Entwurf einer Entschließung des
Europäischen Rates über Cannabis
 
 

Redaktion Webteam www.eve-rave.net Berlin
Pressemitteilung vom 9. August 2004 zur geplanten Internetzensur
 
Die Verbreitung von Informationen zum Anbau und zum Genuß von Cannabis im Internet soll verboten werden! Eine Arbeitsgruppe der EU, die Horizontal Working Group [Horizontale Gruppe "Drogen"], ist der Meinung, daß der Krieg gegen Drogen nur mit weiteren neuen Verboten gewonnen werden kann. Konsequenterweise setzt man gleich an der Wurzel an und möchte die Verbreitung von Informationen zum Anbau und zum Genuß von Cannabis im Internet verbieten.


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http://www.eve-rave.net/presse/presse04-08-09.pdf


Vor dem Hintergrund der 2548. Tagung des Rates der Europäischen Union (EU) – Justiz und Inneres – am 27./28. November 2003 in Brüssel soll die Repression gegen Drogen in der EU ausgeweitet werden [siehe Anlage I dieser Pressemitteilung] und hierfür empfiehlt die
Horizontal Working Group [Horizontale Gruppe "Drogen"] dem Rat der Europäischen Union, diesbezüglich auch die Verbreitung von Informationen über den Anbau und den Genuß von Cannabis zu verbieten. Die Horizontale Gruppe "Drogen" hat in ihrer Sitzung vom 6. Juli 2004 Einvernehmen über den als Anlage II dieser Pressemitteilung beigefügten Entwurf einer Entschließung des Rates über Cannabis erzielt. Der Ausschuß der Ständigen Vertreter wird daher ersucht, dem Rat zu empfehlen, er möge den in der Anlage [Anlage II dieser Pressemitteilung] enthaltenen Entwurf annehmen.

Die vom Ausschuß der Ständigen Vertreter (AStV) der Mitgliedstaaten bei der Europäischen Union im Februar 1997 eingesetzte Horizontale Gruppe "Drogen" koordiniert bereichs- und säulenübergreifend die vom Rat beschlossenen Drogenbekämpfungsmaßnahmen und hat dem AStV hierüber Bericht zu erstatten. Seit 1999 betreut sie die Zusammenarbeit mit Drittländern auf diesem Gebiet. [Vergleiche hierzu auch die Kompetenzverteilung in der Drogenpolitik innerhalb der EU: Europäische Kommission (2002): Rahmen und Instrumente der Europäischen Union im Drogenbereich; Luxemburg: Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften; ISBN 92-894-1925-3]
http://europa.eu.int/comm/justice_home/doc_centre/drugs/studies/doc/cadre_instruments/index_de.pdf
 


Rahmenbeschluß betreffend den illegalen Handel mit Drogen

Im Rahmenbeschluß betreffend den illegalen Handel mit Drogen vom 27. und 28. November 2003 vereinbarten die Vertreter der Regierungen der Länder der Europäischen Union, daß sie Rechtsverletzungen im Zusammenhang mit Drogen möglichst einheitlich in der ganzen EU mit Sanktionen belegen wollen, die nicht nur wirksam und angemessen sein sollen, sondern zudem auch abschreckend wirken sollen. Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland war an der Tagung durch den Bundesminister des Innern Otto Schily, die Regierung der Republik Österreich durch den Bundesminister des Innern Ernst Strasser vertreten. Vergleiche hierzu den Anhang I dieser Pressemitteilung.

