Zwei drogenpolitische Abstimmungen in der Schweiz

Revision des Betäubungsmittelgesetzes und Cannabislegalisierung


Redaktion Webteam www.eve-rave.net Berlin
Pressemitteilung vom 23. September 2008 zur Drogenpolitik in der Schweiz


Die eidgenössische Volksinitiative »für eine vernünftige Hanf-Politik mit wirksamem Jugendschutz«, auch inoffiziell »Hanfinitiative« oder »Cannabisinitiative« genannt, ist gemäß Artikel 139 Absatz 3 der Schweizer Bundesverfassung eine Volksinitiative, die am 30. November 2008 zur Abstimmung kommen wird. Sie wurde vom Initiativkomitee »Pro Jugendschutz – gegen Drogenkriminalität« lanciert und verlangt die Liberalisierung der Hanfpolitik, unter anderem die Legalisierung des Besitzes und des Erwerbs von psychotropen Substanzen der Hanfpflanze sowie des Anbaus der Hanfpflanze. Diese Initiative wurde am 15. Dezember 2006 mit 105.994 gültigen Unterschriften beim Bund eingereicht.

Ende November kommt jedoch nicht nur die Hanfinitiative sondern auch das Referendum gegen das revidierte Betäubungsmittelgesetz zur Abstimmung. Der Souverän kann sich somit separat zur Cannabis-Entkriminalisierung und zur gesetzlichen Verankerung des drogenpolitischen Viersäulenkonzepts (inklusive medizinischer Heroinabgabe) äußern. Die helvetische Drogenpolitik kommt Ende November auf den Volks-Prüfstand.

Im März dieses Jahres rief die Suchtstoffkommission der Vereinten Nationen (Commission on Narcotic Drugs, CND) in Wien das Jahr der Besinnung zur Evaluierung der weltweiten Maßnahmen zur Kontrolle und Bekämpfung des Drogenanbaus, der Drogenherstellung, des Drogenhandels und der Drogennachfrage aus. Das Schweizer Volk kommt der Verpflichtung nach, dem Appell des CND zur Evaluierung der Drogenpolitik zu folgen und ist dabei gleichsam ermahnt, sich im Sinne der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte (Déclaration des Droits de l'Homme et du Citoyen) zu besinnen. Das Leitmotiv der Menschenrechte entspricht einem Höchstmaß an individueller Freiheit: »Die Freiheit besteht darin, alles tun zu dürfen, was einem anderen nicht schadet: Die Ausübung der natürlichen Rechte eines jeden Menschen hat also nur die Grenzen, die den anderen Mitgliedern der Gesellschaft den Genuß eben dieser Rechte sichern.«

Druckerfreundliche Version (PDF-Format, 131 KB, 8 Seiten):
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Revision des Betäubungsmittelgesetzes (BetmG)


Im Juni 2004 war die Revision des Betäubungsmittelgesetzes gescheitert: Der Nationalrat (Volkskammer) lehnte zum zweiten Mal ab, auf die Vorlage Revision BetmG einzutreten. Mit 102 zu 92 Stimmen sprach sich die Große Kammer für ein Nichteintreten aus. Dies obwohl der Ständerat (Länderkammer) zweimal beschlossen hatte, auf die Vorlage einzutreten. Seitdem sind auf verschiedenen Ebenen neue Anläufe genommen worden. Die Gesundheitskommission des Nationalrates hat im Februar 2005 in einer Kommissionsinitiative beschlossen, in einer ersten Etappe die mehrheitsfähigen Elemente dieser gescheiterten Revision zu verankern und in einer zweiten Phase eine Lösung für die Cannabisfrage zu suchen. Zudem wurde am 13. Januar 2006 die Volksinitiative »für eine vernünftige Hanf-Politik mit wirksamem Jugendschutz« (Hanfinitiative) eingereicht.

