Sicherheit an Tanzparaden
Loveparade und Street Parade im Vergleich
Redaktion Webteam www.eve-rave.net Berlin
Pressemitteilung vom 15. August 2006 zur Sicherheit an Tanzparaden
Dieses Jahr tanzten
wieder Hunderttausende an der Loveparade in Berlin
und an der Street Parade in Zürich zu Technomusik und feierten
fröhlich und ausgelassen. Für die an den Tanzparaden vor Ort
präsenten Sanitäter gibt es bei solchen
Großveranstaltungen immer viel zu tun. Vor allem in den
späteren Abendstunden müssen immer auch Patienten wegen
übermäßigen Alkohol- und/oder anderen Drogenkonsums
betreut und behandelt werden. Zudem steigt auch nach reichlichem
Alkoholkonsum das Risiko, sich aufgrund von Unachtsamkeit zu verletzen.
Der Vergleich der Zahlen
bezüglich der an der Loveparade in Berlin
und an der Street Parade in Zürich notwendig gewordenen
Erste-Hilfe-Einsätze und Transporte in Krankenhäuser zeigt,
daß an der Street Parade weit weniger Menschen medizinische Hilfe
in Anspruch nehmen müssen als an der Loveparade. Der Unterschied
bezüglich der Wahrscheinlichkeit an diesen beiden Tanzparaden,
medizinische Hilfe in Anspruch nehmen zun müssen, ist sind sehr
groß. An der Loveparade in Berlin müssen pro 100.000
Teilnehmer etwa zehnmal so viele Personen medizinisch versorgt werden
wie an der Street Parade in Zürich. In dieser Pressemitteilung
werden die Fakten bezüglich der gesundheitlichen Risiken und der
Sicherheit an den zwei Tanzparaden dargelegt und aufgeschlüsselt.
Zudem werden mutmaßliche Ursachen für diese Unterschiede
erörtert.
Druckerfreundliche Version (PDF-Format, 147 KB, 8
Seiten):
http://www.eve-rave.net/abfahrer/presse/presse06-08-15.pdf
Street Parade 2006
Die 15. Zürcher Street Parade stand unter dem
Motto »Move
your mind« und begann am 12. August 2006 um 14:45 Uhr nach
einem heftigen Regenschauer bei Temperaturen um 14 Grad Celsius.
Während des mehrstündigen Umzugs der Love-Mobiles rund um das
Zürcher Seebecken schien dann zwar lange Zeit die
Sonne und die Temperatur stieg bis auf 17 Grad, doch am Abend kam es
wiederholt zu teilweise heftigen
Regengüssen, bei relativ kühlen Temperaturen um 15 Grad. Die
Zahl der Teilnehmer wurde diesmal auf 800.000
geschätzt, im Gegensatz zu jeweils einer Million in den
vergangenen
zwei Jahren. Aufgrund der schlechten Wetterprognose zeigten sich die
Veranstalter
dennoch positiv überrascht vom relativ großen
Publikumszuspruch.
Durch die
naßkalte Witterung ließen sich offenbar vor allem
unbeteiligte
Schaulustige von einem Besuch an der Street Parade abhalten. Die rund
100 Parties im Anschluß an die Parade waren wie in den Vorjahren
durchwegs gut besucht.
Die Schweizerischen Bundesbahnen setzten 120
Extrazüge für
die Besucher der Street Parade ein.
Stürze und Schlägereien wegen
übermäßigen Alkoholkonsums
Bis vor wenigen Jahren wurde entlang der Route der
Street Parade kein
Alkohol ausgeschenkt. Inzwischen wurde eine Brauerei (Calanda Bier aus
Chur) offizieller Sponsor der Street Parade, was natürlich
Auswirkungen auf den Alkoholkonsum an der Parade nach sich zog.
Für die Einsatzkräfte von Polizei sowie Schutz und Rettung
(Sanität) erwies sich
der übermäßige Alkoholkonsum erneut als
größtes Problem. Eine
25-jährige, alkoholisierte Frau stürzte um 14 Uhr an der
Hornbachstrasse im Seefeld von einem Love-Mobile und zog sich am Kopf
eine Rißquetschwunde zu. Bei einem Sturz im Raum Talstrasse
erlitt
eine ebenfalls 25-jährige, alkoholisierte Frau gegen 20 Uhr ein
Schädel-Hirn-Trauma. Sie mußte ins Universitätsspital
gebracht
werden. Insgesamt mußten an den diversen Sanitätsposten
entlang der
Umzugsroute 110 Personen wegen Alkoholmißbrauchs gepflegt werden.
Aufgrund von Problemen wegen übermäßigen Drogenkonsums
mußten
gemäß der
Bilanz von Schutz und Rettung 68 Personen, also in etwa nur halb
soviele, betreut respektive behandelt werden.
