Hanfparade in Berlin
Kundgebung gegen die Arroganz der
Macht
Redaktion Webteam www.eve-rave.net Berlin
Pressemitteilung vom 23. August 2007 zur Hanfparade
Am kommenden Samstag findet die elfte Ausgabe der Hanfparade statt, die
in diesem Jahr um 13:00 Uhr am Berliner Fernsehturm starten wird. Unter
dem Motto »Gib mir 5 – Gegen Gift
im Gras« fordert die Hanfparade
die Aufhebung des Verbots von Hanfsamen und die Legalisierung des
Eigenanbaus von mindestens fünf Cannabispflanzen. Die Teilnehmer
sehen im
heimischen Anbau von Cannabis ein Mittel, die Konsumenten vom
Schwarzmarkt unabhängig zu machen. Marihuana aus illegalen
Großplantagen
ist immer öfter mit gesundheitsgefährdenden Streckmitteln
verunreinigt.
Die Cannabis-Kriminalisierung verhindert Verbraucherschutz.
Die Hanfparade ist die größte deutsche Veranstaltung
für die Freigabe
von Hanf als Rohstoff, Medizin und Genußmittel. Nach der
Auftaktkundgebung zu Füßen des Fernsehturms wird die
Hanfparade
zum Axel-Springer-Haus in der Rudi-Dutschke-Straße ziehen. Dort
wird die oft einseitige
Berichterstattung der Medien ein Hauptthema von Redebeiträgen
sein. Nach Meinung
der Veranstalter ist der Blickwinkel, unter dem gerade die
Springerpresse die vier Millionen deutschen Cannabiskonsumenten sieht,
zu stark auf die Probleme jugendlicher Extremnutzer fokussiert. Die
Hanfparade fordert einen ehrlicheren Umgang mit der am häufigsten
genutzten illegalisierten Droge.
Druckerfreundliche Version (PDF-Format, 159 KB, 7 Seiten):
http://www.eve-rave.net/abfahrer/presse/presse07-08-23.pdf
Repression mindert nicht den Cannabiskonsum
Die Notwendigkeit, problematischen Drogenkonsum
unter Jugendlichen zu
verhindern, wird oft als Argument für ein generelles
Cannabisverbot
bemüht, obwohl bundesweit ca. 85% der Konsumenten von Cannabis
laut
offiziellen Erhebungen Erwachsene sind. Dabei beschützt eine
betont repressive
Cannabis-Politik keineswegs Minderjährige vor Drogen. Das zeigt
die
Studie »Jugendliche in Deutschland zur Jahrtausendwende:
Gefährlich
oder gefährdet?« des Kriminologischen
Forschungsinstituts Niedersachsen
(KFN). Im Jahre 2000 befragten die Wissenschaftler in mehreren
Großstädten in Deutschland sowie im Landkreis Friesland
(zwischen
Bremen und der niederländischen Grenze) in einer
Repräsentativumfrage
Schüler der 9. Jahrgangsstufe zu Gewalt, Straftaten und
Schuleschwänzen
sowie zu ihrem Konsum von legalen und illegalisierten Drogen.
Spitzenreiter beim Cannabiskonsum unter deutschen
Jugendlichen waren
dabei die Münchner Schüler, obwohl doch Bayern für seine
repressive
Cannabispolitik wohlbekannt ist. 14,8% der einheimisch-deutschen
Jugendlichen der Hauptstadt des Freistaats Bayern hatten monatlich oder
häufiger Cannabis konsumiert, mehr als in Hamburg (14,4%),
Hannover
(10,2%), in Friesland (9,1%) oder in Leipzig (8,1%). Nicht nur bei
Cannabis sondern auch bei Alkohol liegt München vorne.
Mit 10,4% konsumierten rund doppelt soviele Münchner Schüler
wöchentlich oder gar täglich Alkohol als in den anderen
Städten
(Friesland: 6,0%, Leipzig: 5,2%, Hamburg: 5,1%, Hannover: 4,7%). Bei
Tabak lag München mit 35,3% nach Leipzig (37,4% und Friesland
(37,0%)
auf Platz 3 vor Hamburg (30,9%) und Hannover (27,8%). In der
untenstehenden Tabelle sind die Daten übersichtlich
zusammengestellt.