Parlamentarische Initiative der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-N)

Die SGK-N hatte am 3. Februar 2005 beschlossen, in einer ersten Etappe nochmals eine Teilrevision des BetmG vorzuschlagen, welche die Punkte aus der gescheiterten Vorlage übernimmt, die politisch kaum bestritten und mehrheitsfähig sind. Die heftig umstrittene Cannabisfrage sollte dabei ausgeklammert und erst in einem zweiten Schritt angegangen werden. Die SGK-N hatte daraufhin einen Entwurf zur Teilrevision des BetmG ausgearbeitet, der im National- und Ständerat diskutiert wurde und nach Bereinigung der Differenzen am 20. März 2008 in der Schlußabstimmung angenommen wurde. Der Ständerat hat mit 42 : 0 Stimmen zugestimmt, der Nationalrat mit 114 : 68, bei 12 Enthaltungen.

Die Hauptpunkte der Revisionsvorlage sind:


Referendum

Gegen die Vorlage wurde das Referendum ergriffen. Am 10. Juli 2008 wurden 52.500 beglaubigte Unterschriften eingereicht, davon waren 51.969 rechtsgültig. Damit kommt es zwingend zu einer Abstimmung. Der Bundesrat hatte zuvor an seiner Sitzung vom 20. Mai 2008 beschlossen, die Abstimmung über die Betäubungsmittelgesetzrevision – unter der Voraussetzung, daß das Referendum zustande kommt – am 30. November 20008 anzusetzen, gleichzeitig mit der Volksabstimmung über die Volksinitiative »für eine vernünftige Hanf-Politik mit wirksamem Jugendschutz«.
 
Quelle: Schweizerische Eidgenossenschaft/Bundesamt für Gesundheit: Revision des Betäubungsmittelgesetzes (BetmG)
http://www.bag.admin.ch/themen/drogen/00042/02942/02949/index.html?lang=de#
 
Infoset, die Schweizer Web-Adresse im Suchtbereich: Drogen - Sucht - Therapie - Hilfe: Bundesgesetz über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe
http://www.infoset.ch/de/MainFrame.shtm?item=RevisionBetmG5
 
Artikel Eidgenössische Volksinitiative
»für eine vernünftige Hanf-Politik mit wirksamem Jugendschutz«. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 16. September 2008, 18:17 UTC.
URL: http://tinyurl.com/4ny9gs
  (Abgerufen: 22. September 2008, 12:13 UTC)


Wortlaut der Volksinitiative


Die Bundesverfassung wird wie folgt geändert:

   Art. 105a (neu) Hanf
  1. Der Konsum psychoaktiver Substanzen der Hanfpflanze sowie ihr Besitz und Erwerb für den Eigenbedarf sind straffrei.

  2. Der Anbau von psychoaktivem Hanf für den Eigenbedarf ist straffrei.

  3. Der Bund erläßt Vorschriften über Anbau, Herstellung, Ein- und Ausfuhr von sowie Handel mit psychoaktiven Substanzen der Hanfpflanze.

  4. Der Bund stellt durch geeignete Massnahmen sicher, daß dem Jugendschutz angemessen Rechnung getragen wird. Werbung für psychoaktive Substanzen der Hanfpflanze sowie Werbung für den Umgang mit diesen Substanzen sind verboten.

Quelle: Eidgenössische Volksinitiative »für eine vernünftige Hanf-Politik mit wirksamem Jugendschutz«
http://www.admin.ch/ch/d/pore/vi/vis325t.html



Die Drogenrepression verfehlt ihren Zweck


In einem überaus ehrlichen Bericht beschrieb im März dieses Jahres der Kopf der UN-Suchtstoffkommission, Antonio Costa, der für die Überwachung der Internationalen Vereinbarungen über Drogen zuständig ist, daß das multilaterale Drogenkontrollsystem »seinem Zweck nicht gerecht werden« würde. Er erklärte auch, wie das internationale Regime bemerkenswerte unvorhergesehene Konsequenzen erzeugt hat: florierende Schwarzmärkte weltweit.