Der Beschluß beinhaltet insbesondere Kontrollmaßnahmen und strafrechtliche Sanktionen im Zusammenhang mit den neuen synthetischen Drogen 2C-I, 2C-T-2, 2C-T-7 und TMA-2. Gemäß Artikel 4 Absatz 3 der Gemeinsamen Maßnahme 97/396/JI wurden auf der Tagung unter der Federführung des Wissenschaftlichen Ausschusses der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht [EMCDDA] Berichte zur Bewertung der Risiken im Zusammenhang mit den genannten Substanzen erstellt. Hierbei handelt es sich um Amphetaminderivate mit strukturellen Eigenschaften der Phenethylamine, denen eine halluzinogene und stimulierende Wirkung zugesprochen wird. In der Gemeinschaft sind im Zusammenhang mit 2C-I, 2C-T-2, 2C-T-7 und TMA-2 keine Vergiftungsfälle mit tödlichem oder nichttödlichem Ausgang bekannt. 2C-I, 2C-T-2, 2C-T-7 oder TMA-2 sind jedoch halluzinogene Drogen, die die potentiellen Risiken anderer halluzinogener Stoffe, z.B. 2C-B, DOB, TMA und DOM, beinhalten, die bereits in Anhang I bzw. Anhang II des UN-Übereinkommens von 1971 über psychotrope Stoffe aufgeführt sind. Das Risiko einer akuten oder chronischen Toxizität beim Menschen kann daher nicht ausgeschlossen werden. 2C-I, 2C-T-2, 2C-T-7 und TMA-2 sind zum jetzigen Zeitpunkt in keinem der Anhänge des UN-Übereinkommens von 1971 über psychotrope Stoffe aufgeführt.

Gestützt auf vier Risikobewertungsberichte über TMA-2, 2C-I, 2C-T-2 bzw. 2C-T-7 kam die Europäische Kommission noch am 13. Mai 2003 zu dem Schluß, daß es nicht notwendig sei, für diese vier Stoffe vorzuschlagen, sie Kontrollmaßnahmen und strafrechtlichen Sanktionen zu unterwerfen. Sie werde allerdings die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD) und Europol auffordern, Trends beim Freizeitkonsum dieser Stoffe im Rahmen des in der gemeinsamen Maßnahme vorgesehenen Frühwarnsystems weiterhin zu überwachen und die Horizontale Gruppe "Drogen" in Kenntnis zu setzen, wenn neue Aspekte, insbesondere Hinweise auf eine Bedrohung der öffentlichen Gesundheit oder ein soziales Risiko, festgestellt werden. Der Rat hat in seinem Beschluß vom 27. November 2003 somit gegen die Empfehlung der Kommission entschieden.

[Quelle: Bulletin EU 5-2003 – Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (17/18) / Bereich: Drogenbekämpfung: 1.4.17. Bericht der Kommission an den Rat über TMA-2, 2C-I, 2C-T-2 und 2C-T-7 gemäß der gemeinsamen Maßnahme betreffend neue synthetische Drogen (97/396/JI). Bezug: Gemeinsame Maßnahme 97/396/JI – vom Rat aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union angenommen – betreffend den Informationsaustausch, die Risikobewertung und die Kontrolle bei neuen synthetischen Drogen – ABl. L 167 vom 25.6.1997 und Bull. 6-1997, Ziff. 1.5.11]
http://europa.eu.int/abc/doc/off/bull/de/200305/p104017.htm
Report on the risk assessment of TMA-2 in the framework of the joint action on new synthetic drugs 21 June, 2004
http://www.emcdda.eu.int/index.cfm?fuseaction=public.AttachmentDownload&nNodeID=2813&slanguageISO=EN
Report on the risk assessment of 2C-I, 2C-T-2 and 2C-T-7 in the framework of the joint action on new synthetic drugs 21 June, 2004
http://www.emcdda.eu.int/index.cfm?fuseaction=public.AttachmentDownload&nNodeID=2816&slanguageISO=EN

In Deutschland wurde 2C-T-2 bereits lange Zeit zuvor mit der 12. Betäubungsmittelrechts-Änderungsverordnung (12. BtMÄndV) vom 7. Oktober 1998 verboten, TMA-2 und 2C-I dann mit der 13. BtMÄndV vom 24. September 1999 und 2C-T-7 schließlich mit der 15. BtMÄndV vom 19. Juni 2001. Deutschland spielte somit bei der Verbotspolitik eine absolute Vorreiterrolle.
 