Wegen Schlägereien und
Streitereien mußte die Polizei in rund zwei Dutzend Fällen
ausrücken. Dabei war fast immer
übermäßiger Alkoholkonsum im Spiel. Die
Schlägereien hatten jedoch in keinem Fall so schwerwiegende Folgen
wie die brutale Auseinandersetzung in der Nacht vom 7. zum 8. August
2004, bei der ein deutscher Raver nach der Street Parade um 0:45 Uhr in
der Bahnhofstraße von Unbekannten zu Tode geprügelt wurde.
Damals geriet Henry K., ein 32-Jähriger aus Deutschland, mit zwei
Männern in Streit, die auf einer Bank saßen.
Urplötzlich wurde der Deutsche von einem der beiden Unbekannten
mit der Faust niedergeschlagen. Als er bereits wehrlos am Boden lag,
schlug der Täter weiter auf ihn ein. Henry K. erlitt so schwere
Kopfverletzungen, daß er elf Tage später im Krankenhaus
starb.
Behandlungsfälle wegen Alkohol und/oder anderen Drogen
An der diesjährigen Street Parade
mußten die Sanitäter
110 Personen wegen Alkoholmißbrauchs und 68 Personen wegen
übermäßigen Drogenkonsums behandeln. Insgesamt
mußten die Sanitäter also 178 Personen behandeln, weil sie
zuviel Alkohol und/oder andere Drogen konsumiert hatten. Im Jahr 2005
waren es 182, im Jahr 2004 waren es 107 und im Jahr 2003 waren es 230
(140 Personen nach übermäßigem Alkoholkonsum 90
Personen wegen Unwohlsein nach Drogenkonsum). Wie der folgenden Tabelle
entnommen werden kann, hat sich die Zahl der Behändlungsfälle
wegen Alkohol und/oder anderen Drogen pro 100.000 Teilnehmer in diesem
Jahr gegenüber den Jahren 2004 und 2005 erhöht, lag jedoch
niedriger als im Jahr 2003.
Street
Parade: Behandlungsfälle wegen Alkohol und/oder anderen Drogen |
Jahr
|
2003
|
2004
|
2005
|
2006
|
Teilnehmerzahl
|
900.000
|
1.000.000
|
1.000.000
|
800.000
|
Behandlungsfälle wegen
Alkohol und/oder anderen Drogen
|
230
|
107
|
182
|
178
|
Behandlungsfälle
pro 100.000 Teilnehmer
|
25,6
|
10,7
|
18,2
|
22,25
|
Erste-Hilfe-Leistungen und Krankenhauseinweisungen
Für die verschiedenen Abteilungen von Schutz
und Rettung, zu denen
auch
die Sanität, die Feuerwehr und der Zivilschutz gehören, waren
am
Samstag und in der Nacht zum Sonntag insgesamt 253 Personen im Einsatz.
Nach einer relativ ruhigen Street Parade am Nachmittag hatten die
Sanitäter in der Nacht im Rahmen der rund 100 Parties alle
Hände voll zu tun. Insgesamt wurden bis in die
frühen Morgenstunden 503 Patienten behandelt und 49 Personen
wurden zur Abklärung respektive zur weiteren Behandlung in
Krankenhäuser gebracht. Dieses Jahr mußten pro 100.000
Teilnehmer erfreulicherweise deutlich weniger Personen medizinisch
versorgt werden als in den Jahren 2003 bis 2005,
jedoch deutlich mehr als Ende der 90er Jahre. Die folgende Tabelle
zeigt die Zahlen der Erste-Hilfe-Leistungen und der Einweisungen in
Krankenhäuser pro 100.000 Teilnehmer an der Street Parade
für die Jahre 1998 bis 2006.
Street
Parade: Erste-Hilfe-Leistungen und Krankenhauseinweisungen |
Jahr
|
1998
|
1999
|
2000
|
2001
|
2002
|
2003
|
2004
|
2005
|
2006
|
Erste-Hilfe-Leistungen
pro 100.000 Teilnehmer |
59
|
42
|
61
|
53
|
38
|
111
|
70
|
73
|
63
|
Krankenhauseinweisungen
pro 100.000 Teilnehmer
|
5,0
|
4,4
|
6,7
|
2,6
|
10,8
|
24,0
|
9,0
|
8,2
|
6,1
|
Datenquellen: Street Parade einmal mehr ein
Publikumserfolg –
Alkoholmißbrauch als größtes Problem, Neue
Zürcher Zeitung vom 14. August 2006
http://www.nzz.ch/2006/08/14/zh/articleEDQBY.html
Mehr Drogen an Street Parade,
Tages-Anzeiger vom 14. August 2006
http://www.tagi.ch/dyn/news/zuerich/654492.html
Eve & Rave Berlin, Pressemitteilung vom 8. September
2005
http://www.eve-rave.net/abfahrer/presse/presse05-09-08.html
Hans Cousto: Love Parade 2002: Weniger
Besucher – erhöhtes
Unfallrisiko (Love Parade 1989-2002 und Street Parade 1992-2001 im
Vergleich)
http://www.drogenkult.net/?file=text007
Loveparade 2006
Die Loveparade fand am 15.