Daß die Repression ihren Zweck nicht erfüllt, zeigen auch die Konsumentenzahlen in verschiedenen Ländern. In den Niederlanden, wo man seit Jahrzehnten Haschisch und Gras landesweit in Coffee-Shops kaufen kann, ist der Anteil der Kiffer – insbesondere der jungen Kiffer – in der Bevölkerung deutlich geringer als in den Nachbarstaaten der Niederlanden. Die Repression in den Nachbarstaaten führt somit nicht zu einer Minderung des Angebots und des Konsums, obwohl dies das erklärte Ziel der Repression ist. Da die Repression ihren Zweck nicht erfüllt, gehört sie abgeschafft, da sie sich als völlig unnütz und überflüssig erwiesen hat.

Cannabiskonsum im Ländervergleich

Der Konsum von psychotrop wirkenden Cannabisprodukten ist in den verschiedenen westeuropäischen Ländern weit verbreitet, jedoch unterschiedlich stark ausgeprägt. In den Niederlanden, wo seit vielen Jahren Cannabis (Haschisch und Gras) in Coffee-Shops für alle Personen über 18 Jahren erhältlich ist, konsumieren wesentlich weniger junge Menschen psychotrop wirkende Cannabisprodukte als im repressiven Deutschland, wie der folgenden Tabelle entnommen werden kann. In der Schweiz konsumieren aktuell (12-Monats-Prävalenz) etwa 7,3% der 15- bis 39jährigen Cannabis.

12-Monats-Prävalenz des Canabiskonsums in verschiedenen westeuropäischen Ländern der EU
Land Jahr(e) Alter Prozent   Jahre(e) Alter Prozent   Jahr(e) Alter Prozent
Belgien 2004 15-64 5,0   2004 14-35 11,3   2004 15-24 11,8
Dänemark 2005 16-64 5,2   2005 16-34 12,5   2005 16-24 20,5
Deutschland 2006 18-59 4,7
  2006 18-34 11,9   2006 18-24 16,8
Frankreich 2005 15-64 8,6   2005 15-34 16,7   2005 15-24 21,7
Italien 2005 15-64 11,2   2005 15-34 16,5   2005 15-24 19,6
Niederlande 2005 15-64 5,4   2005 15-34 9,5   2005 15-24 11,4
Österreich 2005 15-64 7,5   2004 15-34 12,1   2004 15-24 15,0
England/Wales 2005/06 16.59 8,7   2005/06 16-34 16,3   2005/06 16-24 21,4
Spanien 2005/06 15-64 11,2   2005/06 15-34 20,3   2005/06 15-24 24,3
 
Datenquellen: EMCDDA Statistik 2007: Last year prevalence (percentage) of drug use among adults in nationwide surveys among the general population: last survey available for each Member State.
http://www.emcdda.europa.eu/stats08/gpstab15
http://www.emcdda.europa.eu/stats08/gpstab4
http://www.emcdda.europa.eu/stats08/gpstab3
 
Schweizerische Fachstelle fr Alkohol- und andere Drogenprobleme (SFA): Illegale Drogen > Cannabiskonsum
http://www.sfa-ispa.ch/DocUpload/ILL_D_CANNABIS.pdf



In den USA, wo etwa 1% der Bevölkerung hinter Gittern in Gefängnissen sitzt, liegt gemäß Angaben der Weltgesundheitsorgansation (WHO) die Lebenszeitprävalenz (mindestens einmal im Leben konsumiert) für Cannabis bei den 21jährigen bei 54,0%, in Deutschland bei 41,0% und in den Niederlanden bei 34,6%. In Deutschland und in den Niederlanden sitzen weit weniger als 0,1% (1 Promille) der Bevölkerung hinter Gittern, also zehn mal weniger als in den USA. Die übermäßige Repression in den USA hat somit keinen präventiven Effekt auf potentielle Cannabiskonsumenten. Dies gilt auch für den Konsum von Kokain. Die Lebenszeitprävalenz von Kokain ist bei den 21jährigen in den USA fast dreimal so groß wie in Deutschland und mehr als sechzehnmal so groß wie in den Niederlanden, wie man der folgenden Tabelle entnehmen kann.