 

Entwurf einer Entschließung des Rates über Cannabis

Die Horizontal Working Group [Horizontale Gruppe "Drogen"] hat am 7. Juli 2004 dem Rat der Europäischen Union einen Entwurf für eine Entschließung über Cannabis vorgelegt, in der in Punkt 8 die Sorge über mögliche Auswirkungen des gestiegenen Cannabiskonsums von sehr jungen Menschen auf lebenswichtige soziale und kognitive Fähigkeiten wie Konzentration und Aufmerksamkeit zum Ausdruck gebracht wird. Auch die Sorge bezüglich der Fähigkeit von Cannabiskonsumenten, Informationen aufzunehmen und zu filtern, wird in diesem Abschnitt thematisiert. In Punkt 14 folgt dann ein Ersuchen an die Mitgliedstaaten, neue und laufende Forschungsaktivitäten im Bereich Cannabis, insbesondere in Bezug auf Abhängigkeit und Gesundheitsrisiken, zu fördern.Bei genauerer Betrachtung des Entwurfes für die Entschließung des Rates über Cannabis kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß der Horizontal Working Group gewisse kognitive Fähigkeiten völlig abhanden gekommen sind, insbesondere die Fähigkeit, Informationen aus der vorhandenen Fachliteratur (Studien) aufzunehmen und zu filtern. Der Entwurf vermittelt den Eindruck, als hätte die Horizontal Working Group noch nie eine der vielen Studien zum Thema aufmerksam und konzentriert durchgearbeitet, in denen nicht selten die einmütige Schlußfolgerung gezogen wird, daß das Gefahrenpotential von Cannabis überschätzt worden sei und die gegebenen repressiven Maßnahmen übermäßig seien und in keinem vernünftigen Verhältnis zum real existierenden Gefahrenpotential stünden. Die Horizontal Working Group ignoriert einfach den gegebenen Stand der Wissenschaft und versucht – im Widerspruch zur aktuellen Erkenntnislage, die durch zahlreiche Evaluationen gewonnen wurde – den Rat der Europäischen Union zu weiteren prohibitiven Maßnahmen zu bewegen, obwohl bekannt ist, daß solche Maßnahmen einer Problemlösung nicht im geringsten dienlich sind. Vergleiche hierzu unsere Pressemitteilung vom 8. August 2004. Der Text des Entwurfes für eine Entschließung des Rates über Cannabis ist in Anlage II weiter unten im vollen Wortlaut wiedergegeben.http://www.eve-rave.net/presse/presse04-08-08.html


Internetzensur

Geradezu abenteuerlich liest sich der Punkt 21 der Entschließung, indem vorgeschlagen wird, daß die Mitgliedstaaten, im Einklang mit ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften, Maßnahmen gegen Websites erwägen sollen, die Informationen zum Anbau von Cannabis verbreiten und zum Konsum von Cannabis anregen. Die Horizontal Working Group will also verhindern, daß die Bürgerinnen und Bürger in der EU Informationen erhalten, wo und wie in der Welt, beispielsweise in Marokko, im Libanon, in Afghanistan, in Kaschmir, in Indien, in den USA oder in den Niederlanden Cannabis angebaut wird und wie Kleingärtner mitten in der EU ihre Pflanzen hegen und pflegen. Zudem will die Horizontal Working Group alle Texte aus dem Internet verbannen, die "zum Konsum von Cannabis anregen". Anscheinend ist der Horizontal Working Group nicht bewußt, daß kaum ein Cannabiskonsument durch das Internet zum Konsum angeregt wurde, wie diverse Studien zeigen – nur werbewirksam groß angelegte Kampagnen (die inzwischen auch über eine Internetpräsenz verfügen) wie "Keine Macht den Drogen" haben nachweislich Menschen zum Konsum von illegalisierten Drogen angeregt.