Konsum
von Cannabis, Tabak und Alkohol
bei Schülern der 9. Klasse (Datenerhebung 2000, publiziert 2002)
|
Stadt / Gegend
|
Cannabis
mindestens
einmal pro Monat
|
Alkohol
mindestens
einmal pro Woche
|
Tabak
regelmäßiger
Tabakkonsum
|
München
|
14,8 %
|
10,4 %
|
35,3 %
|
Hamburg
|
14,4 %
|
5,1 %
|
30,9 %
|
Hannover
|
10,2 %
|
4,7 %
|
27,8 %
|
Landkreis Friesland |
9,1 %
|
6,0 %
|
37,0 %
|
Leipzig
|
8,1 %
|
5,2 %
|
37,4 %
|
Datenquelle:
Nicola Wilmers, Dirk Enzmann, Dagmar Schaefer, Karin Herbers, Werner
Greve, Peter Wetzels: Jugendliche in Deutschland zur Jahrtausendwende:
Gefährlich oder gefährdet? (Interdisziplinäre
Beiträge zur Kriminologischen Forschung, Bd. 23), Baden-Baden
2002; Vergl. hierzu: Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts
Niedersachsen (KFN): Jugendliche in Deutschland zur
Jahrtausendwende:
Gefährlich oder gefährdet?
http://www.cannabislegal.de/studien/kfn.htm
Die Ergebnisse der KFN-Studie decken sich mit
diversen anderen
Untersuchungen. Eine Studie der Schweizer Fachstelle für Alkohol-
und
andere Suchtfragen (SFA) fand im Februar 2001, daß Cannabiskonsum
unter Männern in der stärker repressiven Westschweiz weiter
verbreitet
ist als in der toleranteren Deutschschweiz oder im Südosten des
Landes.
Eine Studie im Dreiländereck zu Belgien und den Niederlanden in
der
Euregio um Aachen stellte fest, daß mehr deutsche als
niederländische
Schüler Cannabis konsumierten. Und die »Europäische
Schülerstudie zu
Alkohol und
anderen Drogen (ESPAD): Befragung von Schülerinnen und
Schülern der 9.
und 10. Klasse in Bayern, Berlin, Brandenburg, Hessen,
Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen«
stellte fest, daß im extrem repressiven Bayern mehr Schüler
20mal oder häufiger pro Monat Cannabis konsumieren als in diversen
anderen Bundesländern wie dem einst liberalen Hessen.
Insgesamt berichtet fast jeder siebte Befragte
(14,8%) in den letzten 30 Tagen vor der Befragung (aktueller
Drogenkonsum) irgendeine illegale Droge genommen zu haben.
Erwartungsgemäß wird aktueller Drogenkonsum von mehr
Schülern (17,6%) als Schülerinnen (12,1%) berichtet.
Schulbezogene Unterschiede sind hier kaum zu beobachten. Insgesamt
liegt der aktuelle Drogenkonsum zwischen 13,6% bei den Gymnasiasten und
16,8% bei den Hauptschülern. Der Anteil von
Schülerinnen und Schülern mit einem aktuellen Drogenkonsum
liegt viermal niedriger (3,4%), wenn man Cannabis aus der Gruppe aller
erfaßten illegalen Drogen ausschließt, wobei auch hier der
die Konsumprävalenz illegalisierter Substanzen für
Mädchen und Jungen gleich hoch ausfällt. Im Vergleich zu
anderen Substanzen erwies sich Cannabis als die am häufigsten
probierte Droge in den letzten 30 Tagen. Während der Anteil
aktueller Cannabiskonsumenten 13,5% beträgt, liegt der Anteil der
Konsumenten anderer illegalisierter Drogen außer Cannabis wie
Amphetamine, Ecstasy, LSD, Kokain, Crack oder Heroin unter 2%. Fast
jeder zwölfte der Schülerinnen und Schüler hat in den
letzten 30 Tagen bis zu 5mal Cannabis probiert. Weiterhin berichten
2,6% von einem häufigeren Konsum (6 bis 19mal) und mit 2,2% geben
nur wenige an, Cannabis 20mal oder öfter genommen zu haben. In der
folgenden Tabelle sind die Daten in der Übersicht zusammengestellt.