Mindestens einmal im Leben wurde in der Schweiz Cannabis im Jahr 2006 von 34,2% der Schüler und von 26,8% der Schülerinnen im Alter von 15 Jahren Konsumiert. Diese Zahlen sind über die Untersuchungsjahre – mit Ausnahme der Zahlen, die Schülerinnen im Jahr 1990 – seit 1986 zwar angestiegen, im Vergleich zum Untersuchungsjahr 2002 hingegen deutlich gesunken. Sie liegen jedoch um ein Vielfaches höher als in den Niederlanden, wo nur 7,0% der 15jährigen Erfahrungen mit Cannabis haben. Die helvetische Repression schützt die Schüler bei weitem nicht so gut in primärpräventiver Hinsicht wie die niederländische Aufklärungsarbeit.

Lebenszeitprävalenz des Cannabis- und Kokainkonsums bei 15- und 21jährigen in Prozent
 
Cannabiskonsum
Kokainkonsum
 
15jährige
21jährige
15jährige
21jährige
USA
20,2
54,0
2,5
16,3
Frankreich
15,3
44,1
0,0
1,9
Deutschland
13,0
41,0
0,0
6,1
Italien
3,3
13,7
0,0
0,9
Niederlande
7,0
34,6
0,0
1,0
Spanien
8,5
27,7
0,1
5,3
 
Datenquelle: Degenhardt L, Chiu WT, Sampson N, Kessler RC, Anthony JC, et al.: Toward a Global View of Alcohol, Tobacco, Cannabis, and Cocaine Use: Findings from the WHO World Mental Health Surveys; PLoS Medicine Vol. 5, No. 7, e141 doi:10.1371/journal.pmed.0050141
http://medicine.plosjournals.org/perlserv/?request=get-document&doi=10.1371/journal.pmed.0050141
 
Schweizerische Fachstelle fr Alkohol- und andere Drogenprobleme (SFA): Illegale Drogen > Cannabiskonsum
http://www.sfa-ispa.ch/DocUpload/ILL_D_CANNABIS.pdf



Diese Zahlen zeigen sehr klar und deutlich, daß die Verfügbarkeit von Cannabisprodukten ohne Strafandrohung keine Steigerung der Konsumentenzahlen zur Folge hat. Der behauptete Zweck der Repression, die Verfügbarkeit zu mindern um in der Folge den Konsum zu mindern, wird nicht erreicht. Die Repression ist eine teure Fehlinvestition, sie erreicht ihr Ziel nicht und muß als gescheitert bezeichnet werden. Die Repression erscheint vor den realen Gegebenheiten als völlig überflüssig. Sie kann, ohne daß ein Schaden für die Bevölkerung entsteht, ersatzlos abgeschafft werden. Somit ist die gesetzlich festgelegte Repression im deutschen wie auch im schweizer Drogenrecht nicht im öffentlichen Interesse und auch nicht verhältnismäßig. Die Drogenrepression steht somit im Widerspruch zu Artikel 5 (Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns) der Schweizer Bundesverfassung.

Repressionskoeffizienten verschiedener Städte im Vergleich

Die Repressionskoeffizienten in den größeren Städten der deutschsprachigen Schweiz sind wesentlich größer als diejenigen der großen Städte Deutschlands. In der größten Stadt der Schweiz, Zürich, ist der Repressionskoeffizient derzeit mehr als neunmal so groß wie in der größten Stadt Deutschlands, Berlin. Die Stadt in Deutschland mit dem höchsten Repressionskoeffizienten ist Frankfurt am Main. Bemerkenswert ist überdies, daß Frankfurt am Main der wichtigste Banken- und Börsenplatz Deutschlands ist, so wie Zürich in der Schweiz; und Zürich ist die Stadt mit dem höchsten Repressionskoeffizienten in der Schweiz. Offensichtlich scheint es eine Korrelation zwischen einer hohen Konzentration von Kapital in Städten und den Repressionskoeffizienten zu geben.