Die Horizontal Working Group sollte zur Verbesserung ihrer Arbeit in Erwägung ziehen, die gegebene wissenschaftliche Literatur aufmerksam und konzentriert zu studieren, damit sie ein besseres Verständnis der dem Cannabiskonsum zugrundeliegenden Ursachen erlangen kann. Zudem sollte sie darauf achten, daß die gemachten Vorschläge auf Tatsachen basieren und Inhalte vermeiden, die weder mit der Lebensweise und den Erfahrungen der Zielgruppe noch mit den Ergebnissen der bekanntesten wissenschaftlichen Studien in Einklang stehen. In der vorliegenden Fassung sind jedenfalls die im Entwurf für eine Entschließung über Cannabis gemachten Vorschläge für präventive Maßnahmen mehrheitlich als völlig nutzlos und einige sogar als absolut kontraproduktiv einzustufen.

In Anlage II dieser Pressemitteilung ist der Text des Entwurfes für eine Entschließung des Rates über Cannabis im vollen Wortlaut wiedergegeben.
 


 
 

Anlage I

2.548. Tagung des Rates – Justiz und Inneres – am 27./28. November 2003 in Brüssel

Rahmenbeschluß betreffend den illegalen Handel mit Drogen

Der Rat nahm zur Kenntnis, daß einige Delegationen Parlamentsvorbehalte haben; er erzielte eine Einigung über den Rahmenbeschluß zur Festlegung von Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen und die Strafen im Bereich des illegalen Handels mit Drogen. Die Anhörung des Europäischen Parlaments erfolgt jetzt.

Die vereinbarte Textfassung enthält eine neue Festlegung in Bezug auf Sanktionen und regelt die Berichte, welche die Kommission über die Durchführung des Rahmenbeschlusses zu unterbreiten hat. Was die Sanktionen anbelangt, so trifft jeder Mitgliedstaat die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, daß die im Rahmenbeschluß definierten Rechtsverletzungen mit wirksamen, angemessenen und abschreckenden strafrechtlichen Sanktionen bedroht sind.

Gemäß dem vereinbarten Text werden folgende vorsätzliche Handlungen unter Strafe gestellt, wenn sie ohne entsprechende Berechtigung vorgenommen wurden:

Die genannten Handlungen fallen nicht unter den Anwendungsbereich dieses Rahmenbeschlusses, wenn die Täter sie ausschließlich für ihren persönlichen Konsum im Sinne des nationalen Rechts begangen haben.Aufgrund des Subsidiaritätsprinzips sollten sich die Maßnahmen der Europäischen Union auf die schwersten Arten von Drogendelikten konzentrieren. Daß bestimmte Verhaltensweisen in Bezug auf den persönlichen Konsum aus dem Anwendungsbereich dieses Rahmenbeschlusses ausgenommen sind, stellt keine Leitlinie des Rates dafür dar, wie die Mitgliedstaaten diese anderen Fälle im Rahmen der nationalen Rechtsvorschriften regeln sollten. Die von den Mitgliedstaaten vorgesehenen Strafen müssen wirksam, angemessen und abschreckend sein und Freiheitsstrafen einschließen. Bei der Bestimmung des Strafmaßes sollten Sachverhalte, wie Menge und Art der gehandelten Drogen, und die Frage, ob die Straftat im Rahmen einer kriminellen Vereinigung begangen wurde, berücksichtigt werden.

Den Mitgliedstaaten sollte es ermöglicht werden, mildere Strafen für den Fall vorzusehen, daß der Straftäter den zuständigen Behörden sachdienliche Hinweise gibt.