Konsum
von Cannabis und anderen illegalisierten Drogen
innerhalb der letzten 30 Tage bei Schülern der 9. und 10. Klasse
(Datenerhebung 2003)
|
Bundesland
|
Anzahl
der
befragten
Schüler
|
Insgesamt
illegalisierte
Drogen
|
Cannabis
|
Illegalisierte
Drogen ohne
Cannabis
|
Cannabis
20mal oder
häufiger
|
Bayern
|
1.911
|
14,3 %
|
13,2 %
|
3,1 %
|
2,6 %
|
Berlin
|
1.719
|
18,2 %
|
17,5 %
|
2,9 %
|
3,0 %
|
Brandenburg
|
1.765
|
13,8 %
|
12,2 %
|
3,8 %
|
1,7 %
|
Hessen
|
1.928
|
15,0 %
|
13,9 %
|
2,9 %
|
2,0 %
|
Mecklenburg-Vorpommern
|
1.865
|
14,3 %
|
12,3 %
|
5,7 %
|
1,6 %
|
Thürigen
|
1.855
|
13,8 %
|
12,5 %
|
3,3 %
|
1,5 %
|
Insgesamt
|
11.043
|
14,8 %
|
13,5 %
|
3,4 %
|
2,2 %
|
Datenquelle: Die
Europäische Schülerstudie zu
Alkohol und
anderen Drogen (ESPAD): Befragung von Schülerinnen und
Schülern der 9.
und 10. Klasse in Bayern, Berlin, Brandenburg, Hessen,
Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen; München 2004,
IFT-Berichte Bd. 141
http://www.bmg.bund.de/cln_040/nn_603380/SharedDocs/Publikationen/Forschungsberichte/f310,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/f310.pdf
Beim Cannabiskonsum liegen die
Schüler Bayerns im Mittelfeld, beim intensiven Konsum auf Rang
zwei nach Berlin, beim intensiven Alkoholkonsum wie auch bei den
Alkoholräuschen belegen die bayerischen Schüler jedoch ganz
eindeutig den Spitzenplatz. Die Daten sind in der folgenden Tabelle
zusammengestellt.
Konsum
von Alkohol und Alkoholrauscherlebnisse
innerhalb der letzten 30 Tage bei Schülern der 9. und 10. Klasse (Datenerhebung
2003) |
Bundesland
|
Anzahl
der
befragten
Schüler
|
Mindestens
einmal Alkohol
konsumiert
|
Mindestens
20mal Alkohol
konsumiert |
Mindestens
ein
Alkoholrausch
erlebt
|
Mindestens
sechs
Alkoholräusche
erlebt |
Bayern
|
1.911
|
86,7 %
|
5,0 %
|
40,8 %
|
4,5 %
|
Berlin
|
1.719
|
74,4 %
|
2,6 %
|
32,7 %
|
2,8 %
|
Brandenburg
|
1.765
|
83,8 %
|
4,2 %
|
32,8 %
|
1,7 %
|
Hessen
|
1.928
|
82,2 %
|
3,8 %
|
39,4 %
|
3,6 %
|
Mecklenburg-Vorpommern
|
1.865
|
86,7 %
|
2,3 %
|
35,6 %
|
2,1 %
|
Thürigen
|
1.855
|
87,6 %
|
4,5 %
|
38,0 %
|
2,0 %
|
Insgesamt
|
11.043
|
84,2 %
|
4,1 %
|
37,9 %
|
3,3 %
|
Datenquelle: Die
Europäische Schülerstudie zu
Alkohol und anderen Drogen (ESPAD): Befragung von Schülerinnen und
Schülern der 9. und 10. Klasse in Bayern, Berlin, Brandenburg,
Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen; München 2004,
IFT-Berichte Bd. 141
http://www.bmg.bund.de/cln_040/nn_603380/SharedDocs/Publikationen/Forschungsberichte/f310,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/f310.pdf
Die Tatsache, daß eine
intensivere Repression den Konsum von Cannabis kaum oder gar nicht
beeinflußt, stellte der Schweizer Bundesrat (Regierung) in einer
Botschaft am 15. September 2006 fest. Darin heißt es:
»Die Prävalenz des Cannabiskonsums
steht gemäß internationaler Erfahrung in keinem direkten
Zusammenhang mit der Bestrafung oder der Strafbefreiung des Konsums. Es
läßt sich nicht nachweisen, daß Staaten mit einer eher
restriktiven Cannabispolitik tiefere Konsumentenzahlen ausweisen als
Staaten mit einer weniger restriktiven Cannabispolitik.