In der folgenden Tabelle sind jeweils eine Auswahl der größten Städte Deutschlands und der deutschsprachigen Schweiz mit den in den Jahren 2004 und 2007 registrierten Häufigkeitszahlen der Verstöße gegen das BtMG (Vergehen gegen das BetmG) aufgelistet. Die Rangfolge ist durch die Häufigkeitszahl bestimmt. Die Städte der Schweiz sind ausnahmslos vor den Städten Deutschlands positioniert.

 
2004
2007
Stadt
BtM-Delikte
Einwohner
Häufigkeitszahl
BtM-Delikte Einwohner Häufigkeitszahl
Zürich (Stadt)
11.535
341.756
3.347
11.327
354.308
3.197
Bern (Stadt)
3.973
127.352
3.120
2.927
128.925
2.270
St. Gallen (Stadt)
1.272
74.867
1.699
1.216
74.879
1.624
Basel (Stadt)
2.852
186.700
1.528
2.009
187.651
1.071
Winterthur
1.290
92.409
1.396
1.643
95.943
1.712
Frankfurt am Main
6.927
655.079
1.057
6.057
652.610
928
Hamburg
13.428
1.734.083
774
10.872
1.754.182
620
Köln
5.681
965.954
588
5.721
989.766
578
München
5.582
1.273.186
438
5.114
1.294.608
395
Berlin
13.788
3.388.477
407
11.236
3.404.037
330

Datenquellen:
 
Krininalstatistiken der Städte und Kantone respektive der Städte und Bundesländer für die Jahre 2004 und 2007
 
Vergl. hierzu auch: Pressemitteilung vom 5. August 2005 zur Drogenrepression: Starke Zunahme der Drogenrepression: Expansion der Repressionskoeffizienten in Deutschland und in der Schweiz im Vergleich
http://www.eve-rave.net/abfahrer/presse/presse05-08-05.html



Der Bundesrat zum Cannabiskonsum in der Schweiz


In der Schweiz gaben bei der letzten Gesundheitsbefragung der schweizerischen Bevölkerung 12% der 15- bis 24jährigen Personen an, innerhalb der letzten 12 Monate Cannabis konsumiert zu haben. Bei den 25- bis 34jährigen waren es 6,3%, bei den 35- bis 39jährigen 3,4% , bei den 15-39jährigen insgesamt 7,3%. Schweizer Jugendliche und junge Erwachsene kiffen seltener als deutsche Jugendliche und deutsche junge Erwachsene, jedoch häufiger als die Jugendlichen und jungen Erwachsenen in den Niederlanden, wo nicht nur der Konsum, sondern auch der Erwerb und Besitz geringer Mengen nicht strafbewehrt ist. Dennoch will die Regierung und das Parlament in der Schweiz nichts für eine Legalisierung des Konsums von Cannabis tun!

Der Bundesrat (Regierung) empfiehlt dem Parlament die »Hanf-Initiative« für eine Legalisierung des Hanfs und der daraus gewonnenen Produkte zur Ablehnung: Der Bundesrat hat die Botschaft zur Volksinitiative »für eine vernünftige Hanf-Politik mit wirksamem Jugendschutz« zuhanden des Parlaments verabschiedet. Er lehnt die Initiative ohne Gegenvorschlag ab. Das Volk (die Stimmberechtigten, der Souverän) wird in einer Abstimmung, die 30. November 2008 stattfinden wird, über die Cannabislegalisierung abstimmen.

Die Initiative verlangt die Straflosigkeit des Cannabiskonsums und der dazugehörigen Vorbereitungshandlungen, eine Kontrolle des Angebotes, ein Werbeverbot für Cannabis und eine Verstärkung des Jugendschutzes. Der Bundesrat meint in seiner Botschaft, die offene Formulierung der Initiative täusche einen Handlungsspielraum vor, der aufgrund der internationalen Abkommen nicht gegeben sei, da eine Legalisierung von Cannabis gegen verschiedene UNO-Konventionen verstoße, deren Kündigung für den Bundesrat nicht in Frage komme, da diese Verträge unter anderem eine Voraussetzung für den Verbleib der Schweiz im Schengenabkommen seien.