Die Notwendigkeit von Rechtsetzungsmaßnahmen im Bereich der Bekämpfung des illegalen Drogenhandels wird insbesondere anerkannt in dem vom Rat (Justiz und Inneres) am 3. Dezember 1998 in Wien angenommenen Aktionsplan des Rates und der Kommission zur bestmöglichen Umsetzung der Bestimmungen des Amsterdamer Vertrags über den Aufbau eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts [ABl. C 19 vom 23.1.1999, S. 1.], in den Schlußfolgerungen des Europäischen Rates von Tampere (15. und 16. Oktober 1999), insbesondere Nummer 48, in der vom Europäischen Rat in Helsinki (10.-12. Dezember 1999) gebilligten Europäischen Strategie zur Drogenbekämpfung (2000-2004) und in dem vom Europäischen Rat in Santa Maria da Feira (19. und 20. Juni 2000) gebilligten Aktionsplan der Europäischen Union zur Drogenbekämpfung (2000-2004).

[Im Original Seite 6 f.]


 

Ohne Aussprache angenommene Punkte

[...]

Drogen – Entschließung des Rates

Der Rat verabschiedete die Entschließung über die Bedeutung der Rolle der Familien bei der Prävention des Drogenmißbrauchs bei Jugendlichen [10948/5/03], die Entschließung zur Entsendung von Verbindungsbeamten, die Experten in Drogenfragen sind, nach Albanien [11051/6/03] und die Entschließung über die Bekämpfung des Konsums psychoaktiver Substanzen in Verbindung mit Verkehrsunfällen [11143/4/03].
 
 

Neue synthetische Drogen

Der Rat nahm den Beschluß über Kontrollmaßnahmen und strafrechtliche Sanktionen im Zusammenhang mit den neuen synthetischen Drogen [13545/03] an. Die Mitgliedstaaten ergreifen gemäß ihrem nationalem Recht die Maßnahmen, die erforderlich sind, um diese neuen synthetischen Drogen den Kontrollmaßnahmen und strafrechtlichen Sanktionen zu unterwerfen, die in ihren Rechtsvorschriften vorgesehen sind, mit denen sie ihren Verpflichtungen im Rahmen des Übereinkommens der Vereinten Nationen von 1971 über psychotrope Stoffe nachkommen.

[Im Original Seite 32]


 

Verweise
 

[14995/03]  
Titel: 2.548. Tagung des Rates – Justiz und Inneres – am 27./28. November 2003 in Brüssel
Datum: 28/11/2003
Ort: Brüssel
Pressemeldung Nr.: 334
Geschäftszeichen: 14995/03
Bereich: Justiz und Inneres
Für weitere Auskünfte: 0032 - 2 - 285 95 48 und 0032 - 2 - 285 63 19
URL: http://www.eve-rave.net/abfahrer/download/eve-rave/btm272.pdf

 
 

[13545/03]  
Titel: Beschluß 2003/847/JI des Rates vom 27. November 2003 über Kontrollmaßnahmen und strafrechtliche Sanktionen im Zusammenhang mit den neuen synthetischen Drogen 2C-I, 2C-T-2, 2C-T-7 und TMA-2
Datum: 27/11/2003
Ort: Brüssel
Geschäftszeichen: ST13545/03ORI
Bereich: Drogen
Veröffentlicht: Amtsblatt der Europäischen Union:  ABl. L 321 Nr.64 vom 6.12.2003, S.1 f.
URL: http://www.eve-rave.net/abfahrer/download/eve-rave/btm271.pdf

 
 

Anlage II

Entwurf einer Entschließung des Rates über Cannabis

1. Die Horizontale Gruppe "Drogen" hat in ihrer Sitzung vom 6. Juli 2004 Einvernehmen über den als Anlage beigefügten Entwurf einer Entschließung des Rates über Cannabis erzielt.


2.  Der Ausschuß der Ständigen Vertreter wird daher ersucht, dem Rat zu empfehlen, er möge den in der Anlage enthaltenen Entwurf annehmen.