Als Beispiel einer weniger restriktiven Politik können die
Niederlande angeführt werden. Das in den Niederlanden seit Ende
1976 bestehende Coffee-Shop-Modell ist ansatzweise mit den Regelungen,
wie sie von den Initianten vorgeschlagene werden, vergleichbar.
Erklärtes Ziel der niederländischen Coffee-Shop-Politik ist
die Trennung der Märkte von harten und weichen Drogen, womit die
Umsteigegefahr bei Cannabiskonsumierenden verringert werden soll. Die
aus den Niederlanden erhältlichen Daten weisen darauf hin,
daß sich nach einer teilweise starken Zunahme des Cannabiskonsums
Ende des letzten Jahrhunderts (von 15% im Jahre 1992 auf 19% im Jahre
2003) die Zahlen stabilisert bzw. abgenommen haben. In Frankreich, das
eine eher her restriktive Drogenpolitik verfolgt, konnte ebenfalls eine
starke Zunahme des Cannabiskonsums zwischen 1992 und 2002 festgestellt
werden (von 11,3% auf 26,2%). Seit ca. 2002 haben die Zahlen über
Cannabiskonsum in Europa eine Nivellierung oder sogar eine Reduktion
erfahren.
Die beiden Beispiele lassen den Schluß zu, daß zwischen
der Konsumhäufigkeit und dem erleichterten Zugang zu
Cannabisprodukten kein linearer Zusammenhang besteht. Dies entspricht
auch verschiedenen Studien, die zum Schluß kommen, daß kein
Zusammenhang zwischen der Gesetzgebung eines Landes einerseits und dem
Konsumverhalten andererseits besteht.«
Medieninformation des Bundesamtes für Gesundheit vom 15.
Dezember
2006
http://www.bag.admin.ch/aktuell/00718/01220/index.html?lang=de&msg-id=9772
Botschaft der Bundesrate vom 15. Dezember 2006
http://www.bag.admin.ch/themen/drogen/00042/index.html?lang=de&download=
M3wBPgDB/8ull6Du36WenojQ1NTTjaXZnqWfVpzLhmfhnapmmc7Zi6rZnqCkkIZ1gXqBbKbXrZ6lhuDZz8mMps2gpKfo
Pressemitteilung vom 20. Dezember 2006 zur schweizer Drogenpolitik
http://www.eve-rave.net/abfahrer/presse/presse06-12-20.html
Sinnlose intensivierung der Repression
Obwohl bekannt ist, daß eine
verstärkte Repression den Konsum nicht mindert, kündigte
Schleswig-Holsteins Justizminister Uwe Döring (SPD) am 9. Juli
2006 in Kiel an, er werde die so genannte Eigenbedarfsgrenze für
Cannabis in Schleswig-Holstein auf sechs Gramm absenken. Bis dahin lag
diese Grenze bei 30 Gramm. Döring unternahm diesen Schritt, obwohl
die Drogenaffinitätsstudie der Bundeszentrale für
gesundheitliche Aufklärung (BZgA) mit einer entsprechenden
Repräsentativerhebung von Infratest dimap für
Schleswig-Holstein ein geringerer Drogenkonsum als im
Bundesdurchschnitt zeigte: 8% der 12- bis 25jährigen
Schleswig-Holsteiner gaben gegenüber 13% im Bundesdurchschnitt an,
innerhalb der letzten 12 Monate Cannabis konsumiert zu haben. Hieraus
läßt sich gerade nicht ableiten, das die liberale
Eigenbedarfsgrenze von 30 Gramm in Schleswig-Holstein den Drogenkonsum
beförderte.