Die Hauptgründe für die ablehnende Haltung liegen somit nicht in den Substanzeigenschaften begründet, sondern in der Bindung an internationale Abkommen. Diese Einschätzung der Gegebenheit wird durch die Tatsache bestärkt, daß dem Bundesrat die nicht gegebene Evidenz und Effizienz der Bestrafung des Konsums von Cannabis und den dazugehörigen Vorbereitungshandlungen durchaus bekannt sind. So heißt es in der Botschaft:

»Die Prävalenz des Cannabiskonsums steht gemäß internationaler Erfahrung in keinem direkten Zusammenhang mit der Bestrafung oder der Strafbefreiung des Konsums. Es läßt sich nicht nachweisen, daß Staaten mit einer eher restriktiven Cannabispolitik tiefere Konsumentenzahlen ausweisen als Staaten mit einer weniger restriktiven Cannabispolitik.

(...)

In der Schweiz ist heute trotz des Verbots der Cannabiskonsum bei Jugendlichen weit verbreitet und auch für einen nicht zu vernachlässigenden Teil der erwachsenen Bevölkerung zu einer Gewohnheit geworden. Verschiedene Studien weisen darauf hin, daß die gesellschaftliche Akzeptanz des Cannabiskonsums zugenommen und der Cannabiskonsum selbst häufig ohne eigentliches Unrechtsbewußtsein erfolgt. Die Strafbefreiung des Cannabiskonsums sowie die beschränkte Tolerierung von Anbau und Verkauf von Cannabis-Produkten könnte – gestützt auf die Erfahrungen der Niederlande – eine Erhöhung des Probierkonsums bei Adoleszenten und jungen Erwachsenen mit sich bringen. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, daß dieser Probierkonsum bei der überwiegenden Mehrheit eine temporäre Erscheinung bliebe.«
 
Offensichtlich sind nicht pharmakologische, medizinische oder gesellschaftspolitische Argumente ausschlaggebend für die ablehnende Haltung zur Cannabislegalisierung gewesen, sondern internationaler Druck. Mit anderen Worten ausgedrückt heißt das, daß die Schweizer Regierung die Freiheit von Schweizer Bürgerinnen und Bürgern dem Druck fundamentalistischer Regierungen des Auslandes opfert. Kein Wunder also, daß sich Kiffer von ihrer Regierung verraten fühlen – verraten im Sinne der Verweigerung des Grundrechtes der freien Wahl des Genusses. Welche Irrungen und Exzesse Beschränkungen der Freiheit, die dieser Maxime zuwiderlaufen, zur Folge haben können, beschrieb Georg Büchner in anschaulicher Weise in dem Drama Dantons Tod. Büchner schrieb das Drama von Januar bis Februar 1835. Im Ersten Akt legte Büchner in Anlehnung an die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte dem Politiker aus der Zeit der Französischen Revolution Marie-Jean Hérault de Séchelles die folgenden Worte in den Mund:

»Jeder muß in seiner Art genießen können, jedoch so, daß keiner auf Unkosten eines andern genießen oder ihn in seinem eigentümlichen Genuß stören darf.«

 
Medieninformation des Bundesamtes für Gesundheit vom 15. Dezember 2006
http://www.bag.admin.ch/aktuell/00718/01220/index.html?lang=de&msg-id=9772
 
Botschaft der Bundesrate vom 15. Dezember 2006
http://tinyurl.com/4gepth
  
Vergl. hierzu: Pressemitteilung vom 20. Dezember 2006 zur schweizer Drogenpolitik: Schweizer Drogenpolitik: Ja zur Heroinabgabe, nein zur Cannabislegalisierung
http://www.eve-rave.net/abfahrer/presse/presse06-12-20.html
 