Juli 2006 wie auch schon in den Jahren 1996
bis 2003 auf der Straße des 17. Juni statt. Bei leicht bewölktem Himmel und
sommerlichen Temperaturen starteten die Paradewagen um 14:00 Uhr – die meisten Raver kamen jedoch erst später in
den Tiergarten. Die
Angaben betreff
der Teilnehmerzahlen klafften noch nie so auseinander wie dieses Jahr:
Die Veranstalter
sprachen von 1,2 Millionen Teilnehmer, die Polizei von 500.000
Teilnehmer. Erstaunlicherweise meinten
viele Raver, die schon mehrfach an der Loveparade im Tiergarten getanzt
und gefeiert hatten, daß die Angaben der
Polizei weit realistischer seien als die der Veranstalter – wahrlich
ein Novum in der Geschichte der Loveparade. Selbst bei der
Abschlußparty am Großen Stern im Tiergarten gab es kaum
Gedränge und
man konnte
ohne Mühe den Platz durchqueren. Dennoch war es eine schöne,
fröhliche
und ekstatische Party mit sehr guter Musik. Nach der
Abschlußparty um 23:00 Uhr konnten die Raver an etwa 60 Parties
weiterfeiern.
Die Deutsche Bahn setzte 11
Sonderzüge ein, die nicht ausgebucht
waren. 2003 waren noch 25 Sonderzüge im Einsatz, 2002 waren es
noch 134 (in den Jahren 2004 und 2005 fand keine Loveparade statt).
Großeinsatz des Malteser
Hilfdienstes
Der Malteser Hilfsdienst,
der 18 Sanitätsstationen entlang der
Route der Loveparade eingerichtet hatte und mit 600 Mitarbeitern vor
Ort war – unterstützt von 180
Helfern der Johanniter-Unfall-Hilfe
und
der DRLG – mußte 3.431-mal
Erste-Hilfe leisten und 356 Patienten
in
Krankenhäuser bringen. Dies entspricht auf Basis der von der
Polizei
geschätzten Teilnehmerzahl einer Quote von 686
Erste-Hilfe-Leistungen
pro 100.000 Teilnehmer (2003: 683; 2002: 613) und von 71
Krankenhauseinweisungen pro 100.000 Teilnehmer (2003: 79; 2002: 71). In
den Jahren 2004 und 2005 fand, wie schon erwähnt, keine Loveparade
statt. Die Zahlen lagen
somit im Rahmen der früheren Jahren und waren wiederum etwa zehmal
so
groß wie die entsprechenden Vergleichsdaten der Street Parade in
Zürich.
Am Nachmittag und am
frühen Abend handelte es sich bei den meisten
Notfällen um Kreislaufschwächen sowie um Schürf-, Platz-
und
Schnittwunden, am späteren Abend und in der Nacht vor allem um
Fälle
übermäßigen Alkohol- und Drogenkonsums – wobei der
übermäßige
Alkoholkonsum die Einsatzkräfte noch bis in die frühen
Morgenstunden
beschäftigte. Trotz des reichlichen Alkoholkonsums verlief das
Fest aus polizeilicher Sicht ausgelassen und friedlich.
Die folgende Tabelle zeigt die Zahlen der
Erste-Hilfe-Leistungen
und
der Krankenhauseinweisungen pro 100.000 Teilnehmer an der Loveparade
für die Jahre 1998 bis 2006, berechnet jeweils auf Basis der
Teilnehmerzahlen gemäß Polizeiangaben.