Auch die Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU)
hat in Nordrhein-Westfalen am 30. Juli 2007 eine analoge Maßnahme
angekündigt:
»Ich habe angeordnet, daß die Eigenbedarfsgrenze bei
Drogendelikten herabgesetzt sowie eine Sonderregelung bei
Verstößen Jugendlicher und ihnen gleichgestellter
Heranwachsender eingeführt wird.
- Demnach wird, wenn die Tat sich auf eine geringe Menge zum
Eigenverbrauch bezieht, die Obergrenze, bis zu der die
Staatsanwaltschaft von der Verfolgung absehen kann (Paragraf 31a
Betäubungsmittelgesetz), für Haschisch und Marihuana von 10
auf nur noch 6 Gramm abgesenkt.
- Eine Eigenbedarfsgrenze für so genannte harte Drogen,
also vor allem Heroin, Kokain und Amphetamin (bislang 0,5 Gramm), wird
es nicht mehr geben. Ein Absehen von der Strafverfolgung nach Paragraf
31a Betäubungsmittelgesetz kommt hier künftig nur noch in
Ausnahmefällen in Frage.
- Ermittlungsverfahren gegen Jugendliche und ihnen
gleichgestellte Heranwachsende sollen demnächst nur noch unter
Auflagen und nicht mehr – wie bislang – folgenlos eingestellt werden
können. Denkbare Auflagen sind regelmäßige
Drogenscreenings, Teilnahme an Drogenberatungsseminaren, Therapien oder
Sozialstunden.«
Roswitha Müller-Piepenkötter schaffte kurzerhand die Geringe
Menge für harte Drogen, also vor allem Heroin, Kokain und
Amphetamin ab, obwohl sie wissen müßte, daß die
Gefährlichkeit von Betäubungsmitteln einem Beschuldigten
nicht angelastet werden dürfen, wenn er diese zum Eigenbedarf
erworben hat und sich damit ausschließlich selbst schädigt.
(Harald Hans Körner, Kommentar zum Betäubungsmittelgesetz
§31a RZ 10). Zudem sollen Jugendliche in Zukunft nicht mehr vom
Grundgedanken des §31a BtMG
Hilfe statt Strafe profitieren
dürfen. Für sie gilt ab sofort wieder Strafe durch Hilfe. Wer
zukünftig als Jugendlicher oder Heranwachsender in NRW mit
Cannabis aufgegriffen wird, muß damit rechnen, daß das
Gericht eine Einstellung des Verfahrens an Auflagen wie
Drogenscreenings, Teilnahme an Drogenberatungsseminaren, Therapien oder
Sozialstunden knüpft, selbst wenn es nur um winzigste Mengen geht.
Dabei ist es der Ministerin egal, daß diese Reglung gleich
mehrfach verfassungswidrig ist. Zum einen ist es nicht ihre
Entscheidung, ob ein Beschuldigter Heranwachsender (Alter zwischen 18
und 21 Jahren) nach Jugendstrafrecht oder Erwachsenenstrafrecht
abgeurteilt wird. Als ehemalige Richterin sollte sie wissen, daß
diese Entscheidung gemäß §105 Jugendgerichtsgesetz
(JGG) ausschließlich dem Richter zusteht. Zum anderen ist
fraglich, mit welcher verfassungskonformen Begründung sie
Jugendliche zu Drogentests verpflichten will. Immerhin ist der
bloße Konsum von Drogen auch für Jugendliche nicht strafbar
und ein solch massiver Eingriff in die körperliche
Selbstbestimmung selbst bei verurteilten Straftätern nur sehr
eingeschränkt möglich. Darüber hinaus schreiben die
Paragraphen 10 (Weisungen) und 15 (Auflagen) des JGG genau vor, welche
Möglichkeiten es gibt, einen Jugendlichen mit
Erziehungsmaßregeln zu belegen. Dabei dürfen an die
Lebensführung des Jugendlichen keine unzumutbaren Anforderungen
gestellt werden.
