen Bundesländern, auch wenn sie weniger als die amtlich als "geringe Menge" bezeichneten zehn Gramm Haschisch besitzen, von einem Gericht verurteilt zu werden. Die Verurteilten müssen außer der verhängten Strafe, die mehrere Hundert Euro betragen kann, auch noch die Anwaltskosten bezahlen.
Wenn die Bundesdrogenbeauftragte durch falsche Angabe Menschen zu einem strafbewerten Verhalten verleitet, trägt sie Mitschuld an diesem Verhalten. Darum haben gemäß allgemeiner Rechtslogik Kiffer, die wegen Besitzes von weniger als zehn Gramm Haschisch verurteilt wurden, Anspruch auf Schadensersatz. Auf jeden Fall scheint es nicht abwegig zu sein, die Bundesdrogenbeauftragte und den mitverantwortlichen Leiter des Büros für Drogen und Sucht im Bundesministerium für Gesundheit in diesen Fällen für den erlittenen Schaden auf Regreß zu verklagen.
Mehr Aufmerksamkeit und Konzentration seitens der Drogenbeauftragten
der Bundesregierung bei Veranstaltungen wie der oben bezeichneten Salonrunde
hätten dieselbe vor solch absurden Behauptungen betreffend der rechtlichen
Handhabung der "geringen Menge" bewahrt. Mehr Teilnahme an Gesprächsrunden
hätten ihr sicherlich auch nicht den Spitznamen eingebracht, den sie
heute in Kreisen szeneintegrierter Drogenberater und drogenpolitisch engagierter
Aktivisten inne hat: Kasperle-Merk-Nix. Mehr zu Marion Caspers-Merk
kann man auf der "mcm-fan-page" nachlesen:
http://www.cannabislegal.de/politik/mcm.htm
In Sachen Drogen sind amtliche Quellen in Deutschland offensichtlich
nicht immer gerade sehr zuverlässig und darum empfiehlt es sich,
sich an anderen Stellen zu informieren. Die rechtsgültigen Gesetzestexte
(Betäubungsmittelgesetz mit Anhängen, Änderungsgesetze,
Änderungsverordnungen, Betäubungsmittelverschreibungsverordnung)
findet man unter:
http://www.eve-rave.net/abfahrer/download.sp?cat=5
Studien zum Thema findet man unter:
http://www.cannabislegal.de/studien/index.htm
http://www.archido.de/elektronische_doku.htm
http://www.eve-rave.net/abfahrer/download.sp
Aktuelle Meldungen (auch als Newsletter) zum Thema findet man unter:
http://www.cannabislegal.de/neu/index.htm
http://www.dopeamsonntag.de
Zum Thema Drogenpolitik lohnt sich auch ein Blick auf:
http://www.drogenpolitik.org/
http://www.rzuser.uni-heidelberg.de/~clabudda/drogen/politik.html
http://www.sinnflut.de/akzept/
http://www.akzept-ost.de/
http://www.eve-rave.net/abfahrer/webdirectory.sp?cid=7
Alle, die sich nicht nur informieren, sondern auch agieren wollen, sei
hier die Unterstützung der bundesweiten Cannabiskampagne anempfohlen.
Mehr dazu siehe unter:
http://www.diecannabiskampagne.de
Auch die Unterstützung der Kampagne "Drug Amnesty 2002" kann politisch
auf längere Sicht sicherlich etwas bewirken. Mehr dazu siehe unter:
http://homepages.compuserve.de/akzepto/drugamnestie.html
Berlin, den 21. März 2002
Redaktion Webteam Eve & Rave e.V. Berlin
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