Loveparade:
Erste-Hilfe-Leistungen und Krankenhauseinweisungen |
Jahr
|
1998
|
1999
|
2000
|
2001
|
2002
|
2003
|
2004
|
2005
|
2006
|
Erste-Hilfe-Leistungen
pro 100.000 Teilnehmer |
633
|
301
|
233
|
490
|
613
|
683
|
xxx
|
xxx
|
686
|
Krankenhauseinweisungen
pro 100.000 Teilnehmer
|
85
|
22
|
54
|
58
|
71
|
79
|
xxx
|
xxx
|
71
|
Datenquellen:
Loveparade 2006
Malteser: Erste-Hilfe bis in den frühen Morgen / 16.07.2006
- 10:49 Uhr
http://www.presseportal.de/print.htx?nr=848737
Eve & Rave Berlin, Pressemitteilung vom 8. September
2005
http://www.eve-rave.net/abfahrer/presse/presse05-09-08.html
Hans Cousto: Love Parade 2002: Weniger
Besucher – erhöhtes
Unfallrisiko
(Love Parade 1989-2002 und Street Parade 1992-2001 im Vergleich)
http://www.drogenkult.net/?file=text007
Street Parade und Loveparade im Vergleich
Die Street Parade in
Zürich findet alljährlich auf der 2,4
Kilometer langen Strecke vom Seefeld zum Enge-Quartier entlang der
Uferstraßen am See statt. Die Loveparade in Berlin findet seit
1996 auf der knapp vier Kilometer langen Straße des 17. Juni im
Tiergarten zwischen dem Ernst-Reuter-Platz und dem Brandenburger Tor
statt. Beide Paradestrecken liegen jeweils im Zentrum der Stadt und
sind von Grünanlagen umgeben, wo man sich zurückziehen und
entspannen kann.
An der Street Parade gibt
es alljährlich beidseitig der
Quaibrücke am Bellevue und am Bürkliplatz
Abschlußparties, an der Loveparade gibt es mitten im Tiergarten
am Großen Stern eine große Abschlußparty. Die Parties
auf öffentlichem Grund werden sowohl in Zürich als auch in
Berlin vor Mitternacht beendet. Danach müssen die Teilnehmer der
Paraden, wenn sie weiter tanzen und feiern wollen, andere Parties
aufsuchen.
Die Zahlen der Erste-Hilfe-Leistungen und
Krankenhauseinweisungen
Die für die Street
Parade in Zürich angegebenen Zahlen
betreff Erste-Hilfe-Leistungen und Einweisungen in Krankenhäuser
beinhalten alle Fälle, die während der Parade, während
den Abschlußparties und die Zeit nach den Abschlußparties
entlang der Paradestrecke registriert werden, wie auch alle Fälle,
die auf den zahlreichen Parties in der Stadt Zürich nach der
Parade registriert werden. Die für die Loveparade in Berlin
angegebenen Zahlen beinhalten alle Fälle, die während der Parade, während der
Abschlußparty und die Zeit nach der Abschlußparty im
Tiergarten entlang der
Paradestrecke registriert werden, jedoch nicht die Einsätze der
Sanitäter an den nachfolgenden Parties.
Der Erfassungsbereich der
registrierten Fälle ist für Berlin
somit enger begrenzt als für Zürich. Dennoch liegen die
Zahlen der in Berlin registrierten Fälle für
Erste-Hilfe-Leistungen und für Einweisungen in Krankenhäuser
anläßlich der Loveparade um ein Vielfaches höher als in
Zürich bei der Street Parade. In diesem Jahr war beispielsweise
die Zahl der Erste-Hilfe-Leistungen pro 100.000 Teilnehmer an der
Loveparade in Berlin um den Faktor 10,9 größer als an der
Street Parade in Zürich, bei den Krankenhauseinweisung war dieser
Faktor sogar noch größer und lag bei 11,6. Die
Wahrscheinlichkeit, daß ein Teilnehmer der Loveparade
ärztlich betreut respektive behandelt werden mußte oder in
ein Krankenhaus eingeliefert werden mußte, war dieses Jahr mehr
als zehnmal so groß wie für einen Teilnehmer der Street
Parade. Die Teilnahme an der Street Parade in Zürich war somit mit
einem vielfach geringerem gesundheitlichen Risiko verbunden als die
Teilnahme an der Loveparade in Berlin. Dies war auch schon in
früheren Jahren der Fall, wie man den Daten der folgenden Tabelle
entnehmen kann. Die Tabelle zeigt das Risikoverhältnis von der
Notwendigkeit einer Inanspruchnahme von Erste-Hilfe-Leistungen an der
Street Parade in Zürich im Vergleich zur Loveparade in Berlin und
analog die entsprechenden Daten für Einweisungen in
Krankenhäuser.