Bei Fachleuten hat die Ankündigung von
Roswitha Müller-Piepenkötter Entsetzen ausgelöst. So
erklärte der Bundesverband akzeptierender Eltern in einer
Pressemitteilung vom 2. August 2007 unter dem Titel »Mit Frau
Müller-Piepenkötter zurück ins Mittelalter der
Drogenpolitik!:
NRW galt bisher als Vorreiter einer akzeptanzorientierten
Drogenpolitik – Methadonvergabe, niedrigschwellige
Hilfeeinrichtungen bis zur Einrichtung drogentherapeutischer Ambulanzen
mit einem Konsumraum. Nun will eine Justizministerin namens
Müller-Piepenkötter hart durchgreifen. Hat sie schon im
Mordfall in der Jugendjustizanstalt Siegburg kläglich versagt, in
dem ihr nichts anderes einfiel, als neue Knäste zu schaffen, will
sie nun 14-21jährige junge Mitbürger strafrechtlich verfolgen
lassen, auch schon bei Besitz einer nur geringen Menge von Cannabis.
Sie ignoriert nicht nur ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes –
nein, sie nimmt auch nicht zur Kenntnis, daß die Mehrheit der
jungen Cannabisprobierer mit 21 Jahren den Konsum bereits eingestellt
haben. Wir fragen: Was will Müller-Piepenkötter erreichen??
Sollen junge Menschen, um nicht straffällig zu werden,
umsteigen auf die weit aus gefährlichere legale Droge Alkohol? Wie
will man ernsthaft Prävention betreiben bei dieser verlogenen
Rechtsauffassung einer Ministerin? Wir werden unseren jungen
Mitbürgern nicht wirklich glaubhaft erklären können,
daß die harte Droge Alkohol schließlich zu unserer Kultur
gehört. Keine Feier ohne die Droge Alkohol, die ihren
Höhepunkt im größten Konsumraum der Welt, dem
Oktoberfest in München, erreicht.«
Auch der rheinland-pfälzische Justizminister Bamberger hat der
Presse mitgeteilt (10. Juli 2007), daß in seinem Bundesland die
geringe Menge Cannabis, bis zu der ein Strafverfahren eingestellt
werden kann, von 10 auf 6 Gramm heruntergesetzt werden soll. Das
bedeutet eine klare Verschärfung der Rechtslage und wird eine
zunehmende Strafverfolgung einfacher Cannabiskonsumenten nach sich
ziehen.
Presseerklärung des Justizministeriums vom 30. Juli 2007:
Justizministerin verschärft Kampf gegen illegale Drogen:
Eigenbedarfsgrenze sinkt oder entfällt, Verfahrenseinstellung bei
Jugendlichen nur gegen Auflagen
http://www.justiz.nrw.de/Presse/PresseJM/30_07_07/index.php
Kommentar des Deutschen Hanfverbandes: Eigenbedarfsregel in
Nordrhein-Westfalen verfassungswidrig?
http://hanfverband.de/aktuell/meldung_1185980007.html
Rheinland-Pfalz senkt Geringe Menge von 10 auf 6 Gramm
http://hanfverband.de/aktuell/meldung_1184081047.html
Pressemitteilung vom 2. August 2007: Mit Frau
Müller-Piepenkötter zurück ins Mittelalter der
Drogenpolitik!
http://www.akzeptierende-eltern.de/index.php?topgroupid=&groupid=1&subgroupid=&contentid=250
Die Arroganz der Macht
Offenbar haben drogenpolitische Entscheidungen
nichts mit Vernunft zu tun, sondern entspringen einer totalitären
Phantasie und werden mit der Arroganz der Macht durchgesetzt. Auf
allfälligen Risiken und Nebenwirkungen der umgesetzten
Maßnahmen wird erst gar nicht eingegangen, wie mehrere Antworten
auf parlamentarische Anfragen zeigen. So erklärte die
Bundesregierung aufgrund einer Anfrage von Bündnis 90/Die
Grünen am 12. Juni 2007 ganz offiziell, daß sie sich nicht
mit gefährlichen Streckmitteln in Marihuana befassen will.