  Entschließung des Rates über Cannabis [Entwurf]:

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

1. unter Hinweis auf die Drogenstrategie der Europäischen Union 2000-2004 und den Drogenaktionsplan 2000-2004 sowie das Papier zur Durchführung von Maßnahmen zur Nachfrage- und Angebotsreduzierung im Rahmen der Umsetzung des EU-Drogenaktionsplans, insbesondere auf Abschnitt 14.1;


2. in Kenntnis der Fortschritte, die bei der Umsetzung der Strategie und des Aktionsplans gemacht worden sind, und in dem Bewußtsein, daß noch vieles zu tun ist, um die Ziele zu erreichen;


3. in Kenntnis der Tatsache, daß Cannabis hinsichtlich der Menge, der Zahl der Sicherstellungen und der Drogenstraftaten, die in der Europäischen Union verzeichnet werden, an erster Stelle steht,


4. besorgt über die Rolle, die die organisierte Kriminalität bei dem in großem Umfang betriebenen Cannabisschmuggel in die Europäische Union und innerhalb der Europäischen Union spielt;


5. in Kenntnis dessen, daß Cannabis weiterhin der am meisten konsumierte illegale Suchtstoff in allen Mitgliedstaaten ist und daß der Cannabiskonsum in den meisten Ländern der Europäischen Union insbesondere unter Jugendlichen steigt;


6. besorgt über den Wandel des Konsumverhaltens hin zu einem häufigeren und regelmäßigeren Konsum und desgleichen besorgt über die stetige Zunahme des Therapiebedarfs im Zusammenhang mit Cannabis;


7. besorgt darüber, daß bei in Europa sichergestelltem Cannabis ein sehr hoher Gehalt an THC (Tetrahydrocannabinol) festgestellt wurde, und aufgrund der Erwägung, daß die Auswirkungen dieses erhöhten THC-Gehalts auf die Gesundheit untersucht werden müssen;


8. in Kenntnis dessen, daß trotz der Fortschritte in der Cannabisforschung in den letzten zehn Jahren noch weitere Forschung erforderlich ist, um größere Erkenntnisse über die Auswirkungen von Cannabis auf das Gehirn gewinnen zu können, und besorgt über die möglichen Auswirkungen des gestiegenen Cannabiskonsums von sehr jungen Menschen auf lebenswichtige soziale und kognitive Fähigkeiten wie Konzentration und Aufmerksamkeit sowie die Fähigkeit, Informationen aufzunehmen und zu filtern, sowie besorgt über Zusammenhänge zwischen Cannabiskonsum und psychischen Problemen wie Angst und Depression;


9.  besorgt darüber, daß das Bewußtsein für das Risiko einer Schädigung durch Cannabiskonsum bei Jugendlichen möglicherweise sinkt –

EMPFIEHLT HIERMIT

10.  den Mitgliedstaaten – durch die Leiter ihrer nationalen Europol-Stellen – und Europol, im Rahmen der verfügbaren Mittel die Einrichtung einer Analysearbeitsdatei für die Sammlung, Analyse und Verbreitung kriminalpolizeilicher Erkenntnisse über den internationalen organisierten Cannabishandel im Rahmen von Strafverfolgungsmaßnahmen auf der Ebene der Europäischen Union zu prüfen;


11.  den Mitgliedstaaten und Europol, die Einsetzung von gemeinsamen Ermittlungsgruppen mit dem Ziel zu prüfen, kriminelle Organisationen, die Cannabishandel und -verteilung in großem Umfang betreiben, zu zerschlagen und zu diesem Zweck die erforderlichen Kapazitäten im Bereich der Strafverfolgung bereitzustellen;


12.  der EBDD, im Rahmen ihres Arbeitsprogramms die Situation in Bezug auf den Cannabiskonsum weiterhin zu beobachten und epidemiologische und andere einschlägige Informationen über Konsumverhalten zu analysieren und dabei u.a. zu untersuchen, wie sich Veränderungen bei jenen, die Cannabis häufig und/oder in hohen Dosen konsumieren, auf die Zahl der Menschen niederschlagen, die mit Problemen zu kämpfen haben und/oder abhängig werden, und auch die Voraussetzungen für wirksame Prävention und Therapie und Beispiele bewährter Praktiken einzubeziehen sowie die Ausarbeitung einer wissenschaftlichen Monographie in Betracht zu ziehen, die Informationen für die politische Diskussion bereitstellt;