Notwendigkeit
von Erste-Hilfe-Leistungen und Krankenhauseinweisungen
Vielfaches des Risikofaktors an der Loveparade im Jahresvergleich zur
Street Parade
|
Jahr
|
1998
|
1999
|
2000
|
2001
|
2002
|
2003
|
2004
|
2005
|
2006
|
Erste-Hilfe-Leistungen
|
10,7
|
7,2
|
3,8
|
9,2
|
16,1
|
6,2
|
xxx
|
xxx
|
10,9
|
Krankenhauseinweisungen
|
17,0
|
5,0
|
8,1
|
22,3
|
6,6
|
3,3
|
xxx
|
xxx
|
11,6 |
Mehr Sicherheit und weniger Risiken durch Drogenmündigkeit
Das Risiko von der Notwendigkeit
betroffen zu sein, Erste-Hilfe-Leistungen von Sanitätern in
Anspruch nehmen zu müssen, war für Teilnehmer der Loveparade in den Jahren seit 1998, in denen sowohl eine Street
Parade als auch eine Loveparade stattfand, im Schnitt mehr als neunmal so groß wie
für Teilnehmer der Street Parade. Das
Risiko von der Notwendigkeit betroffen
zu sein, in ein Krankenhaus zu müssen, war für Teilnehmer der
Loveparade im gleichen Zeitraum im Schnitt sogar mehr als zehnmal so
groß wie für Teilnehmer an der Street Parade. In jedem Jahr
waren, wie man der obenstehenden Tabelle entnehmen kann, die
gesundheitlichen Risiken für die Teilnehmer der Street Parade um
ein vielfaches geringer als für die Teilnehmer der Lovparade.
Offensichtlich sind die in
Zürich umgesetzten
Präventionskonzepte zur Minderung der gesundheitlichen Risiken an
der Street Parade um ein vielfaches effizienter als jene in Berlin im
Zusammenhang mit der Loveparade. So wird beispielsweise in Zürich regelmäßig in
den Medien im Vorfeld der Street Parade differenziert über die
Gefahren des Drogenmischkonsums und über die Wechselwirkungen
zwischen Alkohol und bestimmten Drogen berichtet, wobei in den Medien
sowohl amtliche Stellen wie auch private Organisationen zu Wort kommen.
In Zürich respektive in der Schweiz hat man weit besser begriffen
als in Berlin respektive in Deutschland, daß eine differenzierte
Aufklärung zum Thema Drogen weitaus mehr hilft, die
gesundheitlichen Risiken zu mindern, als bloße Warnungen vor dem
Drogenkonsum zu publizieren, da bekanntermaßen viele Teilnehmer
von Tanzparaden schon vor der Parade fest entschlossen sind, mindestens
eine als Partydroge bekannte Substanz einzunehmen.
Vor dem Hintergrund der
Erkenntnis, daß ein differenzierter
Ansatz einer akzeptanzorientierten Aufklärung am besten geeignet
ist, Drogenkompetenz und Drogenmündigkeit zu fördern und
somit die für Drogengebraucher durch den Konsum psychotroper
Substanzen bedingten Risiken zu minimieren, haben verschiedene
Institutionen und Organisationen (Eve & Rave Schweiz, Eve
& Rave Berlin, Schweizerische
Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme SFA/ISPA
Lausanne,
Schweizerische Fachstelle für Schadenminderung im Drogenbereich
FASD
BRR URD Fribourg, Streetwork Ambulante Drogenhilfe der Stadt
Zürich, Prévtech Lausanne, Radix Svizzera italiana Lugano)
im Jahr 2001 gemeinsam die Arbeitsgruppe »Partydrogen 01«
gegründet und zur Street Parade 2001 die Broschüre »DRUGS
– die Partydrogeninfo!«
herausgegeben. Diese Broschüre mit Informationen zu Partydrogen
war eine völlig neubearbeitete und stark erweiterte Auflage der
»Partydrogenbroschüre« von Eve & Rave
Berlin und erschien in deutsch, französisch und italienisch. Zur
Street Parade 2003 erschien ein Update zu dieser Broschüre mit
Informationen zu weiteren Substanzen, zum Mischkonsum und zu Safer
Sniffing. Zur Street Parade 2004 gab die
Arbeitsgruppe »DRUGS 04« (Eve & Rave Schweiz, Eve & Rave Berlin,
Schweizerische Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme
SFA/ISPA Lausanne, Schweizerische Fachstelle für Schadenminderung
im Drogenbereich FASD BRR URD Fribourg, Streetwork Ambulante
Drogenhilfe der Stadt Zürich, Streetwork & Pilot P – Contact
Netz Bern, Streetwork Biel, Aware Dance Culture Biel) das Ino-Set »DRUGS
– JUST SAY KNOW« heraus. Auf 22
bebilderten Karten sind etwa 30 Substanzen jeweils in vier Abschnitten
(Substanz, Wirkung, Risiken und Nebenwirkungen, Safer Use) beschrieben
und in einem beigefügten Faltprospekt sind Angaben zu
verschiedenen Themen wie Safer Sniffing, Safer Sex, das Gesetz und
anderes mehr zu finden.