Stattdessen empfielt sie den Cannabiskonsumenten Abstinenz. Daß
die Unversehrtheit von Leib und Leben das höchste Rechtsgut ist,
scheint die Bundesregierung hier nicht zu interessieren.
Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der
Grünen Fraktion zu »Aufklärungsmaßnahmen zu
gesundheitlichen Risiken durch verunreinigte Cannabisprodukte«
http://dip.bundestag.de/btd/16/055/1605583.pdf
Pressemitteilung des Deutschen Hanverbandes vom 22. Juni 2007
»Bundesregierung ignoriert verseuchtes Cannabis«
http://hanfverband.de/aktuell/meldung_1182496450.html
Die Kleine Anfrage der PDS/WASG-Fraktion zu den
Repressionskosten der Cannabispolitik auf der einen Seite, und
möglicher Steuereinnahmen bei einer Legalisierung von Cannabis auf
der anderen Seite, wurde durch die Bundesregierung dahingehend
beantwortet, daß die Kosten der Strafverfolgung nicht bekannt
seien und eine Legalisierung nicht in Betracht komme, da für
Cannabis keine „Unbedenklichkeitsbescheinigung“ vorliege. Die
Bundesregierung bezieht den Standpunkt, Cannabis sei gefährlich
und insofern strafrechtlich zu verfolgen, deshalb seien die Kosten
nicht relevant.
Mitteilung der Bundesregierung zur Anfrage:
http://www.bundestag.de/aktuell/hib/2007/2007_127/06.html
Kleine Anfrage der Linksfraktion
Finanzielle Auswirkungen der Cannabisprohibition
http://dip.bundestag.de/btd/16/050/1605041.pdf
Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage:
http://dip.bundestag.de/btd/16/052/1605219.pdf
Zahlen des Deutschen Hanf Verbandes zu den Kosten der
Cannabisprohibition
http://hanfverband.de/themen/finanzielle_auswirkungen.html
Pressemitteilung des Vereins für Drogenpolitik vom 11. Mai 2007
»Bundesregierung verweigert weiterhin eine nüchterne
Analyse der deutschen Drogenpolitik und offenbart damit die
vorherrschende Doppelmoral in der deutschen Drogenpolitik!«
http://www.drogenpolitik.org/politik/pm/pm27.php
Manchmal müssen auch rechtswidrige
Auskünfte für die Durchsetzung einer harten Repressionslinie
herhalten. So hat beispielsweise auf Grundlage der
Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses der Bundestag eine
Petition, die von 1.228 Bürgern unterstützt wurde, am
05.07.2007 abgewiesen. Die Petition richtete sich gegen die derzeitige
Rechtspraxis im Fahrerlaubnisrecht, die es den Verwaltungsbehörden
ermöglicht, die Fahreignung von Personen in Frage zu stellen, ohne
daß eine konkrete Gefährdung der Verkehrssicherheit gegeben
bzw. bewiesen ist. Diese Problematik betrifft z.B. viele
Cannabiskonsumenten, die überprüft werden, obwohl sie nicht
berauscht am Straßenverkehr teilgenommen haben. Die Kosten der
Fahreignungsüberprüfungen sind immer von den Betroffenen zu
tragen und liegen durchschnittlich bei 1.500,- Euro. Abgesehen von den
finanziellen Folgen stellt eine MPU massive Eingriffe in die
Persönlichkeitsrechte dar, ohne durchgreifenden Rechtsschutz.