Vergl. hierzu: Hans Cousto: Menschenrechte und Freiheit
http://www.hanfparade.de/cannabis-legalisieren/menschenrechte-und-freiheit.html
 
Vergl. hierzu: Hans Cousto: Recht und Ethik
http://www.hanfparade.de/cannabis-legalisieren/recht-und-ethik.html


Politische Forderung


Damit der Konsum sowie die Vorbereitungshandlungen zum Konsum (Anbau, Erwerb, Besitz) von Hanfpflanzen respektive deren Blüten oder das daraus hergestellte Haschisch für den persönlichen Genuß straffrei gestaltet werden kann, muß das Betäubungsmittelgesetz geändert werden. Sollte dabei der Handlungsspielraum für die Regierung respektive für das Parlament aufgrund der internationalen Abkommen dafür zu eng sein, muß die Regierung auf eine Änderung dieser Abkommen hinwirken oder bei mangelnder Erfolgsaussicht, diese Abkommen kündigen. Die Aussichten für eine Änderung der internationalen Abkommen sind derzeit günstig, da auch die Suchtstoffkommission der Vereinten Nationen (Commission on Narcotic Drugs, CND) erkannt hat, daß eine auf Repression aufbauende Drogenpolitik ihren Zweck verfehlt und nicht zur Minderung des Angebots und des Konsums führt. Dies erklärte CND-Direktor Antonio Costa auf der letzten Sitzung der Suchtstoffkommission im März dieses Jahr in Wien bei der Ausrufung des »Jahres der Besinnung« in der Drogenpolitik.

Die renommierte freisinnige Neue Zürcher Zeitung (NZZ) empfiehlt in ihrer online Ausgabe vom 16. September 2008 die Annahme sowohl der Teilrevision des BetmG als auch der Volksinitiative »für eine vernünftige Hanf-Politik mit wirksamem Jugendschutz«. Die Position der NZZ:

»Die NZZ empfiehlt sowohl das revidierte Betäubungsmittelgesetz wie auch die Hanfinitiative zur Annahme. Aus der Erfahrung, daß es eine drogenfreie Gesellschaft nie geben wird, folgt die Erkenntnis, daß eine nur auf Verbote bauende Drogenpolitik scheitern muß. Anders, als uns die Gegner der beiden Vorlagen weismachen wollen, gibt es in der Realität nicht nur Sucht und Abstinenz, sondern dazwischen liegt ein weites Feld von risikoarmem bis hin zu hoch riskantem Konsum psychoaktiver Stoffe – seien das nun illegale Drogen, Medikamente, Alkohol oder Tabak. Somit ist die strikte Trennung in legale und illegale Substanzen wenig hilfreich, die Suchtproblematik an der Wurzel zu fassen. Fachleute raten der Politik seit langem, eine vernünftige Balance zwischen dem Respekt vor dem mündigen Bürger und dem Anspruch der Gesellschaft auf Sicherheit und Ordnung zu suchen. Das revidierte Betäubungsmittelgesetz wie auch die Hanfinitiative weisen somit zumindest in die richtige Richtung. Eine rein auf Abstinenz, Verbote und Repression gründende Drogenpolitik dagegen führt unter dem Strich zu höheren sozialen Kosten – und sie ist unliberal, weil in diesem Konzept für den mündigen Menschen zum Schluß kein Platz mehr ist.«

Gewiß ist, daß frei nur ist, wer seine Freiheit gebraucht!

Neue Zürcher Zeitung online, 16.09.2008: Drogenpolitik auf dem Volks-Prüfstand
http://www.arud.ch/presse/artikel/artikel_2008/08-09-16-nzzonline.html
 
Vergl. hierzu: Pressemitteilung vom 22. Mai 2008 zur Periode der globalen Besinnung: Zum Jahr der Besinnung in der Drogenpolitik; Suchtstoffkommission ruft Periode der globalen Besinnung aus
http://www.eve-rave.net/abfahrer/presse/presse08-05-22.html


Berlin, den 23. September 2008

Redaktion Webteam Eve & Rave e.V. Berlin

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