Durch die Zusammenarbeit
und Vernetzung von unterschiedlich agierenden
Institutionen und Organisationen konnte jeweils vor der Street Parade
eine landesweit koordinierte Aufklärungskampagne auf Basis der
gemeinsam herausgegebenen Publikation durchgeführt werden. Dabei
wurden viele Drogengebraucher aus den Partyszenen bezüglich ihres
Konsums psychotroper Substanzen sensibilisiert und in ihrer
Selbstkompetenz wie auch in ihrer Drogenkompetenz gestärkt. Dies
ist sicher mit ein Grund dafür, daß die Street Parade nach wie vor eine der sichersten
Großveranstaltungen ist.
DRUGS –
die
Partydrogeninfo! Dieser Text umfaßt die
vollständige Fassung der Broschüre »DRUGS – die Partydrogeninfo!« in der
Fassung der 4. völlig neu bearbeiteten und erweiterten Auflage vom
Sommer 2001 mit den Ergänzungen des »Updates«
vom Sommer 2003. Format: PDF, Größe: 108 KB, 30 Seiten
http://www.eve-rave.net/abfahrer/download/eve-rave/bericht108.pdf
Ino-Set »DRUGS
– JUST SAY KNOW«. Der vollständige Text und alle
Abbildungen der Publikation sind hier wiedergegeben. Format: PDF,
Größe: 540 KB, 56 Seiten
http://www.eve-rave.net/abfahrer/download/eve-rave/bericht115.pdf
Ino-Set »DRUGS – JUST SAY KNOW«,
Online-Version
http://www.know-drugs.ch
Drug-Checking –
Strategie zur Schadensminderung
Im Gegensatz zu
Deutschland, wo Drug-Checking-Programme
politisch nicht gewollt sind,
wurden in der Schweiz innerhalb der
letzten zehn Jahre von verschiedenen Organisationen solche Programme
durchgeführt, das heißt, die Organisationen haben Pillen,
Pappen und Pulver, die auf dem Schwarzmarkt kursierten, chemisch
analysieren lassen und die Ergebnisse der Analytik den
Überbringern der Proben mitgeteilt. Tauchten im Rahmen dieser
Tests besonders hochdosierte oder stark verunreinigte Proben auf oder
gar Proben, die etwas anderes enthielten, als von den Lieferanten
angegeben wurde, dann wurden Pillenwarnungen publiziert. Der Verein Eve
& Rave Schweiz veröffentlichte zudem seit mehr als zehn Jahren
regelmäßig Pillenlisten mit genauen Beschreibungen der
Pillen und ihren Inhaltsstoffen. Die Veröffentlichung der
Ergebnisse der qualitativen und quantitativen Analysen von als Ecstasy
in Umlauf gebrachten Pillen ermöglicht nicht nur den Konsumenten,
sich mit höherer Wahrscheinlichkeit vor Überdosierungen zu
schützen, sondern animiert vor allem auch viele Konsumenten dazu,
sich intensiver mit den Wirkungen, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen
der verschiedenen Partydrogen zu befassen. Die regelmäßige
Veröffentlichung der Testergebnisse hat eine nachhaltige Wirkung,
fördert in effizienter Weise die Risikokompetenz von
Drogengebrauchern und leistet somit einen essentiellen Beitrag zur
Schadensminderung. Dies wird in sehr anschaulicher Weise durch Tausende
von Beiträgen im Forum des Internetportals von Eve & Rave
Schweiz belegt. Wohl auch deshalb
ist das Internetportal von Eve & Rave Schweiz www.eve-rave.ch die meistbesuchte
Hompage zum Thema Drogen in der Schweiz.
An der Street Parade ermöglichte dieses Jahr
das
Sozialdepartement der Stadt Zürich ein kostenloses Testen von
Pillen und anderen Substanzen. Die Jugendberatung Streetwork, eine
Abteilung des Sozialdepartements der Stadt Zürich, führte
gemeinsam mit dem Berner Kantonsapothekeramt von Samstag 12:00 Uhr bis
Sonntag 6:00 Uhr in einem kleinen Zelt direkt vor dem Hauptbahnhof ein
Drug-Checking-Programm durch. In dem Zelt war das mobile Labor und ein
Infostand untergebracht. Schon seit mehreren Jahren ist Streetwork mit
seinem Infostand und dem mobilen Labor an Parties präsent, damit
die Besucher der Parties dort ihre Drogen gratis und anonym auf ihre
Inhaltsstoffe untersuchen lassen können. An der diesjährigen
Street Parade stand das mobile Labor erstmals an einem
öffentlichen Platz – wie schon
erwähnt, vor dem Hauptbahnhof, in dem die Party »Mainstation«
stattfand. Das Labor war währen der Street Parade gut ausgelastet.