ERSUCHT

13.  die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten, in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen der Union und den Cannabis erzeugenden Regionen zu verbessern, um die Bemühungen der Union, die alternative Entwicklung zu unterstützen, zu verstärken und die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des Cannabisschmuggels aus diesen Regionen in die Union zu fördern;


14.  die Europäische Kommission ausdrücklich, die Cannabisforschung soweit als möglich in die Aktivitäten des Rahmenprogramms im Bereich der Forschung, technologischen Entwicklung und Demonstration einzubeziehen, und ersucht desgleichen die Mitgliedstaaten, neue und laufende Forschungsaktivitäten im Bereich Cannabis, insbesondere in Bezug auf Abhängigkeit und Gesundheitsrisiken, zu fördern;


15. die Mitgliedstaaten, ihre Strategien und Maßnahmen zur Nachfragereduzierung zu verbessern, und die wesentliche Rolle von lokalen Gemeinschaften bei dieser Arbeit anzuerkennen, indem sie Maßnahmen treffen, damit den Jugendlichen die mit dem Cannabiskonsum verbundenen gesundheitlichen und sozialen Risiken bewußt gemacht werden;


16. die Mitgliedstaaten, bei ihren Forschungs- und Präventionsmaßnahmen Maßnahmen zur Verbesserung der Kommunikation mit Cannabiskonsumenten, insbesondere mit sehr jungen Konsumenten, in Erwägung zu ziehen, damit ein besseres Verständnis der dem Cannabiskonsum zugrundeliegenden Ursachen erlangt werden kann, und darauf zu achten, daß die Präventionsmaßnahmen an bestimmte Zielgruppen gerichtet sind, auf Tatsachen basieren und Inhalte vermeiden, die nicht mit der Lebensweise und den Erfahrungen der Zielgruppe in Einklang stehen;


17. die Mitgliedstaaten, Maßnahmen z.B. zur Information und Schulung von Eltern, Lehrern, Angehörigen der Medienberufe, Gefängnispersonal und Polizeibeamten über die mit dem Cannabiskonsum verbundenen gesundheitlichen und sozialen Risiken in Erwägung zu ziehen;


18. die Mitgliedstaaten, den Aufbau von Verbindungsnetzen zwischen den Angehörigen der Gesundheitsberufe und der Lehrberufe im Hinblick auf Themen im Zusammenhang mit Cannabis, insbesondere Prävention, Früherkennung und Vorgehensweisen sowie Therapien, zu fördern und so den Austausch von Informationen und Erfahrungen mit bewährten Praktiken zu unterstützen;


19. die Mitgliedstaaten der Verbreitung von Cannabis in Haftanstalten und Gefängnissen entgegenzuwirken;


20.  die Mitgliedstaaten, Maßnahmen gegen den Anbau und den illegalen Handel mit Cannabis innerhalb der Union zu treffen;


21. die Mitgliedstaaten, im Einklang mit ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften Maßnahmen gegen Websites zu erwägen, die Informationen zum Anbau von Cannabis verbreiten und zum Konsum von Cannabis anregen;

FASST DIE ENTSCHLIESSUNG,


22. diese Problematik bei der Ausarbeitung der neuen Drogenstrategie der Europäischen Union und des neuen Drogenaktionsplans zu berücksichtigen.

 

Verweis
 

[11267/04]  
Titel: Entwurf einer Entschließung des Rates über Cannabis
Datum: 7.07.2004
Ort: Brüssel
Geschäftszeichen: 11267/04
Bereich: Drogen
Veröffentlicht: Cordrogue 59
URL: http://www.eve-rave.net/abfahrer/download/eve-rave/btm273.pdf

 

Berlin, den 9. August 2004
Redaktion Webteam Eve & Rave e.V. Berlin

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