Der Petitionsausschuß sieht
diesbezüglich keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf: »Sollten
die Petenten der Auffassung sein, dass die Fahrerlaubnisbehörde in
einem jeweiligen Einzelfall nicht rechtmäßig gehandelt habe,
besteht die Möglichkeit, diese Entscheidung und die Anordnung der
medizinisch-psychologische Untersuchung bzw. des ärztlichen
Gutachtens rechtlich überprüfen zu lassen.«
Diese Darstellung der Rechtslage ist eindeutig falsch, da aufgrund
einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes aus dem Jahre 1969
(!) eine Fahreignungsüberprüfung juristisch NICHT angreifbar
bzw. überprüfbar ist, und alle Verwaltungsbehörden dies
den Betreffenden bei Gutachtensanordnung auch mitteilen. Rechtsmittel
bestehen erst bei Entzug der Fahrerlaubnis aufgrund der Weigerung, sich
einer Begutachtung zu unterziehen. Selbst dies stellt aber keinen
durchgreifenden Rechtschutz dar, da die Entziehung der Fahrerlaubnis
regelhaft mit sofortiger Vollziehung angeordnet wird und somit die
aufschiebende Wirkung des Widerspruches ausgesetzt wird. Im Klartext:
Wer diese Willkürpraxis juristisch überprüfen lassen
will, muß einen mehrjährigen Führerscheinentzug
einkalkulieren, bis unter Umständen eines der höchsten
Gerichte der Klage stattgibt. Auch auf dem deutschen
Verkehrsgerichtstag 2006 wurden die fehlenden Rechtsmittel im
Überprüfungsverfahren in einer Arbeitsgruppe erörtert,
so daß dieser Sachverhalt allen Experten bekannt sein
dürfte. Aus diesen Gründen ist es unbegreiflich, daß
der Petitionsausschuss die tatsächliche Rechtspraxis in seiner
Beschlußempfehlung völlig verdreht und damit die
Unrechtspraxis deckt!
Text der Petition: Öffentliche Petition: Führerscheinwesen:
Sanktionen nur bei tatsächlichen Verfehlungen
http://itc.napier.ac.uk/e-Petition/bundestag/view_petition.asp?PetitionID=96
Antwort des Bundestages:
http://hanfverband.de/download/intern/antwort_petition_fuehrerschein_gs
Empfehlungen des 44. deutschen Verkehrsgerichtstags 2006, s. AK III
http://www.deutsche-verkehrsakademie.de/pdf/2006/gesamtempf.pdf
Pressemitteilung des Vereins für Drogenpolitik vom 17. Juli 2007:
»Drogen und Fahrerlaubnisrecht – Petitionsauschuß
belügt Bundestag und Öffentlichkeit!«
http://www.drogenpolitik.org/politik/pm/pm28.php
Hanfparade
Am kommenden Samstag findet die elfte Ausgabe der
Hanfparade statt, die in diesem Jahr um 13:00 Uhr am Berliner
Fernsehturm starten wird. Unter dem Motto »Gib mir 5 – Gegen
Gift im Gras« fordert die Hanfparade die Aufhebung des
Verbots von Hanfsamen und die Legalisierung des Eigenanbaus von
mindestens fünf Cannabispflanzen. Die Teilnehmer sehen im
heimischen Anbau von Cannabis ein Mittel, die Konsumenten vom
Schwarzmarkt unabhängig zu machen. Marihuana aus illegalen
Großplantagen ist immer öfter mit
gesundheitsgefährdenden Streckmitteln verunreinigt. Die
Cannabis-Kriminalisierung verhindert Verbraucherschutz.
Protestiert wird auch gegen die nutzlose – ja kontraproduktive –
Repression und vor allem gegen die zunehmende Repression, wie sie
derzeit in einigen Bundesländern praktiziert wird. Protestiert
wird auch gegen die Arroganz der Macht, wie sie deutlich in den
Antworten der Bundesregierung zu erkennen ist. Protestiert wird auch
gegen die oft falsch dargestellten rechtlichen Gegebenheiten, wie sie
beispielsweise in der Empfehlung des Petitionsausschusses mit
nachhaltiger Wirkung zu erkennen war.
Berlin, den 23. August 2007
Redaktion Webteam Eve & Rave
e.V. Berlin
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