Die Analyse einer Probe dauerte jeweils knapp 20 Minuten. In dieser
Zeit führten die Mitarbeiter von Streetwork ausführliche
Interviews mit den Drogenkonsumenten. Dabei versuchten sie vor allem
herauszufinden, welche Drogen wie häufig und in welchen
Kombinationen konsumiert werden. Nach 18 Stunden Arbeit im Zelt hatte
die Crew vor Ort 120 Beratungsgespräche geführt und 41 Proben
analysiert, die meisten davon Ecstasy. In sechs Proben, die als Ecstasy
zur Untersuchung eingereicht wurden, war kein MDMA sondern der
Wirkstoff Meta-Chlorphenylpiperazin (m-CPP) enthalten. Nach dem Konsum
von Pillen mit dem Wirkstoff m-CPP kommt es oft zu
heftigen und unangenehmen Nebenwirkungen, wobei nur wenig eines
erwünschten psychotrop wirkenden Effekts zu verspüren ist.
Die Jugendberatung Streetwork veröffentlichte
leider nicht die
Testresultate, ja sie gab nicht einmal Warnungen zu den Pillen mit dem
Wirkstoff m-CPP heraus, obwohl eine sofortige Publikation dieser
Testergebnisse im Internet heute kein technisches Problem darstellt.
Diese restriktive Informationspolitik wurde von einigen Teilnehmern der
Street Parade nicht goutiert und scharf kritisiert, da auf diese Weise
nur wenige Personen von dem Drug-Checking profitierten. Die
Qualität eines Drug-Checking-Programms läßt sich halt
nicht nur an der Zahl der vor Ort geführten
Beratungsgespräche determinieren, sondern vor allem an der
Effizienz und der Nachhaltigkeit der vermittelten Informationen. Die
Publikation der Testergebnisse hätte sicher einige Menschen
bewogen, jene Pillen, die vom Aussehen her im Verdacht standen, den
Wirkstoff m-CPP zu enthalten, nicht zu konsumieren.
Wir argumentieren fachlich, nicht moralisch
– An der Street Parade ermöglicht
das
Sozialdepartement kostenloses Pillen-Testen, Neue Zürcher Zeitung
vom 14. August 2006
http://www.nzz.ch/2006/08/14/zh/articleEDQIR.print.html
Homepage der Jugendberatung Streetwork
Zürich (mit Pillenwarnungen
und Abbildung des mobilen Labors)
http://www.saferparty.ch
Pillenwarnung Update
vom 7. August 2006:
Erneutes Auftauchen von Ecstasy-Falsifikaten mit dem Wirkstoff m-CPP
http://www.eve-rave.net/abfahrer/download/eve-rave/dc120.pdf
Eve & Rave
Berlin: Pressemitteilung
vom 8. September 2005: Drug-Checking-Programme, Entwicklung,
Durchführung, Ergebnisse, Nutzen und Nutzung. In dieser
Pressemitteilung wird beispielsweise auch ausführlich beschrieben,
wie vor der Street Parade 2005 die Informationen bezüglich des
Mischkonsums von Alkohol und GHB und den damit einhergehenden
gesundheitlichen Risiken formuliert und in Form von gezielten Warnungen
publiziert wurden. Die Effizienz und die Evidenz der getroffenen
Maßnahmen werden dann anhand der Datenlage (Behandlungsstatistik)
analysiert.
http://www.eve-rave.net/abfahrer/presse/presse05-09-08.html
Hilfe und Beratung vor Ort an Tanzparaden
An der Street Parade war
die Jugendberatung Streetwork
Zürich (
Saferparty) mit
zwei Infoständen präsent. Am Bürkliplatz konnte
sich jeder von fachlich versierten Mitarbeitern des Projektes »
Saferparty« beraten lassen und Infomaterial zum
Thema Drogen respektive Safer Use anschauen und bei
Bedarf auch mitnehmen. Des weiteren wurden Kondome und
Ohrstöpsel gratis abgegeben.
Im
Infozelt beim Hauptbahnhof konnte man noch zusätzlich Pillen und
andere Drogen analysieren lassen. Eve & Rave Schweiz war dieses
Jahr an der »
Lethargy«
in der »
Roten Fabrik«
mit einem Infostand und einer Chill Area präsent. Leitmotiv der
Arbeit von Streetwork Zürich wie auch von Eve & Rave Schweiz
ist die Vermittlung von Fachwissen zur Schadensminderung durch
vernünftiges Verhalten beim Drogenkonsum (Safer Use,
Risikomanagement) sowie die Förderung von Selbstkompetenz für
eigenverantwortliches Handeln.
An der Loveparade in Berlin hatte der
Drogennotdienst (DND) im
Rahmen seiner Anti-Drogen-Kampagne zur Loveparade sechs Infopoints
eingericht, die von 35 Mitarbeitern betreut wurden. In Sachen
Psychonautik und/oder Mischkonsum seien die Mitarbeiter
gemäß Angaben verschiedener Besucher der Infopoints
völlig überfordert gewesen und meinten stets, man solle doch
einfach auf Drogen verzichten. Zudem waren 50 »Loveguards«,
die der Veranstalter der Loveparade stellte, im Einsatz. Diese
verteilten Traubenzucker, Ohrstöpsel und Kondome und
unterstützten den Drogennotdienst bei der Anti-Drogen-Kampagne. Ob
diese Anti-Drogen-Kampagne tatsächlich Teilnehmer an der
Loveparade vom Drogenkonsum abhielt oder eher zum Drogenkonsum
provozierte (Protestreaktion), kann anhand von den zur Verfügung
stehenden Fakten nicht entschieden oder gar verifiziert werden. Nach
der Loveparade sprach der Drogennotdienst zwar von einem vollen Erfolg
seiner Aktion, die Zahl der notwendigen Hilfeleistungen seitens der
Sanitäter bestätigt jedoch nicht diese Einschätzung.
Homepage der Jugendberatung Streetwork Zürich (Saferparty)
http://www.saferparty.ch
Homepage von Eve & Rave Schweiz
http://www.eve-rave.ch
Loveparade 2006: Drogennotdienst mit Anti-Drogen-Kampagne vor Ort
http://www.dndberlin.de/content/aktuelles/Loveparade_Juli_06.php
Völliges Versagen der
Präventionisten
in Deutschland
Keine der
in der Bundesrepublik Deutschland oder im Land Berlin zuständigen
amtlichen Stellen oder von Amts wegen beauftragten
Institutionen hat vor der Loveparade Botschaften zum Risikomanagement
beim
Drogenkonsum herausgegeben oder veröffentlicht. Obwohl Eve &
Rave Berlin über viele Jahre hinweg die zuständigen Stellen
und Institutionen auf die gravierenden Unterschiede bezüglich der
gesundheitlichen Risiken an der Loveparade und an der Street Parade
orientierte und dabei stets auf die diesbezüglichen Defizite an
der Loveparade aufmerksam machte, wurde von diesen Stellen und
Institutionen nichts zur Entschärfung der prekären Situation
an der Love Parade in Berlin unternommen. Dieses Jahr wurde vor der
Loveparade in Berlin von den besagten Stellen und Institutionen keine
Botschaft zur Prävention
übermittelt:
Die
Bundesdrogenbeauftragte Sabine Bätzing (SPD) gab keine
präventive
Botschaft heraus,
obwohl sie zum Weltdrogentag vollmundig verkündete:
"Prävention ist die
beste
Waffe", siehe:
http://www.bmg.bund.de/nn_600116/DE/Presse/presse-node,param=.html__nnn=true
Gegenwärtig
wird in Berlin die Funktion des
Landesdrogenbeauftragten von Herrn Dr. Schulte-Sasse wahrgenommen.
Dieser spricht gerne von der Evidenz der Präventionsarbeit. Doch
auf
den Seiten der Senatsverwaltung findet man keine Meldung oder
Pressemitteilung zur Loveparade:
http://www.berlin.de/sengsv/drogen_und_sucht/index.html
Seit Oktober 2005
verfügt Berlin über eine zentrale
Fachstelle für
Suchtprävention, die in freier Trägerschaft die vorhandenen
suchtpräventiven Ressourcen bündeln, vernetzen und damit die
gesamtstädtische Wirkung von Suchtprävention stärken
soll. Doch auch
diese Fachstelle hielt es nicht für nötig, eine Botschaft
oder
Pressemitteilung zur Loveparade herauszugeben:
http://www.berlin-suchtpraevention.de/
Auch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)
zeichnete sich hier durch ein Nichtstun aus:
http://www.bzga.de/?uid=ad135f6c93ff2880068b29657c38ddaa&id=presse
Auch das Projekt DRUGCOM der BZgA zeichnete sich durch ein Nichtstun
aus:
http://www.drugcom.de/
Ja, die
Präventionisten reden gerne über Prävention,
doch wenn es
darauf ankommt, dann hört man nichts von ihnen – völliges
Versagen auf
der ganzen Linie. Wofür werden die denn eigentlich bezahlt?
Weblinks
Internetportal der Street Parade
http://www.streetparade.com
Street Parade in der Wikipedia
http://de.wikipedia.org/wiki/Streetparade
Internetportal der Loveparade
http://www.loveparade.net
Loveparade in der Wikipedia
http://de.wikipedia.org/wiki/Loveparade
Berlin, den 15. August 2006
Redaktion Webteam Eve & Rave
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